Kapitel 5

1.6K 93 11
                                    

„Ich habe Aberforth seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen", bemerkte Gellert eines Nachmittags, als wir wieder einmal zwischen Büchern und Pergamentrollen auf meinem Teppich hockten.

Ich murmelte etwas Unverständliches, aber Gellert ließ nicht locker.

„Er meidet mich", sagte ich schließlich. „Er mag nicht, was wir tun."

Gellert zog eine Augenbraue hoch.

„Die Forschung", klärte ich ihn auf. „Nicht ... das andere."

Er zuckte die Schultern. „Als ob mich seine Meinung interessiert, Albus. Er mag dein Bruder sein, aber er versteht nur wenig von der Welt."

Dem gab es nichts hinzuzufügen. Aberforth hatte kein Wort mit mir gesprochen, seit unserer Begegnung im Flur und auch das war bereits eine Woche her. Ich sah ihn wenn überhaupt kurz aus dem Augenwinkel, wenn er sich aus dem Staub machte, um nicht mit mir sprechen zu müssen, oder mich auch bloß ansehen.

„Es ist mir nur recht", gab ich zu. „Er lenkt mich höchstens ab und im Moment kann ich das nicht brauchen. Außerdem kümmert er sich um Ariana, so muss ich es nicht tun."

Gellert nickte und warf mir frustriert eine lange Pergamentrolle zu, auf der wir die Liste sämtlicher Besitzer des Elderstabs notiert hatten. Ich war dafür gewesen, zuerst zu versuchen den Stein der Auferstehung zu suchen, auch wenn es mir fast unmöglich erschien. Gellert hielt es jedoch für klüger, uns zuerst den Elderstab anzueignen, da wir damit den größten Einfluss erwirken könnten und es einfacher sein würde, die anderen beiden Heiligtümer zu finden. Also hatten wir begonnen, Geschichtsbücher zu wälzen und die blutige Spur des Stabs durch die Annalen der Zauberergeschichte zu verfolgen.

„Ich weiß einfach nicht wie wir herausfinden sollen, wer Barnabas Deverill den Zauberstab abgenommen hat. Falls er ihn überhaupt tatsächlich besaß." Gellert verlor allmählich die Geduld.

„Barnabas muss ihn gehabt haben", widersprach ich ruhig. „Er war kein sonderlich großer Zauberer, bis er Anfang des achtzehnten Jahrhunderts plötzlich aus der Versenkung kam und einer der gefürchtetsten Zauberer seines Landes wurde. Das kann nur der Stab gewesen sein, Gellert. Überleg mal."

„Ich tue nichts anderes als zu überlegen", grummelte er. „Siehst du nicht, wie mein Kopf raucht?"

Ich legte die Liste weg und legte Gellert eine Hand aufs Knie. „Wir könnten eine Pause machen, wenn du willst."

Er lächelte schwach. „Wir machen viel zu viele davon in letzter Zeit."

„Du hast dich bisher nie beschwert." Ich wollte meine Hand wegnehmen, doch er legte seine darauf und hielt sie fest wo sie war.

„Und heute fange ich nicht damit an."

~ * ~

Später saßen wir Schulter an Schulter draußen im Gras und dachten schweigend nach.

„Vielleicht können die Bücher uns nicht helfen, weil nach Barnabas tatsächlich jemand den Stab hatte, der nicht damit gemordet hat", sagte ich nach einer Weile.

„Und wie sollen wir ihn dann finden?"

„Nun ja. Wir könnten mit jemandem reden, der mehr über Zauberstäbe weiß, als wir."
Gellert blickte mich an. „Einem Zauberstabmacher?"

Ich nickte. „Wir könnten in die Winkelgasse apparieren und mit Ollivander sprechen. Er ist der angesehenste Zauberstabmacher des Landes. Schon morgen, wenn du möchtest."

Einen Sommer LangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt