3. Kapitel: Wahre Heiler

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Aileana huscht durch die Gänge und läuft zum Heilerzimmer. Schnell schlüpft sie durch die Tür und schließt sie leise. Seit dem Sloan ihr erzählt hat, was mit Fionolas Beinen ist, will sie sie schon besuchen. Sie stellt es sich schrecklich vor, ein Körperteil nicht mehr bewegen zu können. Sie sieht sich in dem Raum um und muss erstmal niesen. Erschrocken schaut sie auf die Staubwolke, die dadurch aufgewirbelt wurde. "Wie sieht es denn hier aus?" murmelnd läuft sie zu dem Bett und betrachtet Fionola. Ihre Wunde war nicht richtig verbunden, nur ein Tuch liegt über ihr. Außerdem ist sie dreckig und getrocknetes Blut klebt an ihrer Haut. Aileana setzt sich neben sie auf das Bett und streicht ihr über den Rücken: "Wach auf, Fio!"Müde schlägt Fionola die Augen auf und lächelt Aileana schwach an: "Was gibt's? Brauchst du meine Hilfe?" Aileana grinst und streicht ihr die Haare aus der Stirn: "Ach Mädchen, ich glaube, du brauchst viel mehr Hilfe! Wieso wurdest du nicht gewaschen und wieso sieht der Raum hier so aus?" "Ich hab keine Ahnung- Greg ist vorhin weggestürmt. Er wollte jemanden schicken, aber hat es nicht getan. Und hier war seit 4 Jahren keiner, natürlich sieht es nicht sauber hier aus!" Aileana steht auf und schiebt sich die Ärmel nach oben: "Das werden wir ändern. Ich hol die anderen und dann wirst du dich gleich viel besser fühlen."

Greg galoppiert in den Hof und zügelt sein Pferd an den Ställen. Er wirft einem der Jungen die da rumlungern die Zügel zu und macht sich auf zu dem Heilerzimmer. Er steht vor der Tür, als ihm lautes Geschnatter hinter ihm im Gang auffällt. 4 Frauen laufen an ihm vorbei ins Zimmer und jede ist mit einem anderen Putzutensil ausgestattet. Er betritt den Raum und sieht Fionola an die Wand gelehnt, so dass ihr Rücken nicht belastet wird. Sie ist nackt, nur ein Tuch bedeckt ihren Scham. Aileana steht vor ihr und wäscht mit einem Tuch ihren ganzen Körper ab. Greg spannt sich an und spürt, wie er wieder hart wird. Er wäre jetzt gerne an Aileanas Stelle.

Eine der Frauen bemerkt ihn und fängt an, ihn lautstark aus dem Zimmer zu werfen: "Wie könnt Ihr es wagen. Da ist ein unschuldiges Mädchen, macht dass Ihr rauskommt, Ihr Lustmolch!" Greg betrachtet die Frau und schüttelt den Kopf. Normalerweise wird einem Heiler mehr Respekt entgegen gebracht! Siedend heiß fällt ihm ein, dass die Frauen gar nicht wissen, dass er der Heiler ist. Er baut sich zu seiner vollen Größe auf und wirft der Frau einen strengen Blick zu. "Da ihr alle in MEINEM Behandlunsgzimmer steht, erwarte ich viel mehr von Euch eine Antwort. Was ist hier los?" 
Aileana dreht sich um und wirft ihm einen genervten Blick zu: "Wir bringen DEIN Behandlungszimmer wieder in Ordnung. Und waschen DEINE Patientin. Also stör uns nicht und verschwinde! Wir sagen dir Bescheid, wenn wir fertig sind!" 

Greg sieht sie erstaunt an, dreht sich dann aber widerstandslos um und verlässt den Raum. Er macht sich auf in den großen Saal und trifft dort auf Gordan. Er verbeugt sich vor ihm, aber Gordan schlägt ihm auf die Schulter: "Wieso so förmlich?" "Deine Frau hat mich gerade aus meinem Behandlungszimmer geschmissen und mir somit klar gemacht, dass du jetzt der neue Laird und sie die Lady ist!" Gordan fängt dröhnend an zu lachen und einige seiner Clansman schauen ihn erschrocken an. Sie waren es nicht gewohnt, dass gelacht wurde. Unter Griffyth war immer Angst und Schrecken vorrangig, nie Spaß und Lebensfreude. "Das ist meine Lady, wie eine Wölfin. Sie wird ihren Grund gehabt haben. Aber jetzt berichte mir, was ist mit Fionola." Greg erzählt im kurz, dass Fionola gelähmt war und er sich nicht sicher ist, wie er ihr helfen kann. Gordan schaut ihn entsetzt an und lässt sich auf eine der Bänke sinken: "Das ist übel, das ist sehr übel. Kein Wunder hatte Sloan so eine scheiß Laune vorhin. Und du hast keine Idee?" Greg deutet auf seine Tasche: "Wenn ich eine Antwort finde, dann hier. Entschuldige mich."

Greg dreht sich um und macht sich auf in seine eigene Kammer. Die Frauen haben wirklich was geleistet und alle Räume wieder bewohnbar gemacht. Er betritt den vertrauten und doch fremden Raum und schaut sich um. Das Bett steht noch so, wie er es hingeschoben hat- ein Stück von der Wand weg, sodass er sein Bein besser entlasten kann. Der große Schrank steht leer da und an dem kleinen Tisch fehlt ein Stuhl- Ansonsten sieht es aus wie immer. Er lässt sich auf das Bett fallen und nimmt seinen Beutel mit den Büchern zur Hand. Vorsichtig schlägt er das schützende Leder weg und nimmt seine Schätze in die Hand. Diese Bücher haben einen größeren Wert, als alles andere was er besitzt. Das eine ist eine englische Übersetzung einer Schrift aus dem Orient. Sie beinhaltet alles, was man im Orient über Medizin und Kräuter weis. Das nächste ist eine lateinische Schrift über die Lehren des Hippokrates von Kos. Die anderen sind Bücher über Anatomie, heimische Kräuter und Wundleiden. Er hat ein Vermögen für diese Bücher gezahlt und es hat ihm im Herzen wehgetan, als er sie zurücklassen musste. Aber es war ihm einfach zu unsicher. Wenn sie ihm abhanden gekommen wären, hätte er sie nie wieder gefunden. 
Er nimmt das Buch über Anatomie und das orientalische in die Hand und fängt an, sie zu studieren. 

Stunden später legt er die Bücher zur Seite und reibt sich den Kopf. Sein Kopf raucht und er will nur noch schlafen. Das was die Bücher sagen, muss er erstmal verarbeiten. Obwohl er am liebsten schlafen würde, drängt ihn sein Verantwortungsbewusstsein zu seiner Patientin. Er steht auf und läuft durch die dunklen Gänge. Er hat eine kleine Kerze mitgenommen und leuchtet sich den Weg. Vor dem Behandungszimmer bleibt er stehen und lauscht, ob die Frauen immer noch da sind. Leise öffnet er die Tür und bleibt bewundernd stehen. Alle Achtung, die Frauen haben einiges geleistet. Die Kerze erhellt den Raum nur dürftig, aber alles ist staubfrei. Seine Regale sind größtenteils leer und ihm wird bewusst, dass er die letzten Herbsttage nutzen muss, um neue Medizin herzustellen. Leise läuft er zu dem Bett und betrachtet die junge Frau, die darin liegt. Ihr Körper ist sauber und das Haar zu einem ordentlichen Zopf geflochten. Sie trägt ein weißes Hemd und ist ordentlich zugedeckt. Sie sieht wunderschön und friedlich aus. Aber sie würde keinen Mann wie ihn wollen- einen Krüppel. Er würde sie pflegen und ihr helfen, dafür sorgen, dass es ihr gut geht und sie wieder laufen kann, so Gott ihm helfe. 

Seufzend denkt er an sein Bett und holt drei Plaids aus dem Schrank. Bevor Fionola nicht gesund ist, würde er bei ihr bleiben. Heute morgen war ihm alles zu viel, dass sie so offen zu ihm war, aber er war ein Heiler und wahre Heiler lassen ihre Patienten niemals im Stich!

Highlands: Schrei nach LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt