Stilmittel: Neologismen

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Neologismus  - von gr. néos (neu) und lógos  (Wort)

Ein Neologismus ist - für die, die es nicht wissen und es sich nicht selbst denken konnten - eine Wortneuschöpfung. Ein Wort, das es eigentlich so nicht gibt und das vom ersten Nutzer so gesehen erfunden wurde. (Das ursprünglich jedes Wort vom ersten Nutzer erfunden wurde und damit ein Neologismus war, sei hier mal außer Acht gelassen.)

Worum geht es in diesem Kapitel? Es geht um die Frage, inwieweit die Benutzung von erfundenen  Wörtern zur Kommunikation und zum Schreiben legitimierbar, vorteilhaft oder vernünftig ist. Dieses Kapitel behandelt somit keine sachlichen Tatsachen sondern meine Meinung zum Thema, sowie ein paar Hinweise denen man hoffentlich etwas abgewinnen kann.


Zunächst zu Neologismen im Allgemeinen. Ein Wort hat einen Sinn. Somit braucht auch ein Neologismus eine Bedeutung. Doch die Bedeutung, die ein Wort trägt, kann sehr flexibel sein. Entsprechend halte ich es für gut möglich, dass der Sinn des Wortes bspw. ist, dass es keine Bedeutung hat. In den meisten Fällen wird allerdings auch ein Neologismus eine tatsächliche Bedeutung haben. Doch wie die Bedeutung aller Wörter, ist auch diese zwiegespalten, nur dass ich den Zwiespalt bei einem Neologismus für noch viel stärker halte: Einmal in die Bedeutung, die der Nutzer dem Wort gibt, einmal in die Bedeutung, die der jeweilige Hörer oder Leser in diesem sieht.

Um den kurzen Blick in den Abgrund der Philosophie bei einem solchen zu belassen und uns schnell zurückzureißen, bevor wir in den Schlund hineingerissen werden gehe ich jetzt allerdings nicht näher darauf ein. Dem strebenden Bewanderten wird auch so ein Weg einfallen, eben Erwähntes nutzbar zu machen. Kommen wir also zum praktischen Aspekt dieses Zwiespalts: Ein Nutzer eines Neologismus wird in vielen Fällen danach streben, dass dieser Ausdruck auch verstanden wird. Eine gute Methode hierzu ist, dem Worte etymologischen Halt zu geben. Soll heißen, das Wort entstammt bereits Existierendem. Hierzu gibt es wiederum verschiedene Möglichkeiten:

(1) Den Neologismus aus der selben Sprache ableiten, in der er benutzt wird. (Bsp.: "Aufbackbalg"; "Vereinhabigkeit"; "umwaldwandeln")

(2) Den Neologismus (teilweise) aus alten Sprachen ableiten, wie etwa bei wissenschaftlichen Bezeichnungen (primär Latein und Altgriechisch). (Bsp.: "Irestrom" von lat. ira, Zorn; "Dendrophilie" von gr. déndros und phílos)

(3) Den Neologismus (teilweise) aus ("Trend"-)Sprachen ableiten, wie bei vielen Wörtern unseres Sprachgebrauches (Englisch, Französisch). (Bsp.: "der Tatterdemalion" von en. tatterdemalion; "der Loader" von en. load; "'naden" von en. grenade)

Punkt (1) bewährt sich besonders im Deutschen, da einem Dank der Wortbildungsregeln viele solche Neologismen sogar vollständig erlaubt sind. Oftmals sind Neologismen für den offiziellen Gebrauch nicht tauglich, da sie als "falsch" gelten und lassen sich nur in kreativeren Arbeiten als künstlerische Freiheit rechtfertigen, doch zusammengesetzte Substantive wie Enthauptungsbeilschärferlehrlingsprüfverein sind, wenn richtig gebildet, stets "richtig", obwohl sie nicht im Duden stehen. (In einer Deutscharbeit und erst recht in einem noch offizielleren Dokumente würde ich allerdings dennoch davon absehen. Es sei denn, es geht um Rechtliches oder die Organisation eines deutschen Beamtenwesens.)

Es sollte bei der Verwendung auf die angesprochene Person und deren Bildungsgrad, vorallem den spezifischen Kenntnisgrad der jeweiligen Sprache, geachtet werden, vorallem bei (2) und (3), wenn man auch verstanden werden will. Etwa kann man mit Leuten, von denen man weiß, dass sie des Altgriechischen zumindest teilweise mächtig sind, ohne weiteres über die abstrakte Heliosierung auf blau ouranisierten Paidosgraphiken reden, andere Leute werden logischerweise nichts davon verstehen, was man ihnen schwer verübeln kann.

Außer sie hatten die Möglichkeit Griechisch in der Schule zu lernen und taten es nicht, dann sind sie selbst Schuld und man kann es ihnen nicht genug nachhalten.

Auch muss bei der Benutzung von Neologismen aus dem Englischen, sowie Übernehmungen aus dem Englischen (Anglizismen) darauf geachtet werden, dass diese gerade momentan oft auch etwas abschätzig betrachtet werden, zumindest bei etlichen Liebhabern der deutschen Sprache. Ich kann es ihnen nicht verübeln, denn nur allzuoft trifft man auf bisweilen sogar "Sprachverunreinigungen" genannte Englischbrocken im Deutschen, die der Meinung einiger nach dort eigentlich gar nichts zu suchen haben. Diese Anglizismen zeugen allerdings meist leider weniger von wohl durchdachter Sprachform, sondern von unbedacht geschluderten Wortfetzen, die gerade so angesagt sind. Was dem eigentlichen Sinn von Neologismen - einer Individualisierung des eigenen Ideolektes - entgegenspricht. Wie man das jetzt handhaben will, sei jedem selbst überlassen, doch dies sollte man stets im Hinterkopf behalten.


Schlußendlich sei gesagt: Dies ist meine Auffassung des Thematos.

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