Kapitel 8

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Diese Entdeckung raubte uns beiden den Atem und nahm Gellert außerdem jede Geduld für meine Situation.

„Albus, wir haben keine Zeit mehr", sagte er mit den Händen auf meinen Schultern. „Wir müssen handeln, bevor Livius es sich anders überlegt."

„Ich weiß", sagte ich.

„Und bevor es Gregorowitsch gelingt, den Stab zu kopieren", fügte er hinzu.

„Ich weiß."

„Worauf warten wir dann?"

Ich machte mich von ihm los. „Du weißt, worauf."

„Wir haben keine Zeit mehr", wiederholte er eindringlich.

„Ich weiß!", rief ich und raufte mir die Haare.

Ich hatte noch niemals meine Stimme gegen Gellert erhoben und es überraschte ihn wohl sehr, mich schreien zu hören. Er kam zu mir und legte mir einen Arm um die Schultern.

„Albus", sagte er leise, seine Stimme hatte all ihre Schärfe verloren. „Wir werden eine Lösung finden. Zusammen."

Ich drehte mich zu ihm hin und ließ mich von ihm in eine Umarmung ziehen. „Wirklich?"

„Aber sicher", sagte er zuversichtlich. „Vielleicht ... würde es helfen, wenn ich Ariana treffen könnte."

Wieder löste ich mich von ihm. „Das möchtest du?"

„Selbstverständlich. Sie gehört zu deiner Familie und sie ist nicht zuletzt der Grund, weshalb es sich lohnt, die Welt zu ändern."

Bevor ich irgendetwas anderes tat, schloss ich Gellert wieder in meine Arme. Der Zeitpunkt war gekommen. Wir hatten nicht bloß einen Anhaltspunkt, sondern wussten bereits, wo sich das erste Heiligtum genau befand. Ich war gelinde gesagt erleichtert, dass Gellert nicht sofort vom Esstisch seiner Tante aus disappariert war. Ich wusste, wie sehr er den Elderstab begehrte.

Als wir beide bereit waren einander loszulassen, führte ich ihn nach unten in den Keller, wo sich Arianas Zimmer befand. Noch während ich die Tür aufschloss, wurde mir bewusst, dass ich sie seit Wochen nicht mehr besucht hatte. Ich schluckte meine Schuldgefühle runter und ließ Gellert an mir vorbei.

„Hallo Ariana", sagte er sanft.

Meine Schwester saß auf dem Boden und kämmte einer Puppe das Haar. Sie musterte Gellert kurz, bevor sie sich wieder dem Spielzeug widmete.

„Spricht sie?", fragte Gellert leise.

„Manchmal."

Gellert ging an den Wänden entlang durchs Zimmer und musterte die Brandblasen auf der Tapete, die während des letzten Gewitters entstanden waren.

„Ich schätze, wir könnten sie vielleicht mitnehmen", überlegte Gellert.

Ich stand noch immer an der Tür und schüttelte nur den Kopf.

„Was ist das Schlimmste, was sie je getan hat?"

„Sie hat meine Mutter umgebracht."

Gellert drehte sich so schnell um, dass er stolperte und sich an der Wand abstützen musste.

„Sie hat was?"

Ich senkte den Blick und betrachtete einen Riss im Boden. „Ich war nicht hier, also kann ich dir nicht genau sagen, was passiert ist. Arianas Kräfte machen sich oft selbstständig, wenn sie Angst hat und vermutlich ist meine Mutter ins Kreuzfeuer geraten, sozusagen. Es war keine Absicht von Ariana, aber sie ist trotzdem unberechenbar."

Einen Sommer LangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt