Kapitel Eins

1.5K 47 1
                                    

                                                                        ~~ 1 ~~


Wie jeden Tag klingelt mein Handy um 5:30 Uhr. Nach einer Weile schaffe ich es sogar aus meinem Bett zu meinem Kleiderschrank. Ich konzentriere mich darauf etwas auszusuchen aber als ich realisiere, dass heute Dienstag ist, spürt ich wie so oft dieses Kribbeln in meinen Fingerspitzen. Nein, es kommt nicht davon, dass ich seit gestern Abend keine mehr geraucht habe, sondern davon, dass mein Lehrer heute in den ersten drei Pausen Aufsicht hat. Und dies wiederum bedeutete, dass ich vom ersten Stock ungeniert ihn beobachten kann ohne das er es bemerkt.
Als ich mein tägliches Ritual, dass aus Kaffee trinken, Rauchen, Duschen, Morgentoilette und Schminken besteht, beendet habe , bin ich schon wieder so müde, dass ich am liebsten in mein Bett gekrochen wäre. Ich betrachte mich noch einmal im Spiegel und muss grinsen. Ich bin nicht dieses typische Mädchen das Rosa trägt oder einen Ausschnitt bis zum Bauchnabel hat. Ich gehöre eher zu diesen Mädchen denen fast alles egal ist, Rauchen und ziemlich frech sind. Passend zu meinem Image habe ich ein Zungenpiercing und schminke mich eher rockig. Also Make-Up, Wimperntusche und Lidstrich.
Pünktlich um 7.15 Uhr schwinge ich mich in den schwarzen Polo und fahre die übliche Strecke zur Schule. Da ich nicht sehr weit weg von meiner Schule wohne, bin ich meistens um 20 nach sieben bei meinem Spinnt, wo ich meine Schwarze Regenjacke hinein schleudere. Ich sehe auf mein Handy. Ich habe noch neun Minuten bis die Schule anfängt.
Langsam schlendere ich zur Treppe, genau darauf bedacht nicht hinzufallen. Ich will mich doch nicht vor irgendwelchen Idioten hier blamieren. In der Aula erwartet mich wie jeden Tag zwei akzeptable oder weniger akzeptabel Lehrer. Heute habeich die Ehre von Hr. Müller begrüßt zu werden. Ich bleibe am Treppenrand stehen und schaue mich um. In fast einem Monat würde ich hier weg sein. Leider, muss man sagen. Vier Jahre meines Lebens habe ich hier verbracht. Mal weniger schöne Tage mal schöne. Meist gehören zu den schönen Tagen, die wo ich mit Müller reden oder ihn im Unterricht haben kann.


Thomas: 

Ich rede gerade mit meiner Kollegin als Jessica die Treppe rauf kommt. Sie sieht wie jeden Tag umwerfend aus. Aber das kann ich ihr nicht sagen, denn ich bin ihr Lehrer. Sie bleibt am Treppenrand stehen und sieht sich um. Ich könnte schwören, dass ihr Blick kurz an mir hängen bleibt. Nach einem kurzen aber freundlichen Nicken ihrerseits und einem Grinsen meinerseits, geht sie die Treppe zu ihrer Klasse hinauf. Raus aus meinem Blickwinkel.


Jessica:


In der ersten Stunde habe ich Mathematik. Danach Deutsch. Als endlich Pause ist, werfe ich einen Blick in meine Tasche wo ich feststellen muss, dass ich mein Wasser daheim gelassen habe. So ein Pech, jetzt muss ich doch glatt zum Buffet wo Herr Müller Aufsicht hat. Wie so oft muss ich an unser erstes Treffen denken...

Es war damals ein warmer Sommermorgen und ich hatte ziemliche Verspätung. Also musste ich um mein Leben rennen um noch irgendwie rechtzeitig zu kommen. Ich eilte durch die Aula und achtete nicht wirklich darauf wer Schüler oder Lehrer war. Im Moment wirkte ich bestimmt wie eine Diva aber wenn juckte das schon. Ich hatte eine schwarze Hot-Pan und ein weißes Top an und vom Auto fahren hatte ich noch die Sonnenbrille auf. Als ich um die Ecke schoss, war da ein Hindernis im Weg und das Hindernis war, der mir noch damals unbekannte, Thomas Müller. Voll unter Stress fauchte ich :„Hast du keine Augen im Kopf oder was?“ Der Mann vor mir zog grinsend eine Augenbraue rauf. „Man, geh mir aus dem Weg! Ich bin spät dran und lach nicht so dreckig!“, fuhr ich fort und wollte mich an ihm vorbeiquetschen doch er stützte sich an der Wand ab und versperrte mir den Weg. „Junge Dame! Nicht so frech!“, tadelte er mich noch immer grinsend. „Man, halt die Klappe! Ich komme zu spät!“
„Wo musst du hin?“ „Was geht dich das an?“, fragte ich und versuchte ihn wegzuschieben aber nun legte er sich mit seinem ganzen Gewicht gegen mich. Seufzend lies ich von ihm ab. Genervt rollte ich mit den Augen und musterte ihn. So schlecht sah er nicht aus. Seine Lippen waren zu einem Schmunzeln verzogen, seine blauen Augen blitzten vergnügt auf. Er hatte schwarze Haare und war bestimmt eineinhalb Köpfe größer als ich. „Na? Gefällt dir das was du siehst?“, erkundigte er sich frech und machte kein Geheimnis daraus, dass auch er mich musterte. Scheiße, sabberte ich?
„Hast du irgendetwas eingeworfen?“ Sein Lachen war angenehm rau. „Seit wann darf man den Lehrer duzen?“, informierte er sich. Lehrer? Wie? „Thomas Müller.“, er reichte mir seine große Hand. „Klassenvorstand der 5b. Obwohl ich jetzt drei Wochen in der 7c suppliere. Und wer bist du, wenn ich fragen darf?“ Fuck! Meine Klasse! Ich schüttelte seine Hand. „Jessica. Eine Schülerin der 7c.“, gab ich etwas kleinlaut zurück. „Na dann, Jessica. Auf ein schönes zusammen arbeiten.“

Die Tiefen unserer HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt