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„Ja, danke… ja, tschüss.“ Mit geschockter Miene legte ich den Telefonhörer zur Seite und ließ mich auf einen Stuhl am Esstisch sinken. Meine Gedanken schwirrten und als es an der Tür klingelte erhob ich mich wie in Trance. Ich wandelte durch den Flur und öffnete, als mir auch schon meine beste Freundin entgegen kam.

„Halloooo. Also ich sag dir, ich bin so froh, wenn ich endlich zuhause ausgezogen bin. Ich halte das echt nicht mehr lange… was ist denn mit dir los? Ist was passiert?“

Ich ließ sie stehen, ging voran zurück ins Wohnzimmer und ließ mich wieder auf meinen Stuhl sinken.

Besorgt schloss Natalie die Tür und eilte mir hinterher.

„Hey, was ist denn los?“

Ich hob den Kopf und sah sie an.

„Das war eben die Au Pair Agentur…“

„Oh nein, sag nicht, sie haben dich aus dem Programm geworfen? Spinnen die?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Du wirst es nicht glauben…“

„Alte! Jetzt sag schon!“

„Ich arbeite bald für eine Familie Atkins… Teasdale…“

Es dauerte einen Moment, doch dann riss Natalie die Augen auf.

„Was?! WAS?“

Ich versuchte zu nicken.

„Ich bin das neue Au Pair für Baby Lux… und wenn der erste Monat gut läuft bekomm ich gleich eine Festanstellung als Nanny, wenn ich das will…“

„Jetzt verarsch mich doch nicht!“, rief Natalie, doch ich schüttelte den Kopf.

„Ich meins ernst! Ich kanns ja selbst nicht glauben!“

Nach und nach schien sie zu realisieren, dass ich ihr keinen Streich spielte und sie quietschte los.

„Und wir versuchen hier seit Monaten vergeblich irgendwelche Connections zu den Jungs herzustellen und jetzt kommst du und passt einfach mal so auf die Tochter von Harry bester Freundin auf! Haha, wie gut ist das bitte?“

Ich begann zu grinsen.

„Wann geht’s denn los?“, fragte sie.

„In drei Wochen.“, antwortete ich und sprang ruckartig auf.

„Oh mein Gott, ich muss anfangen zu packen! Ich muss abnehmen! Ich muss shoppen gehen! Oh mein Gott!“

Diese drei Wochen gingen furchtbar schnell rum. Ich schaffte es noch drei Kilo abzunehmen, kaufte mir zwei neue Reisekoffer, verzichtete jedoch auch eine neue Garderobe. Ich würde mich einfach in London neu einkleiden… und in New York… und in Sydney…

Eine Woche vor meiner Abreise hatte ich das erste Mal mit Lou geskyped. Sie hatte Baby Lux auf dem Schoß und die beiden winkten freundlich in die Kamera.

Ich war furchtbar aufgeregt, da mein Englisch noch nicht so gut war, wie ich es mir gewünscht hätte. Zu meiner Erleichterung waren Lou und ich jedoch gleich auf einer Wellenlänge und sie nahm mir jegliche Bedenken. Sie teilte mir mit, dass wir eine Woche zusammen in London verbringen würden, ehe wir dann mit One Direction und deren kompletter Crew zur nächsten Welttournee aufbrechen würden. Daraufhin verschluckte ich mich und bekam einen solchen Hustenanfall, dass meine Mutter ins Zimmer gestürmt kam. Nachdem ich mich beruhigt, meine Mutter wieder verschwunden und Lou sich vergewissert hatte, dass es mir gut ging, brachen wir in Gelächter aus.

„Charlotte, ich glaube wir werden eine gute Zeit miteinander verbringen. Lux wird dich lieben! Und mit den Jungs wirst du bestimmt auch gut auskommen, die sind alle sehr nett.“, zwinkerte Lou.

Wieder musste ich lachen. „Darauf wette ich. Meine beste Freundin ist schon ganz aus dem Häuschen, dass ich sie kennenlernen werde.“

„Dann soll sie dich doch einfach mal besuchen, wenn du dich ein wenig eingelebt hast. Aber darüber sprechen wir dann einfach nochmal, wenn es so weit ist. Ich bring Lux ins Bett und wir beide sehen uns in einer Woche am Flughafen, ja?“

„Ich freu mich, vielen Dank, Lou!“

„Charlie! Sobald du Harry getroffen hast, musst du mich anrufen! Und mach dir Liam klar! Oder Niall! Eigentlich egal, du kannst dir auch Josh klar machen! Aber ich will Harry haben, okay? Und ich will ganz viele, süße Baby Lux Fotos und…“

„Natalie, jetzt halt doch mal die Klappe! Du machst mich noch viel nervöser, als ich sowieso schon bin.“

Wir standen vor dem Check-In Schalter und ich war gerade dabei mich von Freunden und Familie zu verabschieden. Natalie plapperte seit einer geschlagenen Stunde auf mich ein. Sie würde mir fehlen.

Ich drückte meine Mutter an mich, die angestrengt versuchte nicht zu weinen, was ihr nicht besonders gut gelang. Als letztes schloss ich Natalie in die Arme und versicherte ihr, dass ich mich sobald wie möglich melden würde.

Mit klopfendem Herzen durchschritt ich schließlich den Schalter und begab mich zum Boarding.

Ich war aufgeregter, als ich vorgab zu sein und die Aussicht darauf gleich in ein Flugzeug zu steigen, besserte die Situation nicht gerade. Doch meine Flugangst würde ich jetzt wohl ablegen müssen. Das nächste Jahr würde ich oft auf diese Art reisen.

Wenigstens dauerte der Flug von Frankfurt nach London nicht besonders lange.

Mit meiner Handtasche über der Schulter und zwei Koffern auf meinem Gepäckwagen, passierte ich schließlich die Schiebetüren, die sich zur Empfangshalle öffneten.

Normalerweise war es so, dass alle Au Pairs zunächst eine Woche gemeinsam verbrachten, um sich im neuen Land ein wenig einzuleben. Da ich jedoch sofort gebraucht wurde, hatte die Agentur mir alle Informationen, die ich brauchte, bereits letzte Woche zukommen lassen.

Ich ließ meinen Blick umher schweifen und brauchte eine Weile, bis ich Lou entdeckt hatte. Sie war alleine gekommen. Ihre langen Haare hatte sie unter einer Mütze versteckt und sie trug eine riesige Sonnenbrille. Mir war klar, dass es der Tarnung diente. Gerade in England war sie einfach zu bekannt.

In der Hand hielt sie ein großes Schild auf dem mein Name stand. Daneben konnte ich einige bunte Kritzeleien erkennen, die darauf hindeuteten, dass Lux sich freudig an der Gestaltung des Schildes beteiligt hatte. Mit einem flauen Gefühl im Magen schob ich meinen Wagen auf Lou zu, die mich breit anlächelte.

„Schön, dass du endlich da bist.“

Why don't you figure my heart out?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt