Sprache wandelt sich

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Sprache besteht aus Regeln. Zumindest lässt sich das schließen, wenn bestimmte Anwendungen ihrer als "falsch" betitelt werden. Nähme man etwa die Aussage "ich dass nicht glauben" würden die meisten sagen, der Satz ist falsch. Zwar mag der eigentliche Sinn des Satzes stimmen, doch Satzstellung, Form und Rechtschreibung entsprechen nicht den heutigen Konventionen des Deutschen.


In diesem Kapitel will ich darauf eingehen, wie der Konflikt zwischen den Aussagen "Korrekter Sprachgebrauch ist wichtig" und "Sprache ist dynamisch und wandelt sich" meiner Meinung nach zu lösen ist.

Analysieren wir den Satz aus dem ersten Beispiel, "ich dass nicht glauben", so merken wir, dass der Sinn des Satzes sich den meisten von uns trotz seiner Fehlhaftigkeit erschließen dürfte. Und ist Kommunikation nicht der einzige, oder zumindest wichtigste Sinn der Sprache?

Nun, es stimmt, direkte Kommunikation ist durchaus ein Anwendungszweck der Sprache, doch genau so oft, wenn nicht sogar öfter nutzen wir Sprache als Mittel zum Selbstausdruck. Der Unterschied zur Kommunikation besteht darin, dass wir uns meist eben nicht kürztmöglich am effizientesten artikulieren, um den Inhalt an den Mann zu bringen, sondern uns durchaus mit sprachlichen Regeln befassen und nach unserem besten Wissen die uns geläufigen Regeln einhalten.

Meistens entstehen Fehler nicht durch bewussten Verstoß gegen die Regeln, sondern durch Unwissen ob dieser.

Als erstes Beispiel mag dieser Text dienen: Ich schreibe nicht in effizientester Methode, den Inhalt verständlich zu machen, sondern halte mich mit verschachtelten Sätzen, exzessiver Genitivnutzung und Fremdwörtern auf. So gesehen nutze ich die Kapitel auch als Selbstausdruck, die Sprachgestaltung soll den intellektuellen Standard, den ich von Lesern dessen hier erwarte, widerspiegeln und mich damit zugleich auf die gleiche Ebene stellen. Meine Arroganz und mein Wunsch, gebildet zu erscheinen sind es, die mein Schreiben beeinflussen. Und nebenbei meine Liebe zur Sprache, das nur am Rande.

Abgesehen von der Tatsache, dass es meist leichter ist, "korrekte" Sätze zu verstehen und sich durch gezielte Nutzung verschiedener Aspekte der Sprachregeln weitere Bedeutungsnuancen vermitteln lassen, ist es also auch unserer Natur, akzeptiert werden zu wollen entsprechend, dass wir unsere Sprache unserem Umfeld anpassen. Und da die offiziell korrekte Version zumeist die meisten Nutzer hat, ist damit das Umfeld am größten und besonders wünschenswert. Und wer will nicht intelligent wirken? Zumindest alle Leser dieses Buches werden das anstreben.

Ich behaupte mal, fast jeder nutzt die Sprache nach bestem Wissen und drückt sich zumindest nach eigener Kenntnis der Regeln fehlerfrei aus. Zumindest gehe ich davon aus, dass keiner bewusst Fehler einbaut, ohne damit eine besondere Wirkung erzielen zu wollen (mehr dazu nachher).

Soviel zum komplexen Aspekt des Sprachgebrauchs.


Nun, da ich dreist folgerte, dass "korrekte" Sprache durchaus ihre Daseinsberechtigung hat, widmen wir uns der Frage, inwiefern es sein kann, dass sich das als richtig Akzeptierte so oft ändert? Fragt einen Musikwissenschaftler, warum sich der populäre Musikstil so oft ändert oder einen Sozialkundelehrer, warum sich Werte einer Kultur ändern und tut so, als stünde genau diese Antwort hier. Vorrausgesetzt, die Antwort war gut. Andernfalls fragt weiter.

Nächste Frage: "Wenn sich Sprache ohnehin ändert und es mir egal ist, wie ich angesehen werde, kann mir auch egal sein wie ich mich ausdrücke und ich darf schreiben und reden was ich will." Antwort: "Nein, darfst du nicht. Das ist böse." (Aber wenn es dieser Person wirklich egal wäre, fragte sie ohnehin nicht nach.)


Und nun die Frage, die ihr euch hoffentlich stellt: "Mir ist es zwar schon wichtig, Sprache möglichst elegant als Ausdrucksmittel zu nutzen, aber muss ich mich dafür wirklich an alle Regeln und gängigen Konventionen halten? Das kann doch manchmal eingrenzen."

Meine persönliche Antwort: "Nein! Schmeiß alle Konventionen über den Haufen!"

Zwar stimmt es, dass Kunst und Kreativität oft aus begrenzten Mitteln hervorgehen und es bewundernswert ist, nur mit "korrekten" Mitteln eine Wirkung auf den Leser zu erzielen. Es wird auch sicherlich Personen geben, die die Meinung vertreten, dass es niederen Wertes ist, mit "Fehlern" zu schreiben. Doch ich persönlich finde, dass es kein Ausdruck mangelnder Fertigkeiten ist, auf kreativere Methoden zurückzugreifen.

Denn manchmal braucht man ein gewisses Wort, um die richtige Wirkung zu erzielen - und das Wort gibt es nicht. Oder ist nicht so schön, wie eure Neuschöpfung. In solchen Fällen ist es in meinen Augen kein Vergehen, "falsch" zu liegen. Vielleicht verzichtet ihr bewusst auf einen wichtgen Punkt im Satz, etwa ein Prädikat, oder Substantiv. Vielleicht verdreht ihr einen Kasus, um etwas bestimmtes Auszudrücken. Vielleicht darf das Satzzeichen da so eigentlich nicht stehen - aber es passt. Wenn es bewusst geschieht und ihr im Auge behaltet, dass euer Gegenüber oder Leser es auch verstehen sollte (es sei denn, ihr nutzt Sprache als Ausdruck eurer Arroganz und wollt dem anderen vorhalten, dass er dümmer ist als ihr, weil er euch nicht versteht), kann ein "Fehler" seine Richtigkeit haben.

Dies gilt insbesondere für die Verwendung alter, aus der Mode oder Nutzung geratener Sprachaspekte denn diese lassen sich meist am einfachsten rechtfertigen. Schließlich waren sie ja mal richtig, oder sind es sogar noch und werden nur nicht mehr benutzt.

Aber Kreativität sollte kein Schutzschild zum Abwenden von Kritik sein, noch sollte man sich gleich in alternative Ausdrucksweisen flüchten. Um "Falsches" als Stilmittel zu nutzen, muss man erst wissen, wie es "richtig" geht. Meiner Meinung nach ist es erst als Kunst akzeptabel, sich teilweise gegen Konventionen auszudrücken, wenn man gelernt hat, diese zu befolgen.

Daher meine revidierte Antwort: "Nein! Lerne alle Konventionen und Regeln bis ins kleinste Detail zu befolgen und schmeiß sie dann (aber niemals vorher!) über den Haufen!"



Abschließend noch ein Hinweis, dass dieses Kapitel in seiner Vollständigkeit weder sachlich noch fachlich einen Wert besitzt, da es komplett nur eine Meinungsäußerung meinerseits darstellt. Es ist gut möglich und auch wahrscheinlich, dass viele Leute mir widersprächen und es anders sähen.

Guten Flug, Matrosen.

Grammatik und StilmittelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt