Rot ist eine warme Farbe (Choni)

neun

Die Eltern der Blossom Zwillinge hatten oft so laut gestritten, dass die Nachbarn drauf und dran waren, einen Anruf wegen Lärmbeschwerde zu machen. Sie hatten über das Geschäft geschimpft, sich gegenseitig die Schuld für das Chaos im Wohnzimmer gegeben, warum die Kinder schon wieder verwechselte Sachen trugen. Manchmal brüllten sie wie Affen, dann verstand man kein Wort mehr. Cheryl hatte sie an Jason gekuschelt und wenn sie ihren Namen verstand, zuckte sie zusammen.

In ihrem Auto zuckte sie auch zusammen, als sie die hitzige Diskussion hörte. Sie war einige Minuten vor der ausgemachten Zeit vorgefahren, um Toni ein blumiges Geschenk zu übergeben. Toni liebte Rosen, Cheryl hatte sie selbst gebastelt aus Papier und Origamikunst. Bei der Verletzlichkeit in Tonis Aussagen legte sie den Strauß auf den Beifahrersitz. Es erschien ihr nicht richtig, glücklich an die Tür zu klopfen. Das farbige rote Cocktailkleid musste sie oft glattstreichen. Je länger sie im Auto saß, desto mehr brachten ihre nervösen Finger den Stoff durcheinander.

»Mir egal, ob du wegen eines neuen Jobs hier bist, Teddie. Du hast kein Recht nach all der Zeit angekrochen zu kommen, nur um mich zu hinterfragen.«

»Ich hinterfrage die Absichten deiner Freundin, das ist ein Unterschied.« Toni stampfte mit dem Fuß auf, unterstützt durch das Verschränken ihrer Arme.

»Sie hat keine Absichten« Außer dich nie zu verlieren.

»Sie kommt aus der Königsfamilie der Northsider, unsere natürlichen Feinde!«, feuerte er mit Vorurteilen.

»Mach dich nicht lächerlich.« Sie machte eine abschätzige Bewegung.

»Du wirst sehen, sie wird dich fallenlassen, wenn sie genug hat«, deklarierte Teddie sicher. Er zeigte Entzückung bei der Aussicht, dass seiner Schwester das Herz gebrochen werden könnte.

»Ich dachte, du bist mit unserer Beziehung einverstanden?« Es bewegten sich Nadeln durch ihre Gelenke. Sie drehten und wendeten sich in jede Richtung, um so viel Fleisch wie möglich zu zerstechen.

»Wie könnte ich jemals, wenn sie Tierherzen versendet als wäre es verdammtes Weihnachten.« Mehr Nadeln.

»Die Gerüchte sind nicht wahr. Sie ist hier das Opfer.«

»Bei diesen Aussichten, wirst du ihr Opfer werden.«

»Verpiss dich, Teddie«, herrschte sie. Das Geschwisterpaar funkelte sich auf der Treppenstufe zwischen Gras und Linoleum an. Ihre olivfarbenen Hände spannten sich angriffslustig zu Fäusten. Plötzlich stürmte Teddie in eine beliebige Richtung davon, die zum Glück gegensätzlich Cheryls Position mündete. Seine schnellen Schritte waren wilder als sein Blick.

Cheryl beobachte die Radiouhr, bis die Zahlen genau achtzehn Uhr sagten. Pünktlich stieg Toni mit hängenden Schultern ein. Sie atmete nicht mehr als läge ein Marathon hinter ihr, wenn sie sich auf dem Beifahrersitz krümelte. Doch ihre flinken Finger suchten noch oft nach Cheryls kühler Berührung, die sich am Schalthebel fand. Sie hatte aus ihr nicht herauskitzeln können, wohin die vier Räder sie tragen würden, selbst Shan hatte keine Informationen bekommen. Mittlerweile konnte man sagen, dass sie Cheryls zweitengste Vertraute war, so wie sich Insider schufen und über ihre Serpent Partner lästerten. Toni würde es ungern zugeben, aber schaute eifersüchtig aus, wenn sie den ein oder anderen Witz nicht verstand. Cheryl hatte keinem zugeflüstert, was das Date beinhaltete. Sie hatte lediglich ein Bild gesendet, auf dem sie einen kurzgefeilten Zeige- und Mittelfinger an die Lippen gelegt hatte, deren weinroter Nagellack die Freundinnen auf der Shoppingtour gekauft hatten. Tonis Vorfreude steigerte sich ins Unermessliche. Es würde das erstes Date werden, das ihr wahrlich etwas bedeutete.

Cheryl komplimentierte ihre Kleiderkombination aus hochgeschlossenem, grauen Top und Flanellbluse um die zierlichen Hüften. Für die gemachten Blumen gab sie ihr einen Kuss zurück und sagte, dass es die niedlichste Geste sei. Danach zog Toni die Beine an und piekte in Cheryls Handrücken, wenn sie über eine Straßenunebenheit holperten. Ansonsten würdigten sie die Besonderheit des Treffens in hemmungsvoller Stille.