7 | Ein wunderschöner Nachthimmel

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• Lonas - Quiver •

Ohne auf Rhys' Rufe zu reagieren oder einen letzten Blick zurückzuwerfen, knalle ich die Tür lautstark hinter mir zu und renne den Gang entlang. Ich weiß, dass er gleich heraus gerannt kommt und versucht, mir das Ganze zu erklären, was bedeutet, dass er sich eine Ausrede einfallen lässt. Er wird mir eine Lüge auftischen und ich werde, so gutgläubig - nein, nicht gutgläubig, sondern dumm - wie ich nun mal bin, ihm verzeihen.

Panisch schaue ich mich im Gang um und reiße die erstbeste Tür auf, die ich in die Finger bekomme. Mit schwerem Atem lasse ich mich gegen das kühle Holz der Tür fallen und schließe die Augen.

Rhys betrügt mich. Rhys geht auf Partys ohne mich und macht einfach mit anderen Mädchen rum. Das ist nicht der Rhys, in den ich mich vor fast zwei Jahren verliebt habe.

»Eve? Babe, wo bist du?«, höre ich Rhys im Flur rufen. Ich versteife mich augenblicklich, drücke mich fester gegen die Tür und halte den Atem an. Alleine seine Stimme zu hören, treibt mir beinahe die Tränen in die Augen.

Eve, du musst stark bleiben, sage ich zu mir selbst und kneife die feuchten Augen zusammen. Ich lausche den Geräuschen draußen und höre Rhys wieder zurück ins Zimmer gehen. Er flucht und sagt irgendetwas, das ich nicht verstehen kann. Wahrscheinlich antwortet Sofia ihm, denn nebenan scheint plötzlich ein Streit loszugehen.

Ich höre die Leute unten lachen und reden. Das Haus ist mit Menschen überfüllt und doch fühle ich mich mit einem Mal so unglaublich einsam. Von einer Sekunde auf die andere ist alles anders. Gerade eben bin ich noch glücklich verliebt gewesen und jetzt würde ich nichts lieber tun, als Rhys den Kopf abzureißen.

Eigentlich hätte ich hier nie auftauchen sollen. Eigentlich sollte ich in meinem Bett liegen und glauben, dass mein Freund mich liebt, nicht, dass er mit anderen Mädchen rummacht. Ich bin dumm. Dumm und schrecklich naiv. Dass ich mir nichts dabei gedacht habe, ist schon schlimm genug. Dass Rhys den Abend lieber alleine auf einer Party verbringt, als ihn mit mir zu verbringen, hätte mich stutzig machen sollen.

Vielleicht hoffe ich darauf, dass er doch noch auftaucht, angezogen und mit einem lasziven Lächeln im Gesicht; dass er mich fragt, ob wir tanzen. Ich möchte glauben, dass der Junge, den ich da gerade gesehen habe nicht Rhys ist. Nicht der Rhys, der eigentlich mein Freund ist. Nicht der Rhys, den ich doch eigentlich liebe.

Es ist kalt im Zimmer. So kalt, dass ich mir meine Arme um den Oberkörper schlinge und zittere. Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich als erstes das offenstehende Fenster, das ich zuvor noch nicht bemerkt habe. Verwirrt runzele ich die Stirn.

»Rhys, sie ist doch jetzt sowieso weg. Komm zurück.« Die Stimme kommt von nebenan. Dieses Mal ist sie so laut, dass ich verstehen kann, was sie sagt.

Wenn ich könnte, würde ich Sofia die Augen auskratzen, dafür, dass sie einfach so mit meinem Freund rummacht. Ich würde erst ihr die Augen auskratzen und dann Rhys den Kopf abreißen. Oder umgekehrt, damit sie noch mit ansehen kann, wie ich seinen hübschen Kopf zerstümmele.

»Nein, ich gehe sie suchen«, ruft Rhys. Ich presse die Lippen aufeinander. Eine Sekunde später höre ich ihn die Treppen herunterrennen.

Erleichtert atme ich aus und stehe langsam auf. Wahrscheinlich sollte ich mir Mira schnappen und nach Hause gehen, aber ich möchte nicht nach Hause. Noch nicht. Ich kann nicht nach Hause. Nicht mit diesem schmerzhaften Ziehen in meinem Brustkorb.

Ich muss unbedingt alleine sein und nachdenken. Zu Hause wird Rhys mich vermutlich als erstes suchen. Er wird mir einreden, dass das, was ich gesehen habe, nur ein Fehler war, dass es ihm leidtut - und wer weiß, vielleicht tut es das wirklich - und ich werde ihm verzeihen. Einfach so. Als wäre ich kein Mensch mit Stolz und Selbstwertgefühl, als würde ich nicht auch gerne aufrichtig geliebt werden.

Kickass [PAUSIERT] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt