Und sobald der Lateiner sich sicher ist alles über Grammatik zu wissen, stolpert er über das Wort "Ergativ".
Was, zum Henker, ist Ergativ? Diese Frage hat sich der Leser entweder im Leben schon gestellt, oder stellt sie sich jetzt. Oder es ist ihm scheißegal. Letzteres wäre allerdings schade.
Jedenfalls, Ergativität. Meine Damen und Herren, Ergativität! (Dies ist das Stilmittel der Redundanz. Und ein Klimax. Und, überanalysiert, auch eine Epipher.)
Zum Punkte. Im Gegensatz zu den vielleicht inzwischen berühmt-berüchtigten indogermanischen Sprachen, die fast alle reine Nominativ-Akkusativ-Sprachen sind, gibt es eine große Handvoll Sprachen, die Ergativ-Absolutiv-Sprachen sind. Was ist der Unterschied?
Nun, der Hauptunterschied liegt in den Kasus. Denn anstatt der indogermanischen Kasus Nominativ und Akkusativ gibt es hier die Fälle Ergativ und Absolutiv. Wie der Akkusativ, ist der Absolutiv der Fall für das direkte Objekt einer Handlung. Und der Ergativ ist bei transitiven Handlungen das Subjekt. Bis jetzt sind Ergativ und Absolutiv also nur andere Namen für Nominativ und Akkusativ.
Doch ich habe den Plottwist ja bereits angedeutet: Eben nur bei transitiven Handlungen. Eine schnelle Auffrischung: Transitive Handlungen sind Handlungen, bei denen es ein Objekt gibt. Beispiele sind die transitiven Verben "töten", "enthaupten", "zerstückeln" und weniger makaber auch die Verben "lieben", "erfreuen" und "haben". Entsprechend sind intransitive Verben Sachen wie "schlafen", "gehen" oder "trauern". Denn hierbei gibt es kein Objekt, das Objekt ist sozusagen bereits der Täter selbst.
Und genau das denken sich die Sprecher ergativer Sprachen. Der Täter intransitiver Handlungen ist eigentlich ein Objekt. Das heißt, wenn ich schlafe, dann bin ich in einer ergativen Sprache das Objekt und wenn du froh bist, dann bist du auch ein Objekt der Handlung.
Entsprechend steht das Subjekt bei intransitiven Verben im Absolutiv, genau wie das Objekt transitiver Handlungen. Bei transitiven Aktionen jedoch, steht das Subjekt im Ergativ.
Beispiele (Ergativ unterstrichen, Absolutiv kursiv):
Der Hund schläft.
Der Hund isst.
Der Hund isst die Katze.
Ich bin episch.
Du liest dieses Kapitel.
Und jetzt die Frage aller Fragen: Ein Passivsatz! Ich habe keine Ahnung. Ich würde sagen als Rache wird der Hund von der Katze gegessen. Denn ergative Sprachen tendieren dazu, subjektiver zu sein, als Nominativ-Akkusativ-Sprachen. Da die meisten Ergativsprachen aber ohnehin kein Passiv haben, soweit ich weiß, ist die Frage wohl ohnehin nicht so wichtig.
Ein paar abschließende Worte zu Ergativsprachen:
Die wenigsten Ergativsprachen sind reine Ergativsprachen. Die meisten haben gespaltene Ergativität, was bedeutet, dass sie mal nominativ-akkusativisch funktionieren, mal ergativ-absolutivisch, abhängig von dem Modus des Verbs, der Satzkonstruktion oder sonstigen Sachen. Das ist je nach Sprache unterschiedlich und die Ergativität ist in unterschiedlichen Maßen vorhanden.
Es gibt allerdings auch einige wenige reine Ergativsprachen, wie das Baskische, was seltsam ist. Der Relativsatz bezieht sich hier auf das Baskisch, nicht auf den Sachverhalt. Denn Baskisch ist eine wirklich seltsame Angelegenheit: Es ist eine Sprache bzw. Sprachgruppe mitten in Europa die absolut nichts mit den umliegenden Sprachen zu tun hat und schon gar nicht indogermanisch ist (isolierte Sprache). Sie wird im sogenannten Baskenland gesprochen, einer Region an der franco-spanischen Atlantikküste. Und nein, die Baskenmütze kommt aus der Region daneben, nicht von den Basken. Die ihre Sprache übrigens nicht Baskisch, sondern Euskara nennen.
Ansonsten kann Ergativität in Grönland und der Arktis, dem australischen Outback, Indien und weiteren Gegenden vorkommen. Aber die Einteilung in Kategorien fällt bei all den grammatikalischen Phainomenen oft schwer und je mehr ich schreibe, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich Fehler mache.
Belassen wir es also dabei, dass eine neue Möglichkeit der Grammatik dargelegt wurde, die dem Sprecher einiger weniger germanisch-romanischen Sprachen vielleicht unbekannt war.
Kennte jemand noch einen lustigen Kasus, oder auch eine sonstige grammatikalische Lustigheit, die ich vorstellen könnte, so nur her damit!
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Grammatik und Stilmittel
Literatura FaktuKein lasches Tippbüchlein. Reine, stählerne Grammatik. Kreative Stilmittel und deren Anwendung. Sprache in ihre elementarsten Teilchen auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt.