sechs

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Teddie war in der Vorschule groß und kantig gewesen. Die anderen waren dadurch so eingeschüchtert von ihm, dass sie seinen Forderungen nachgingen, als wären sie Bedienstete des Königs. Einmal prügelten sich zwei Jungen darum, wer ihm die Schaufel holen durfte. Er hatte sein Auftreten jeden Tag ausgenutzt, wahrscheinlich war das der Abschnitt, der ihm beibrachte, dass man alles haben konnte, wenn man gut genug spielte. Heute hatte er nichts von diesem Draufgänger in sich, als er vor seiner Schwester kniete. Seine Hände krallten sich flehend in das Sofapolster neben ihre Schenkel.

»Ich will es wieder gut machen.« Er meinte sein plötzliches Verschwinden.

Toni glaubte ihm, denn ein anderer Grund, der ihr bis dahin unvorstellbar schien, würde sie dazu später verleiten in der Schule zusammenzubrechen.

»Ich gebe dir die Chance.«

Seine ausgehungerten Augen erwachten zum Leben.

»Wie wäre es, wenn wir Essen gehen, uns unterhalten?«

»Heute nicht. Ich muss nach meiner Freundin sehen.«

Toni bereute den Ausdruck, sobald sie in verwendete. Dafür gab es zwei Gründe: Zum einen war zwischen Cheryl und ihr noch nichts passiert, nur beinahe, und zum anderen stach ihr Teddies Reaktion im Herzen. Er hatte sich erhoben, die Reue seiner Tat löste sich in Luft auf und sein Gesicht verzog sich zu einer irritierten Grimasse.

»Freundin?« Er sprach mit Abweisung in seinem Ton.

»Problem?« Warnend reckte sie den Kopf nach oben.

Keinesfalls würde sie ihrem Bruder erlauben, jeglichen homophoben Gedanken zu formen. Er konnte tun und lassen, was er wollte, solange er herumstreute, aber in Riverdale hatte er seine Klappe zu halten. Um ihren Standpunkt klarer zu machen, stellte sie sich vor ihn. Sie war immer noch einen Kopf kleiner, aber mindestens doppelt so temperamentvoll.

»Nein.« Es schien ihn anzustrengen. Die Ablehnung seiner verschränkten Arme war kein Symbol dafür, dass er empört wegen der Anschuldigung war. Dafür war sein Blick zu wild.

»Wer?«

»Cheryl Blossom«, sagte Toni nüchtern. Sie sah keinen Grund mehr, nicht länger für ihre Zuneigung einzustehen. Ihre Annäherungsversuche und Flirtereien waren offensichtlich für einen Blinden.

Toni war auf jede Reaktion gefasst. Teddie verschluckte sich an seiner Spucke.

»Bist du wahnsinnig? Eine Blossom!«

Wie dieses Gespräch in zwei Sekunden kippte. Man hätte vieles erwarten können, aber wie sollte man voraussehen, dass Teddie Topaz ein Arsch war. Innerhalb weniger Minuten hatte er es fertiggebracht, Tonis Sexualität, ihre Existenz, zu kritisieren, und in seiner Art wie er Blossom herausspukte ihren Lieblingsmenschen zu beleidigen. Er besaß die Frechheit, zu einem Ratschlag anzusetzen, wie böse diese Familie sei, als wäre er ihr Buder. Er sprach mit ihr, als hätten sie die letzten neun Jahre miteinander verbracht, sein Ungestüm war der Gegenbeweis; er war ein Fremder.

Teddie verurteilte Cheryl, als wäre sie Penelope Blossom, obwohl er doch nichts mitbekommen hatte von den Konflikten und Intrigen und Familienmorden.

»Ihre Familie ist nicht die netteste, um es freundlich auszudrücken, das hast damals schon mitbekommen. Aber Cheryl ist wunderbar. Sie ist weder herzlos, wie Penelope, noch skrupellos, wie Clifford es war. Sie ist nicht widerwärtig.« Toni nahm einen tiefen Atemzug, sie musste jetzt unbedingt Cheryl verteidigen, »Bei ihr ist alles wie eine Achterbahnfahrt, aufregend. Mein Herz schlägt schneller als es gesund wäre. Du wirst mir nicht sagen, dass ich eine Blossom nicht lieben kann. Sie ist nicht wie ihre Mutter.«

Rot ist eine warme Farbe (Choni)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt