Auf der Jagd

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Es roch nach Männern. Verschwitzten Männern, geduschten Männern und der schlimmsten Sorte: Männern, die die Dusche durch großzügiges Deo-Benutzen ersetzt hatten. Köstlich. Milan sog diese Melange tief in seine Lungen und sah sich um. Ah, da. Rob stand im hinteren Teil der Manobar und redete mit jemandem. Erstaunlicherweise war es Valentin. Der schien sich hier so wohl zu fühlen wie ein Kaninchen im Mardergehege. Obwohl, mit dem dunklen Wuschelkopf hätte er auch ein Babypudel sein können. Die Augen hinter den Brillengläsern huschten wild hin und her, als erwartete er, jederzeit von einem Raubtier verschlungen zu werden.

Milan holte sich ein Bier und quetschte sich durch die lärmenden Massen, zwängte sich an lautstark anstoßenden Kerlen vorbei und durchbrach die Menge direkt vor seinen Kollegen.

»Milan!« Robs Augen leuchteten auf und er umarmte ihn. »Schau mal, wer endlich seine Höhle verlassen hat!«

Valentin lächelte unsicher.

Milan klopfte ihm auf die Schulter. »Auch auf der Jagd? Pass auf, dass du Rob nicht in die Quere kommst.« Er grinste.

»Ich wollte nur mal raus«, murmelte Valentin. »Die Überarbeitung geht viel zu langsam voran und ... Wie läuft's bei dir?«

»Halb fertig. Gerade ist ein Zuhälter von einem Feuerwehrauto überfahren worden.«

»Oh, das klingt interess...«

Rob sah strafend zwischen ihnen hin und her. »Jungs, wir sind zum Spaß hier. Hört auf, über die Arbeit zu reden!«

»Aber Milans Roman ...«, begann Valentin verzweifelt.

»Scheiß auf den Roman!« Rob hob sein Bier. »Lasst uns saufen!«

Ergeben reckte Valentin etwas in die Höhe, das wie mehrere Quadratkilometer Dschungel in einem Cocktailglas aussah.

»Alkoholfrei?« Milan zwinkerte ihm zu.

Valentin zuckte mit den Achseln und beäugte die Umstehenden. Neben ihnen unterhielten sich drei Fitness-Bros und ließen ihn im Vergleich noch schmaler und zarter aussehen.

Weit hinter sich hörte Milan dröhnendes Lachen, gefolgt von kreischendem Wiehern. Der Lärmpegel stieg. Und es war noch nicht mal Mitternacht.

»Also Valli, hast du schon wen ins Auge gefasst?« Rob ließ nicht locker.

Valentin verzog den Mund. »Wir sind erst seit einer Viertelstunde hier.«

»Lang genug, würde ich sagen. Komm schon, wenn du willst, vermittle ich dich ...«

»Nein!« Valentin sah ihn böse an. »Ich kann selbst jemanden ansprechen.«

Rob sah ihn zweifelnd an.

Valentin straffte sich. »Kann ich«, wiederholte er.

»Beweis es.« Robs Da-bist-du-mir-direkt-in-die-Falle-getappt-Grinsen blitzte auf. Er hatte so viele verschiedene Grinsen drauf, dass sie einer Fremdsprache gleichkamen.

»Gleich.« Valentin räusperte sich. »Und du, Milan? Hast du auf dem Weg, äh, jemanden gesehen, der dir gefällt?«

»Höchstens zehn.« Milan legte den Kopf schief, als ihm ein gut gelaunter Blonder ins Auge fiel, der gerade vom Tisch gegenüber aufstand. »Elf.«

»Oh.« Valentin nickte. »Schön. Also, dass du so breit gefächerte Interessen hast.«

»Ein netter Ausdruck für ›Er ist ein kleines Flittchen‹«, sagte Rob. Auch seine Augen schweiften über die Menge. »Milan ist ein Mann simplen Geschmacks. Billiges Essen, billige Männer ... Hey, der da hinten schaut dich an.«

Milan - Dichte Dichter 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt