Kapitel 5 (Alice)

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Kapitel 5 (Alice)

Ich sollte Recht behalten. Wann hatte ich das letzte Mal so gut geschlafen? Es war eine traumlose, aber sehr ruhige Nacht gewesen und ich hatte ausnahmsweise mal keine Alpträume. Lucy hatte jedoch auch Recht behalten mit der Aussage, denn das Sofa hatte auch schon bessere Tage gesehen und das spürte ich nun. Ich fühlte mich wie eine alte Oma, die nur noch mit Hilfe eines Rollators herumlaufen konnte. Meine Gelenke waren eingerostet, ich spürte überall Druckstellen und mein Körper verhielt sich so als hätte ich in einem Bällebad geschlafen.

Ich schaute auf die Uhr und erschrak. «Mist! Es ist schon 9:30! Collin holt uns um 10:00 ab Lucy, Luuucy! Wach auf!»

«Was ist los?», sie lugte unter der Decke hervor und blinzelte mich verschlafen an.

«Wir sind spät dran Collin holt uns in einer halben Stunde ab.»

«Im ernst? Und wegen so was weckst du mich? Wir haben doch noch ewig Zeit!», erwiderte sie ein bisschen genervt. Jetzt brachte sie mich schon wieder auf die Palme. «Noch ewig Zeit? Das ist eine halbe Stunde, dreissig Minuten! Nur dreissig! Und wir müssen noch essen und duschen. Hopphopp steh auf!».

Meiner Hoffnung zuwider stand sie natürlich nicht auf. Stattdessen erwiderte sie: «Jetzt komm mal von deinem hohen Pferd herunter und schieb keine Panik!», nach einer kurzen Denkpause legte sie ein: «Auch wenn du ziemlich süss aussiehst wenn du aufgebracht bist. Ja, vielleicht solltest du dich doch aufregen nur damit ich dein süsses Gesicht betrachten kann.»

Sie wusste wie mich ihre ständigen Anspielungen nervten. Es war zwar auch irgendwie lieb, aber sie übertrieb es manchmal gewaltig. Ich musste mich sehr beherrschen meine Wut nicht laut heraus zu brüllen. Tief einatmen und tief ausatmen. Ein und aus. Ein und aus!

Es klappte ziemlich schlecht. Sehr schlecht. Ich spürte wie sich die allzu vertraute Röte über meinen Körper verteilte, welche mich schon so oft heimgesucht hatte seit Lucy hier war. Das war gar kein gutes Zeichen. Atmen, Alice, ATMEN! Verzweifelt versuchte ich mich selber so gut es geht in Schach zu halten, doch meine Nerven hingen höchstens noch an einem unstabilen, kleinen Fädchen.

Vielleicht sollte ich auf zehn zählen? Ich versuchte es.

Eeeeiiins. Zweeeiii. Dreeeiii. Ich zog die Buchstaben extra in die Länge, doch es half nicht. Einfach nicht ausrasten. Niiicht ausrasten. Ich war kurz vor dem Platzen.

Plötzlich fiel mir auf, dass ich ja gar nicht alleine im Raum war. Lucy war auch noch da. Stimmt, was war eigentlich mit Lucy? Lucy sass seelenruhig auf der Couch und grinste mich an. Sie grinste mich an. Und plötzlich musste ich lachen. Ich lachte laut heraus und liess die ganze Abstraktheit der Situation in Gelächter untergehen. Ich lachte und konnte nicht mehr aufhören und als dann auch noch Lucy in mein Lachen einstimmte, waren wir nicht mehr zu retten.

«Weisst du was ich mich schon immer gefragt habe?», überlegte Lucy. Ich wusste, dass sie jetzt wieder einen von ihren Sprüchen fallen lassen wird und deshalb antwortete ich nur mit einem Augenrollen. Wer hat nur die Diamanten gestohlen, um sie in deinen Augen zu verstecken?». Dann war es endgültig um mich geschehen. Der war so schlecht, dass sogar ich ihn lustig fand. Ernsthaft? Wie kam man nur auf so etwas? WIE? Doch Lucy liess mir gar keine Zeit noch länger darüber nachzudenken, denn sie brachte schon den Nächsten: «Ich glaube, ich bin ein Lichtschalter». Verdutzt hielt ich inne. «Ein Lichtschalter? Wieso denn ein Lichtschalter?» Ich hörte auf zu lachen und wartete gespannt ihre Antwort ab. Mit todernster Miene wandte sie sich mir zu und sagte: «Jedes Mal wenn ich dich sehe, machst du mich an!»

Mein Lachen ertönte so laut, dass ich schon Angst hatte die Nachbarn würden die Polizei rufen, weil sie Angst hätten, dass wir zu zwei Irren mutiert seien. Ich hatte wirklich kein Ahnung wie mich ihre Anmachsprüche vorhin noch so aufregen konnten. So hatte ich schon lange nicht mehr Gelacht - und das Gefühl tat gut. Die ganzen Sorgen und der Stress fielen von mir ab und ich lachte alles heraus, hoch in den Himmel hinein, wo die Sonne es mir mit einem grossen, fetten Sonnenstrahl zurück schickte.

Es War Einmal (Girl x Girl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt