Keksmädchen - J.Hs

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Wörter: 4.733
Zeichen: 24.469
Absätze: 39
erstellt: 9.6.2018

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„Was soll das schon werden." Murmelte ich bevor ich mein Handy achtlos auf den Tisch warf und meine halb volle Tasse Kaffee zum Mund führte. Im Augenwinkel starrte ich auf den Keks der den Untertassenrand zierte – Spekulatius in Schneemannform. Ich musste seufzen. Für gewöhnlich sollte die Frau später als der Mann erscheinen, aber ich Depp musste ja wieder komplett durchdrehen und zwei Bahnen früher, als ich sie gebraucht hätte nehmen. Jetzt saß ich hier also schon fast eine halbe Stunde - wie bestellt und nicht abgeholt, gebannt auf die gläserne Eingangstür starrend. Einhundertprozentiger Overkill. Zu früh, zu viel an meinen Haaren rumfrisiert und allgemein zu viel investierte Zeit für eine Person, von der ich nicht mal wusste, ob sie es wert ist.

„Was los, Süße? Macht dich das Wetter fertig?" stupste mich eine bekannte tiefe Frauenstimme von der Seite an. „Lana, hey." Ich zwang mir ein Lächeln raus. „Nein, das ist es nicht, ich mag den Winter. Ich hab nur dumme Freunde," erklärte ich ihr. „Wieder ein arrangiertes Blinddate?" hakte sie nach. „Korrekt," ich seufzte, bestimmt schon das achte Mal heute, „Ich bin echt auf alles gefasst. Diesmal ein Typ von Josie. Sie kennt ihn von der Hochschule." „Na dann viel Erfolg. Besser als der letzte wird er allemal sein. Der war ja unausstehlich. Und vorletzte erinnerte mich irgendwie an den Mops meiner Tante." Ihr Vergleich ließ mich ein bisschen kichern. „Gib ihm ‚ne Chance!" Während sie entschuldigt davon tänzelte hielt sie mir mit der freien Hand einen Daumen nach oben entgegen, die andere balancierte ein Tablett mit Geschirr und Flaschen. „Ich versuch's," sagte ich in meinen Rollkragenpulli, dessen Wärme ich mir bis über die Lippen gezogen hatte. Ein bisschen kühlte mich die Nervosität jedoch immer noch von Innen, denn wie gesagt, ich hatte keine Ahnung wie der Typ aussieht, noch wie er heißt oder was er mag. Als ich gerade einen Bissen vom Keks nehmen wollte, brummte mein Handy auf und die Bildschirmpixel strahlten eine unbekannte Nummer auf den Screen.

Hey- ich glaube ich hab's gefunden.
Café Krümel, richtig?

Ja richtig, komm rein. Grüner Pulli hinten im Eck.
Ich hab mir schon was bestellt, war zu früh.

Während ich auf ein weiteres Zeichen wartete, überlegte ich mir von der Rolle, die ich heute spielen würde bis zu einem Notfallplan alle möglichen Szenarien, die sich abspielen könnten. Falls es unglücklich läuft sage ich, dass ich später noch Training hätte oder täusche einfach einen Anfall vor, das hat letztes Mal auch super geklappt. Statt WhatsApp war der nächste Nachrichtenton das hochtönige Klingeln des Windspiels an der Café Tür, das durch den Raum hallte. Ein Mann mit schwarzer Mütze und fluffigem Schal trat hindurch und schloss diese schnell wieder. „Guten Tag!" Grüßte er durch den dicken Stoff in Richtung der Thekenbesetzung. Man hörte, dass er lächelte, aber viel von seinem Gesicht konnte man nicht sehen. Angestrengt suchte ich nach seinen Augen und nickte ihm kurz zu als ich dachte, er hätte mich entdeckt.

Ich beobachtete ihn, wie er sich an der kleinen Garderobe neben der Tür von seinen Winterklamotten befreite und seine kirschroten Wellen unter der Mütze herausfielen. Bevor er sich wieder in meine Richtung drehte, strich er einzelne elektrisch aufgeladenen Strähnen mithilfe seiner Scheibenreflexion zurecht und stopfte seinen Schal in einen Ärmel seiner aufgehängten Jacke. Rot, hm? Nicht gerade meine Farbe, eigentlich mag ich schwarze Haare. Er trug eine schwarze Hose mit ebenso schwarzem Gürtel und Converse, darüber einen weißen Pulli. Relativ schlicht eigentlich, aber es sah alles sehr harmonisch aus. Elegant drehte er sich über seine rechten Hacke und schritt mir auf die sympathischste Weise überhaupt entgegen – als hätte er das zu Hause geübt. „Hey," lächelte er mir freundlich entgegen

„Hey." Antwortete ich knapp, aber ebenso mit einem Lächeln. Jetzt erst fiel mir auf, dass seine tiefbraunen Augen ein bisschen mandelförmiger waren, als die Sonstigen, in die ich täglich blickte. Stumm schob ich ihm die Getränkekarte rüber, welche er mit Dankbarkeit entgegen nahm. „Kannst du mir was hiervon empfehlen?" fragte er nach einer Weile mit einem leichten Akzent und deutete auf die Kaffee Karte. Ich schob meinen Stuhl ein bisschen näher an ihn ran um die kleinen Buchstaben erkennen zu können. Er hat schon mal ein echt gutes Parfüm gewählt. „Kommt darauf an," mit einem Finger nachdenklich auf meine Lippen gelegt suchte ich seine Augen, doch diese waren wie auf die Karte geklebt. „Was magst du denn lieber? Süß oder eher etwas Bitteres?" stellte ich die Frage, die mir die erste Auskunft über seine Vorlieben geben würde. „Süß," legte er nach ein paar Sekunden Bedenkzeit fest und löste seinen Blick von dem kleinen Klemmbrett in seiner Hand, um ihn auf mich zu legen. „Ah, dann solltest du den Weißen Schokoladen Macchiato versuchen." Ich zeigte in die Karte. „Ich werde auch einen trinken."

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