• XXXTENTACION - NUMB •
»Gib mir seine Nummer.«
Jonah liegt auf dem Bauch auf seinem Bett. Als ich unangekündigt in sein Zimmer stürme, schaut er unbeeindruckt auf. Er fragt nicht von wem? oder wieso?, sondern einfach nur: »Wieso sollte ich?«
»Weil ich deine Schwester bin.«
Er tut so, als würde er kurz darüber nachdenken und schüttelt dann den Kopf. »Nicht überzeugt.«
»Weil ich so ein toller Mensch bin und du mich tief in dir drinnen, hinter dem ganzen Gift und Ego doch liebst?«, starte ich einen zweiten Versuch.
Er wirft mir einen abschätzigen Blick zu und sagt dann: »Das kannst du besser, Eve.«
Frustriert seufze ich auf: »Na schön. Was willst du dafür?«
Er zuckt mit den Schultern. »Auf jeden Fall mehr als das, was du mir gerade anbietest.« Er legt sein Handy zur Seite und mustert mich abwartend. »Mach mir ein Angebot, das ich nicht abschlagen kann.«
Giftkröte, denke ich verbittert. Dann überlege ich aber doch. »Ich mache den Abwasch morgen Abend für dich.«
Er denkt kurz nach und schüttelt dann den Kopf. »Reicht mir nicht.«
»Übermorgen auch?«
Kopfschütteln.
»Die ganze Woche. Das ist mein letztes Angebot.«
Wieder ein Kopfschütteln.
»Okay okay, die ganze Woche und ich putze auch das nächste Mal das Bad für dich, wenn du dran bist.«
Ein diabolisches Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus und endlich nickt er. Dann greift er nach seinem Handy.
Als Jonah endlich mit der verdammten Nummer rausrückt, speichere ich sie hastig in mein Handy ein und schaue auf WhatsApp nach, ob er mich wirklich nicht verarscht hat, aber da sehe ich auch schon Nates Gesicht auf meinem Handybildschirm auftauchen und ich spüre ein seltsames Kribbeln im Bauch. Im selben Moment bemerke ich Jonahs neugierigen Blick auf mir liegen.
»Ich will die Nummer nur, weil ich ihn etwas fragen will«, sage ich schnell.
»Mir egal.« Jonah lässt sich seufzend zurück auf sein Bett fallen und spielt an seinem Handy herum, während er demonstrativ genervt auf seinem Kaugummi herumkaut und mich ignoriert.
»Wirklich«, beteuere ich. »Ich will nichts von ihm. Ich finde ihn nicht einmal attraktiv. Er ist überhaupt nicht mein Typ. Ab-so-lut nicht. Niemals. Nicht einmal, wenn er der letzte Kerl auf Erden wäre.«
»Okay.« Er lässt die Kaugummiblase in seinem Mund platzen und beachtet mich immer noch nicht.
»Ich meine, er hat schöne Augen, das muss man ihm lassen. Und seine Grübchen? Wow. Er lächelt leider viel zu selten, deshalb bemerkt man sie erst, wenn man wirklich hinschaut. Echt schade, dabei sieht er so toll aus, wenn er mal lächelt.« Ich unterbreche meinen Redeschwall, um kurz Luft zu holen. »Und seine Hände sind auch wirklich schön. Aber vielleicht kommt das vom Boxen? Nein, das ergibt gar keinen Sinn. Müssten die Hände dadurch nicht eher kaputt gehen? Egal, auf jeden Fall, wo war ich? Genau, er ist überhaupt nicht mein Typ.«
»Mmh.« Ich warte auf eine weitere Reaktion, aber Jonah tippt einfach mur auf seinem Handy herum, ohne mich anzusehen.
»Verdammt, dann glaub mir halt nicht!«, zische ich, verlasse laut stampfend sein Zimmer und knalle die Tür hinter mir zu.
Kurze Zeit später liege ich in meinem Bett und starre Nates Profilbild an. Es ist ein Foto von ihm, auf dem er lächelt. Ich fahre mit dem Finger über sein strahlendes Gesicht, über die Grübchen und die in der Mitte geteilte Augenbraue. Das Foto muss im Sommer entstanden sein. Seine Haut ist dunkler als gewöhnlich. Eine Bräune, die man im Sommerurlaub bekommt.
Mein Finger schwebt über der Tastatur, will etwas schreiben, aber mein Kopf weiß einfach nicht was. Schließlich schreibe ich das wohl Dümmste, das ich hätte schreiben können: Du kannst also doch lächeln.
Und als wäre das nicht schon dumm genug, schicke ich eine zweite idiotische Nachricht hinterher: PS: Ich bin keine Stalkerin.
Gerade als ich das Handy wieder weglegen will, klingelt es und zeigt mir eine neue Nachricht an. Obwohl es mich nicht überraschen sollte, bleibt mein Herz dennoch stehen, als ich den Namen sehe. Er hat nicht einmal zwei Minuten gewartet, bevor er mir geantwortet hat.
Nate: Dann bin ich ja beruhigt.
Er fragt nicht einmal, wer ich bin. Ich schnaube und tippe hastig eine Antwort.
Eve: Wirklich nicht!
Nate: Und die Nummer ist dir zugeflogen?
Eve: Jonah wollte sie mir unbedingt geben. Für Notfälle.
Nate: Tatsächlich? Was denn für Notfälle?
Eve: Notfälle eben. Du weißt schon.
Nate: Seltsam. Jonah hat mir eben was ganz anderes geschrieben.Ich schreie und klopfe mit der Faust gegen die Wand, die an Jonahs Zimmer grenzt: »Jonah, du Arsch! Ich hasse dich! Ich hoffe ein Stinktier greift dich Morgen früh auf dem Schulweg an!«
Aber als Antwort kommt nur ein lautes Lachen aus seinem Zimmer.
Eve: Glaub ihm nicht! Er ist ein notorischer Lügner!
Statt auf meinen Kommentar einzugehen, kommt als Antwort eine Frage, die ich nicht erwartet hätte: Hast du noch Schmerzen?
Nachdem ich ein paar Sekunden zögere und überrascht auf mein Display starre, tippe ich eine Antwort.
Eine gute halbe Stunde später schreibe ich immer noch mit Nate. Ich liege im Bett in meinem dunklen Zimmer und grinse breit, während ich gerade eine Antwort tippe, als mein Handy eine weitere Nachricht anzeigt. Eine Nachricht, die nicht von Nate ist. Mein Blick huscht nach oben zur eingeblendeten Nachricht und als ich Rhys' Namen lese, rutscht mir das Herz augenblicklich in die Hose.
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern oder überhaupt meine Antwort abzuschicken, verlasse ich den Chat mit Nate und gehe auf den von Rhys.
Rhys: So spät noch wach? ;)
Wenn ich vorher noch kein schlechtes Gewissen hatte, dann ist es spätestens jetzt soweit. Ich starre die Worte wie hypnotisiert an und schlucke, doch dann schüttele ich den Kopf. Wieso solltest du ein schlechtes Gewissen haben? Du hast nur mit Nate geschrieben. Über harmlose Dinge. Du hast nichts falsch gemacht, flüstert eine Stimme in meinem Kopf, aber gerade als ich beruhigt ausatme, taucht eine zweite Stimme auf, die mir absolut gar nicht gefällt: Vielleicht ist Schuld nicht immer mit Taten verbunden. Auch Gefühle können Schuldgefühle hervorrufen.
Aber bevor diese Stimme mir noch weiter ins Gewissen reden kann, schiebe ich sie weg. Gefühle, pff. Ich kenne Nate kaum, wie kann ich da jegliche Gefühle für ihn haben? Und außerdem liebe ich Rhys. Liebe Liebe Liebe. Rhys Rhys Rhys. Ich kneife fest die Augen zusammen und wiederhole die Worte in meinem Kopf wie ein Mantra.
Als ich mich wieder beruhigt habe und meine fiesen Gedanken verstummen, antworte ich Rhys, dass ich noch mit Elliot und Mira schreiben würde. Ich fühle mich schrecklich dabei, ihn anzulügen, aber die beiden sind vermutlich die einzigen Menschen, auf die Rhys jetzt nicht eifersüchtig wäre, was ich auch nur der Tatsache zu verdanken habe, dass Mira ein Mädchen ist und seit unserer Schulzeit bereits in ein und denselben Typen verliebt ist und Elliot einen Freund hat, mit dem er bereits seit zwei Jahren eine feste Beziehung führt.
Rhys ist ein sehr eifersüchtiger Mensch. Das war er schon immer und egal, wie oft ich ihm auch versichert habe, dass er sich keine Sorgen machen muss, sobald ein Junge mich nur länger als drei Sekunden ansieht, drehen bei ihm die Sicherungen durch. Ein Grund, weshalb ich darauf achten muss, was ich ihm Gegenüber tue oder sage.
Ich stelle mein Handy auf stumm, lege es mit dem Display nach unten auf meinen Nachschrank und lege mich schlafen. Eine halbe Stunde lang wälze ich mich unruhig hin und her, bis ich endlich in einen traumlosen Schlaf falle.
DU LIEST GERADE
Kickass [PAUSIERT]
Любовные романыDas Buch kann unabhängig von ,,Badass" gelesen werden! © stylesti