5. Dezember 2017

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Wes verrenkt seinen Hals so, dass ich Angst habe, er würde sich einen oder zwei Halswirbel ausrenken. Wenn er so weiter macht, ist er ein leichtes Opfer für Internetbetrüger, die Giraffenhälse und Ferngläser für nur 5€ anbieten. Ferngläser dazu um Magnus noch besser zu sehen. „Brauchst du vielleicht ne Kamera oder so?" Wesley schenkt mir einen strafenden Blick um sich kurz darauf wieder dem Objekt seiner Begierde zu widmen. Ich könnte Magnus tausend solche Spitznamen geben. Mein Wortschatz ist bei sowas unbegrenzt. Wo wir gerade von dem Typen reden, der seinen Namen mit einer Eis-Marke teilt: Magnus flaniert den Gang runter. Wie ich das bemerke, ohne meinen Blick von meinem Handy zu heben? Der verliebte Gockel neben mir wird unruhig. Generell werden alle im Gang unruhig, sobald sich die Ankunft von Mr.Stunning bemerkbar macht. Mädchen kichern kokett und jeder Junge versucht möglichst lässige Gespräche zu führen. Das letzte Mal hat mir sogar jemand seine Haare ins Gesicht geworfen und die traurige Tatsache dabei ist, dass es kein Mädchen war, sondern mein bester Freund. Ich gähne. „Du bist unmöglich Wesley. Stell dich nicht so hin. Das einzige feminine an dir sind deine Haare und es ist relativ offensichtlich, dass der Typ da nicht schwul ist." Der Angesprochene verzieht beleidigt den Mund und gibt mir dann tatsächlich Aufmerksamkeit. Eine wahre Premiere, da es der werte Herr nicht für nötig empfand, sich um seinen besten Freund zu kümmern, sondern es bevorzugte jemandem nachzustieren, den er sowieso nie bekommen würde. Doch das Leben ist tragisch. Treue Leute wie ich werden eben nicht geschätzt. Als ich gerade damit beginnen will, mich in Selbstmitleid zu suhlen, schrillt die Glocke. Dieses Bösartige Teil. Mit ihrer Ohrenkrebsschaffenden Melodie war es kein Wunder, warum die in den Abschlussklassen sie jedes Jahr als Streich abmontierten um sie anschließend zu verstecken. Mir persönlich wäre es lieb, dass sie so versteckt werden würde, dass sie keiner mehr findet, doch bis jetzt war sie immer wieder aufgetaucht. Wie jeden Tag nahm ich mir vor, das Ding zu verbrennen, falls ich mal die Chance dazu haben sollte. Ich klopfe Wes als Abschied auf den Hinterkopf um ihn gnädiger weiße aus seiner komatösen Starre zu erwecken und verziehe mich dann in den Französischunterricht. 

Es scheint, als würden Lehrer allein für die leidenden Blicke von Schülern Leben, die sie an einem Morgen um 8 Uhr absondern. Bei unserer Französisch Lehrerin ist dies der Fall. Dies könnte der Grund sein, warum ich dieses Fach nicht zu meinen Lieblingen zähle. Ich lasse mich auf meinen Stuhl fallen und warte auf den Stundenbeginn. Die Nase habe ich in einem Buch vertieft. Wenn ich lese, verschwimmt die Welt um mich herum. So merke ich nicht, dass Magnus den Raum betritt und schrecke erst hoch, als er sich auf den Stuhl neben mich fallen lässt. Dies würdigt Besagter nicht mit einer Reaktion, sondern beschäftigt sich damit, sein Zeug auf den Tisch zu räumen. Dies soll mir recht sein, denn gerade kommt eine meiner Lieblingsstellen in der Geschichte. Ich bin hoffnungslos romantisch. Aufgrund dessen werde ich dieses Buch wohl immer und immer wieder lesen. In Büchern sind Welten immer perfekt. Die perfekte Frau und ihr perfekter Märchenprinz. Die perfekte Liebe und das perfekte Ende. Meine Mutter liebt es, sich über mich lustig zu machen, weil ich Liebesromane lieber mag, als meine kleine Schwester. Gerade als ich mich wieder von der Tatsache deprimieren lassen will, dass ich keinen perfekten Prinzen habe, räuspert sich Mr. Ultimatives-Lebewesen und erlangt somit meine Aufmerksamkeit. „Du heißt Anton richtig?" In seiner Stimme schwingt ein leichter, französischer Akzent mit, der wahrscheinlich schon viele Herzen erweicht hat. Ich lächle schmal. „Anthony. Close enough." Er lacht leise und nickt zu dem Buch auf meinem Schoß. „Oscar Wild?" Banause. „Jane Austen." Für mich ist die Konversation an diesem Punkt beendet und ich wende mich wieder meinem Buch zu um die letzten paar Zeilen, die mir noch bleiben zu verschlingen. Doch anscheinend will der Franzose neben mir unbedingt eine Konversation führen. „Ich mag deine Haarfarbe." Ich hebe wieder meinen Blick. Meint der das ernst? Ist das Sarkasmus? Ich bin, was Komplimente zu meinem Aussehen angeht etwas skeptisch. Die meisten Typen auf meiner Schule meinen sie sarkastisch, also harre ich mit meiner Antwort etwas aus, um ihm noch Zeit zu lassen, den Mund ein zweites Mal aufzutun und mir unter Lachen zu erklären, wie schwul ich nicht mit meinen Haaren aussehe. Doch es kommt nichts. Ich lache leicht verwirrt. „Danke... schätze ich." Und ehe ich mich versehe, hat mich Magnus in eine interessante Konversation über Haarfärbemethoden verwickelt. Diese zieht sich trotz mehrfacher Mahnung der Lehrerin durch die Stunde und wäre vermutlich noch weiter gegangen, wenn Wes mich nicht wie jeden Tag vom Klassenraum abgeholt hätte. Dem Armen klappt die Kinnlade runter, als er seinen besten Freund mit dem neuen Casanova dieser Schule reden sieht. Um Missverständnisse auf Wes' Seite zu vermeiden, suche ich hastig mein Zeug zusammen und sprinte quasi zu Wesley. Dieser begrüßt mich mit einem wortlosen, sehr coolen Nicken. Ich muss bei dem Gedanken, dass er dieses drei Tage zuvor bei mir im Badezimmerspiegel geübt hat, schmunzeln. Der „Coole" greift mich am Arm und schleift mich zur nächsten Stunde.
Ich hasse Sport. Wenn ich eines nicht bin, dann sportlich. Der einzige Grund, warum ich noch nicht übergewichtig war, war die Tatsache, dass ich die guten Gene meines Vaters geerbt hatte, welche es mir ermöglichten, durch minimale Bewegung dünn zu bleiben. Mit minimaler Bewegung ist der Weg vom Bett zum Kühlschrank und zurück gemeint. Ein Ball fliegt mir ins Gesicht. Nummer 12. Fangen war nicht meins. Allerdings war ich quasi Weltmeister darin, Bälle mit meinem Gesicht abzufangen. Der Trainer pfeift in seine Trillerpfeife und zeigt mir, dass ich das „Feld" verlassen soll. Ich verziehe mich auf die Ersatzbank und lasse mich neben Wes fallen. Er hat den Kopf zurückgelegt und versucht durch unzählige Taschentücher die Blutung seiner Nase zu stillen. Ich richte meinen Blick gelangweilt zu denen, die wirklich Freude an diesem Fach empfinden und sehe zu, wie sie elegant Bälle fangen und zurückwerfen. Tröstend klopfe ich Wesley aufs Knie und grinse schief. „Weißt du wie viel Regenwald für deine Taschentücher draufgeht?" Er schnaubt, was allerdings keine so gute Idee ist. „Das ist mir so egal. Sag das doch denen, die mich immer abwerfen." Wesleys Laune ist nicht wirklich gut, wie er mir durch diesen Satz deutlich zu verstehen gibt. Eine Bewegung rechts von mir bringt mich dazu, meinen Blick vom Spiel abzuwenden und auf die Person zu blicken, die vor mir steht. „Aber weißt du was? Irgendwann fülle ich Kiesel in einen Ball und da-" Mein Freund bricht ab, als er Magnus vor mir sieht. Dieser lächelt uns beiden freundlich zu und setzt sich dann zwischen uns. Zwischen uns. Diese Tatsache gefällt mir nicht. Meiner Meinung nach, stört es Wesley viel zu wenig, dass sich gerade jemand zwischen uns gedrängt hat. Doch das tut es nicht. Während ich innerlich koche, startet dieser Verräter eine nette Konversation mit dem Feind. Als Wesley auch noch beginnt, kokett zu lachen, wird es mir zu viel. „Aha ja. Interessant. Warum spielst du nicht Magnus?" Der Angesprochene zuckt die Schultern. „Abgeschossen." Mein bester Freund nickt mitfühlend. „Das ist bitter. Apropos abgeschossen:" Ich stehe auf, um mich wieder aufs Feld zu begeben. Völkerball ist mir alle mal lieber, als Wesley dabei zuzusehen, wie er sich die Haare um den Finger dreht. Sobald ich auf dem Feld bin, fliegt ein Ball direkt auf mich zu. Ach, verdammt...


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Alsoh Hai!

Das hier ist ein kleiner Abschnitt bzw Kommentar und gehört NICHT zur Geschichte und für die, die das Geschwafel des Autors nicht interessiert, nicht weiter lesenswert...

Also falls es euch die Zeit nicht wert ist, einfach umblättern und weiter lesen (^-^)

So wie ihr vielleicht gemerkt habt, spielen die Kapitel abwechselnd in Vergangenheit und im Präsens also der Gegenwart.
Falls euch die Änderungen vom Schreibstil unter den Kapiteln ändern sollten: Ich bemühe mich, zu zeigen, dass Anthony damals noch glücklich und interessierter war. Vielleicht kommt das ja so rüber, wie ich mir das gedacht habe

Falls dem so ist oder nicht so ist, schreibt mir doch gerne einen Kommentar oder wie man das hier nennt xF 
Ich bin immer gerne offen für Kritik

~twizzld

Ich wäre nicht gesprungen.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt