2 | Erste-Hilfe

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• Godsmack - When Legends Rise •

Eine Stunde vergeht. Ich starre die Uhr an, als würden die Zeiger sich dadurch schneller bewegen. Der Feierabend kommt immer näher. Eine weitere halbe Stunde vergeht.

Nachdem ich die alte Mrs. Macauly abkassiert habe, lasse ich meine Unterlagen vorne liegen und laufe mit ihr zum Ausgang. Ich überhole sie, um vor ihr an der Tür zu sein und sie ihr aufzuhalten.

Mrs. Macauly lächelt mich an. »Sie sind ein Schatz.«

Ich lächle zurück und winke, als sie mit ihrem Buch in der Hand an mir vorbeiläuft. »Bis zum nächsten Mal!«, rufe ich ihr hinterher.

Dann schaue ich mich noch einmal im Laden um, aber ich bin alleine. Auch die Einkaufsstraße draußen scheint immer leerer zu werden. Nur noch einige wenige Pärchen oder Familien spazieren durch die Straßen, essen Eis oder hören dem alten Mann auf der anderen Straßenseite beim Geigespielen zu.

Ich werfe einen hastigen Blick auf meine Uhr. Noch zehn Minuten. Ich laufe nach draußen, um die Ladenschilder reinzutragen und vorne abzustellen. Es ist immer noch warm draußen. Nachdem ich schließlich auch die Außendeko reingebracht habe, habe ich das Gefühl, meine Kleider würden mir bereits wie eine zweite Haut am Körper kleben. Also Duschen steht heute definitiv auf meiner To-Do-List.

Noch fünf Minuten. Ich seufze und gehe wieder nach hinten, um meine Sachen einzupacken. Wenn ich mich beeile und gleich einen Marathon hinlege, bekomme ich noch den Bus um acht nach.

Ich stopfe gerade meine Unterlagen in meine Tasche, als ich plötzlich ein Geräusch vorne im Laden wahrnehme. Stirnrunzelnd schaue ich wieder auf meine Uhr. Es ist jetzt genau acht Uhr. Welcher Idiot stürmt jetzt noch in den Laden?

»Wir haben geschlossen!«, rufe ich und will gerade nach vorne gehen, als plötzlich ein Junge hinter die Kasse rennt und sich dann auf den Boden wirft. Im ersten Moment weiß ich nicht, was ich tun oder denken soll. Ich starre ihn einfach nur an. Zuerst glaube ich, Rhys hätte sich einen Spaß erlaubt, aber der Junge, der da unten an den Tresen gelehnt auf dem Boden herumkauert und schwer atmet, als wäre er gerade einmal um den Block gelaufen, sieht überhaupt nicht aus wie Rhys.

Er hat dunkelbraunes Haar. Einzelne Strähnen hängen ihm im Gesicht. Außer ein paar Shorts trägt er nichts. Er ist komplett nackt obenrum. Ich zwinge mich, seinen Oberkörper nicht anzustarren, aber es ist fast unmöglich. Abgesehen davon, dass seine Haut einen leichten goldenen Ton hat, um den ich ihn beneide, und ich mich nicht über seine Muskeln beschweren würde, ist seine Brust mit Schrammen übersäht.

Zuerst bemerkt er mich nicht, doch als ich näher an ihn heran trete, schaut er erschrocken auf. Im Ernst? Er erschreckt sich? Was soll ich denn bitte sagen?

»Wer bist du?«, frage ich misstrauisch und halte dabei einen sicherem Abstand zu ihm.

Mein Blick fällt wieder auf seine Muskeln und ich muss schlucken. Ein Schlag von ihm und ich wäre k.o. Panik überkommt mich. Hastig schaue ich mich um, aber ich finde nichts, womit ich mich bewaffnen könnte. Die einzigen Waffen - ein Brieföffner und eine Schere - sind genau über ihm, in einem Stiftehalter neben der Kasse. Ich müsste erst zu ihm, um daran zu kommen. Na super.

Ich taste in meine Hintertasche. Mein Handy. Ich könnte versuchen, ihn mit dem Ding bewusstlos zu schlagen. Oder du könntest, wie jeder andere normale Mensch auch, damit die Polizei anrufen, erinnert mich meine innere Stimme.

»Hey!«, rufe ich und er zuckt kurz zusammen. Sein Blick huscht wieder zu mir, als hätte er vergessen, dass ich da bin. »Beantworte meine Frage! Wer bist du? Willst du mich überfallen?« Wenn ja, dann tust du gerade einen ganz miesen Job. Mal davon abgesehen, dass es hier sowieso nicht wirklich viel zu holen gibt.

Kickass [PAUSIERT] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt