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Ich wusste nicht, wann oder wie ich eingenickt war, doch als ich das nächste mal die Augen öffnete, war es bereits dunkel.
Leicht verwirrt blickte ich mich um. Erst nach und nach erfasste ich, wo ich mich befand.
Ich war noch immer in dem kleinen Pflanzenhaus, eingewickelt mit einer, mir unbekannten, Jacke.
Verschlafen rieb ich mir die Augen und musterte die Jacke, während ich mir bewusst wurde, dass ich mich nicht an meinen Traum erinnern konnte. Perplex rieb ich mir den warmen Nacken und zupfte am Saum der großen Jacke herum.
Sie war rot und kam mir sehr bekannt vor, und als mir dann auch noch der Geruch von Tannennadeln und Pfefferminze entgegen kam, wusste ich, wem sie gehörte.
Meinem Mate.

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf. Er war hier gewesen. Hier drinnen.
Ich wollte die Jacke von meinen Schultern nehmen, doch es war so verdammt kalt hier drinnen, dass ich sie widerwillig an lies.
An der Unterlippe kauend schloss ich das Fenster und verlies den kalten Raum.
Im Gang empfing mich wohlige Wärme und so wanderte ich Richtung Wohnzimmer. Von weitem konnte ich schon das Prasseln von Feuer und leise Stimmen vernehmen.
Aufjedenfall waren dort mein Vater, Jaxon, und noch drei weitere Stimmen, die ich nicht identifizieren konnte, und durch den Geruch der Jacke konnte ich auch keinen anderen identifizieren.

Leise trat ich um die Ecke und lehnte mich an den Türrahmen. Mein Vater und Jaxon saßen nebeneinander auf der breiten Couch, während drei Personen ihnen gegenüber saßen, also mit dem Rücken zu mir gewandt.
Erst nach einiger Zeit erfasste mich der Blick meines Vaters und auch Jaxon sah mich, wobei seine Mundwinkel sich leicht hoben.

"Hey Kleine, da bist du ja. Schöne Jacke?"
Jaxon hob eine Braue, grinste dann aber wieder. Seine Augen blitzten mich leicht schelmisch an, was mir ebenfalls ein kleines Lächeln entlockt.
Auch mein Vater begrüßte mich und deutete mir, näher zu kommen.
"Schatz, dass ist das Alphapaar Kidney und ihr Sohn, der zugleich Alphaanwärter ist. Sie sind zusammen mit ein paar Lycanthropen aus ihrem Rudel hier, um uns ein wenig unter die Arme zu greifen. Du weisst schon, nach..."
Ich nickte nur und unterbrach ihn damit, dann wand ich mich mit einem aufgesetzten Lächeln an die Kidneys, welche mich freundlich begrüßten.
Bei uns Lycanthropen war es so, dass der Alphasohn nicht sofort der Nachfolger des Alphas war, nein, er musste sich seinen Platz als Nachfolger des Oberhaupts erkämpfen, um bei Rücktritt seines Vaters dann dessen Position einzunehmen. Jeder sollte eine gerechte Chance auf die obersten Rudelposten haben.

"Das hier ist meine Tochter Kamaria!"
Stolz schwang in der Stimme meines Vaters mit, was ich absolut nicht nachvollziehen konnte.
Kopfschüttelnd lies ich mich neben Jaxon nieder, der unglaublichen Duft von der Jacke meines Mates brachte meine Gedanken - und Gefühlswelt völlig durcheinander.
Auch Jaxon schien das zu bemerken, denn er musterte mich skeptisch und aus zusammengekniffenen Augen.
Ich zuckte nur abwehrend mit den Schultern, richtete den Blick auf die Kidneys und stockte.

Das Alphapaar sah einem bestimmten jemand gewaltig ähnlich.
Die Luna hatte klare, graue Augen und eine zierliche Figur, der Alpha dagegen besaß dunkle, gelockte Haare und stechend eisblaue Augen. Als mein Blick nun alarmiert weiter huschte erkannte ich auch diesen jemand, der mich gerade intensivst musterte.
Ein kleines und zugegebenermaßen sehr selbstzufriedenes Lächeln umspielte seine geschwungenen Lippen als er bemerkte, welche Jacke ich da trug.
Ich konnte nicht anders und musterte ihn eingehend. Er hatte eine schwarze Hose an, ein weißes Hemd, dessen obersten Knöpfe offen waren, bedeckte seinen Oberkörper.
Es stand ihm verdammt gut und ich verfluchte ihn innerlich dafür.

Mein Blick huschte nach oben, seine grauen Augen funkelten mich undefinierbar an.
"...stimmts, Ari?"
Ich schreckte bei meinem Spitznamen leicht zusammen und sah in das Gesicht meines Vaters.
Die anderen im Raum blickten mich, so wie er, abwartend an, deswegen nickte ich einfach zaghaft und erhob mich nach einiger Zeit, in der ich dem angeregtem Gespräch nicht zugehört hatte, sondern meinen Mate unauffällig beobachtete hatte, wieder.
Das alles wurde mir zuviel, er wurde mir zu viel.

Moonlight - Das Schweigen der Wölfin | #Pessi - Award2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt