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Penelope Blossom verhielt sich in den Wochen nach Heathers Tod unerfreulich ruhig, Weder machte sie Versuche Cheryl zurück in die homophobe Anstalt zu bewegen noch bedrohte sie ihre Freunde. Sie alle hatten mit einem feuerwerksähnlichem Tam-Tam gerechnet oder einem Aufrüsten. Stattdessen hing sie Plakate für eine neue Mischung Ahornsirup auf und machte Werbung für offene Stellen in der Produktion. Man möchte fast behaupten, dass der mörderische Überfall die letzte Unannehmlichkeit sein sollte und dies das Ende dieser Geschichte wäre. Cheryl und Toni waren ein Paar, sie hatte erfolgreich Freunde gefunden, North- und Southsider dadurch vereint, ihre Mutter ließ sie in Ruhe. Konnte es so einfach?

Im Gegensatz zu dem, was sie Toni sagte, war Cheryl nicht gefasst. Unschöne Gedanken schlichen in High Heels in ihrem Palast herum und mit jedem Schritt schienen die Absätze zu wachsen. Einer muss zuerst gehen, hatte Heather gesagt. Wahrscheinlich sollte es damals eine Warnung darstellen. Sie erinnerte sich lebhaft daran, dass sie schwor, sie könne Toni niemals gehen lassen. Es war ein egoistischer Akt gewesen und das wollte sie gerade eben nicht mehr sein. Cheryl hielt sich vor, dass sie zu viel aus Egoismus getan hatte: der verräterische Anruf—sie war eifersüchtig auf Bettys und Jugheads perfekte Beziehung gewesen—, als dessen Folge sie das erste Mal mit Toni redete, ihre Selbstmordgedanken bei den Schwestern der Stillen Gnade, die Gefühle für den Serpent entgegen jeder Vernunft einzulassen. Davon hatte sie den Salat.

Früher oder später, das hatte sie von Anfang an geahnt, würde ihr das Glück zu Kopfe steigen. Unbeirrt bieder ließ sie zu, dass sie abhängig von einem Menschen wurde, der auf der anderen Seite eines Abgrundes, der guten Seite, stand. Hinter ihr schob sich eine scharfe Felswand näher und sie hatte den Ausgang gewählt, der direkt auf Toni zustrebte. Das mag zuerst paradiesisch klingen, hätte die rosarote Brille den Abgrund zwischen ihren Welten nicht vernebelt. Im Zuge ihres Holzweges hatte Cheryl sie abgesetzt, dann für einige Zeit Augenklappen getragen, die alle anderen Probleme von der Seite ausblendeten. Mittlerweile starrte sie beiden ungeniert ins Gesicht: Josies Freundschaftskündigung, die Patientenakte, die bei den SOQM Beweise hinterließ, der mörderische Unfall. Noch war sie sich nicht sicher, ob sie versuchen wollte herüber zu springen oder einfach in den Rachen hinunterkletterte. Sie wusste, Penelope wartete dort und wetzte Klingen und Zähne.

Zudem schmerzte der Verlust von Heather May. Sie hatten sich drei Treffen leisten können, bevor sie an dem Abend angeblich im Zuge eines Überfalls zugrunde ging. Es war bei Weitem nicht genug gewesen. Cheryl hatte ihr nicht gestanden, dass sie damals fast im Zug saß, um ihr nach Wisconsin hinterher zu fahren, sich am Bahnhof aber von der Torheit abhielt. Sie hatte ihr noch sagen wollen, dass, wenn Toni nicht wäre, es nicht zu spät für einen Neustart hätte sein müssen. Und das ohrfeigte Cheryl tagtäglich. Sie schluckte heftig, wenn ein Name fiel, der nur ansatzweise ähnlich klang, und weinte in der Abstellkammer, in der sie sich mal versteckt hatten. Das Loch, von dem sie dachte, es könne nur Tonis Abwesenheit erzeugen, klaffte bedrohlich schwarz zwischen der zweiten und fünften Rippe.

In diesem Chaos verrannte sich Cheryl. Irgendwie zogen Ereignisse an ihr vorbei, die einmal wichtig für sie waren. Die Schule gestattete ein Schulmusical, Penelope verbot ihr in cholerischer Liebenswürdigkeit darin mitzuwirken. Während der Proben fiel ein Sandsack fast auf die Hauptdarstellerin und Ethel Muggs gab nicht auf, sie mit feindseliger Niedrigkeit anzugaffen. Es war ihr egal, sie nutzte die Wellen aus, um sich zu ermutigen, dass sie Teilschuld an Heathers Tod haben musste, schließlich war sie auf dem Rückweg von ihrem Treffen gewesen. Cheryl wurde stiller und beobachte ihre Freundin von den Sitzreihen aus. Toni war nicht dumm, sie kriegte von dem Kurswechsel sofort Wind und je energieloser Cheryl dahinvegetiere, desto öfter fragte sie, was los sei. »Ist etwas nicht in Ordnung?«, hatte sie am Anfang naiv gefragt, wenn sie nebeneinander lagen und die Zimmerdecke inspizierten. Natürlich nicht und deshalb fing sie an zu flehen, sie möge in Cheryls Sorgen eingeweiht werden. Die verzweifelten Monologe bestätigten Cheryls Zwiespalt.

Rot ist eine warme Farbe (Choni)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt