Despair

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"Minho, Chan meinte die anderen können nur lächeln, wenn sie sterben...wo kommen sie dann hin?" Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, riss jemand die Tür auf. Erschrocken sah ich zu dem schwarzhaarigen Jungen herauf, der mich sofort bemerkte. Seine Augen füllten sich mit Tränen und liefen seine Wangen herunter, und er verbeugte sich vor mir. Er sah aus, als hätte er Angst, als wäre er verzweifelt. "T-Tut mir leid...bitte..." Ich starrte ihn verwundert an. Wieso weinte er? Ich habe mich nur etwas erschreckt. "Es ist alles gut...ich bin halt ein bisschen schreckhaft, das ist nicht deine Schuld..." Ich versuchte ihn so gut es geht zu beruhigen. Und tatsächlich stellte er sich irgendwann wieder gerade hin, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah mich an. Er konnte auch weinen? "Jimin, du wunderst dich jetzt bestimmt, warum er weinen kann. Er kann nur weinen. Ihm wurde nur die Freude genommen." "Was? Er kann nicht lächeln? Nur weinen? Das muss doch schlimm sein...wahrscheinlich schlimmer als gar nichts zu können!" "Ja, da hast du Recht. Manchmal weint er durchgängig. Sein Rekord war dass er fast einen Umlauf lang geweint hat." "Umlauf?" "Oh, dir muss das neu sein, tut mir leid. Wir haben keine Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate oder Jahre. Wir zählen die Zeit in Umläufen. Ein Umlauf ist vorbei, wenn alles um uns herum dunkel wird wie in der Nacht bei den Menschen. Ein Umlauf ist in "Menschensprache" ungefähr 3 Monate. Heißt also von...naja zum Beispiel April. Anfang April fängt ein neuer Umlauf an, der zweite Umlauf im Jahr. Der geht bis Ende Juni, und so weiter." "Das heißt er hat praktisch fast 3 Monate geweint?! Das ist furchtbar!" "Ja...er hat von uns allen am meisten durchgemacht. Ich wünschte man könnte ihm helfen." Minho lächelte den Jungen besorgt an. Er antwortete nur mit einem ängstlichen Blick nach unten. "Du heißt also J-Jimin...i-ich bin Seo Changbin...nenn mich aber einfach Binnie." "Yoon Jimin, genau. Hey Binnie :)" Changbin schaute mich ebenfalls mit großen Augen an, als er sah wie ich lächelte. "Minho, sie ist genau wie du!" Changbins Stimme zitterte. Ihm drohte wieder ein Tränenausbruch, doch ich wollte das nicht. "Binnie nicht weinen! Sonst tu ich es auch." Und als ich diese Worte ausgesprochen hatte, sah ich wie er versuchte, seine Tränen zurückzuhalten. "Ich versuche es", flüsterte er dann. "M-Minho hyung...darf ich rein? Ich will bei euch sein..." "Ja klar Binnie setz dich gerne neben Jimin, sie beißt nicht." Changbin ging langsam auf mich zu, und setzte sich vorsichtig neben mir auf Minhos Bett hin. Dann schaute er verängstigt auf den Boden. "Hast du Angst?", fragte ich Changbin leise. Er antwortete nur mit einem leichten Nicken. "Brauchst du echt nicht. Wirklich. Ich..." Während ich diese Worte sprach, wollte ich eine Hand auf seine Schulter legen. Kurz bevor ich das tat, schreckte Minho auf, und rief: "Jimin, nicht!", doch es war schon zu spät. Ich legte eine Hand auf Changbins Schulter, und sofort verkrümmte er sich, schrie leise und fing an zu wimmern und am ganzen Körper zu zittern. Oh scheiße... "War das jetzt meine Schuld...?" Ich sah Minho verängstigt an. Er schüttelte nur besorgt den Kopf. "Ist es nicht. Unser Binnie hat Berührungsängste, er wurde sehr oft sehr soll geschlagen und ausgepeitscht. Das konntest du ja nicht wissen, aber pass in Zukunft auf, wie du mit ihm redest und wie nah du ihm kommst. Das soll keine Drohung sondern eine Vorwarnung sein." Ich nickte stumm. Neben mir saß Changbin immernoch zitternd, dieser Junge leidete so sehr. Er tat mir so leid. "Tut mir leid, Changbin, tut mir so leid. Ich wollte dir nicht wehtun." Er schaute zu mir hoch, seine Tränen tränkten seine Wangen komplett. "D-Das...D-Du bist es nicht...es b-bin ich..." Er fing wieder an, laut zu wimmern. Meine Augen füllten sich mit Tränen, was Minho natürlich bemerkte. "Jimin, wir können ihm nicht helfen. So leid es mir tut, wir können es nicht. Er ist es gewohnt." Ich sah Minho kurz an und fiel ihm dann um den Hals. Ich flennte wie ein kleines Kind, dessen Eis gerade auf den Boden gefallen ist. Minho war zuerst überrascht und zögerte leicht, doch danach schlang er auch seine Arme um meinen Körper. "J-Jimin...wein nicht we...wegen m-mir...", stotterte Changbin. Der arme Junge musste sich so Mühe geben um einen Satz zu sagen. Minho ließ mich los, und lächelte mich an. "Es wird alles gut, Jimin. Wir kriegen das hin." Ich nickte, immernoch mit Tränen in den Augen. Dann drehte ich mich zu Changbin um. "Binnie...wenn du willst dass ich nicht mehr weine, dann setz dich gerade hin, hör auf zu zittern und hab keine Angst." Changbin fiel es schwer, doch ihm gelang es trotzdem. Er setzte sich normal hin und hörte auf zu zittern. Dann ging ich auf ihn zu und hockte mich vor ihn. "Changbin ich tu dir nicht weh. Ich würde sowas niemals wollen, wirklich nicht. Ich mag es nicht, jemandem wehzutun. Ich habe sehr schnell Schuldgefühle wenn ich es mache, weißt du." Ich redete weiterhin ruhig auf ihn ein. Irgendwann saß er entspannt da und sah mir in die Augen. "So, Binnie. Ich tu dir wirklich nicht weh." Ich nahm meinen Mut zusammen und hob meine Hand, um nach seiner zu greifen. Er bemerkte es und zuckte zusammen. Ich versuchte wieder, ihn zu beruhigen. "Shhht, Binnie, es ist alles gut. Ich tu dir nichts. Halt still, es tut nicht weh." Ich streckte langsam und vorsichtig meine Hand aus. Changbin zögerte. Man sah ihm an, dass er höllische Angst hatte. Doch ich sah ihn mit einem zuverlässigen Blick an und beruhigte ihn damit ein bisschen. Meine Hand kam seiner immer näher und näher, bis ich sie dann leicht berührte. Er zuckte wieder zusammen, und seine Hand zitterte leicht. "Hey, ganz ruhig. Es ist alles gut." Schließlich nahm ich vorsichtig seine Hand. Je länger ich sie hielt, desto weniger zitterte sie. "Wow, J-Jimin...deine Hände sind so warm...sind meine kalt?" Seine Hände waren sehr kalt, und seine Haut sehr hell, beinahe weiß. Ich nickte, aber ich lächelte. Schließlich nahm ich auch seine andere Hand, zwar auch vorsichtig, aber diesmal sicherer. Er merkte langsam, dass er keine Angst mehr haben brauchte, und hörte auf zu weinen. "So ist gut, Binnie." Ich lächelte ihn wieder an. Wenn er lächeln würde, wäre er sicher auch sehr hübsch. "Du wärmst meine Hände so schön auf...ich habe lange nicht mehr so eine Wärme gespürt." Das sah man ihm an. Ich nickte nur, und sah zu Minho rüber. Der sah mich an, als hätte ich gerade einen riesigen Baum aus der Erde schießen lassen. Ich musste lachen, das sah echt komisch aus. Changbin starrte mich die ganze Zeit an, und als ich lachte, glänzten seine Augen. Diesmal nicht, weil er im nächsten Moment weinen würde. Nein, es war was anderes. Etwas warmes.

My Hellevator [Stray Kids FF] (ABGESCHLOSSEN)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt