Daydream pt.1 - J.Hs

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Wörter: 4748
Zeichen: 24.437
Absätze: 80
erstellt: 17.7.2018

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Ich musste schmunzeln, als ich den mit blauen Steinen übersäten Weg zum Fluss runter tänzelte. Endlich träumte ich wieder.
Gut gelaunt setzte ich mich auf die mit Blättern und Zweigen verzierte Bank und sah hinauf: Die Ranken der Rosen bildeten einen Bogen über mir, zwischen drin wuchsen vereinzelt Sonnenblumen und Tulpen hervor. ‚In einem Traum geht wohl alles' dachte ich mir, als ich deren Blätter streichelte. Nichts. Ein Seufzen entglitt mir. Die Sonne schien in einem warmen Rot auf mich hinab während ich mir den ein oder anderen flachen Stein zum flippen aussuchte. Der Fluss glitzerte mir heute in pink entgegen und der ganze Ort roch nach Lavendel.

„Wahrscheinlich arbeitet er noch." Seufzte ich und warf einen Stein gen Wasser. Er hüpfte dreimal über die Oberfläche, verabschiedete sich mit einem ‚plopp' und flog quietschend zum Himmel. „Wen meinst du?" fragte eine piepsige Stimme neben mir. Ich musste mich kurz umsehen, bis ich bemerkte, dass es ein siebenblättriges Kleeblatt neben meinem rechten Fuß war. „Er hat immer denselben Traum wie ich, deshalb treffen wir uns hier, wenn wir schlafen." Erklärte ich ihm. „Ich habe ihn schon öfter getroffen, aber er ist nie so lange wie ich da." Nachdem ich sicher stellte, keinen seiner Freunde zu zerquetschen, ließ ich mich neben ihm ins Gras fallen. Dort lag ich eine Weile. „Ich freue mich immer über diesen Traum." Mit der rechten Hand streichelte ich über die Wiese, jedoch fühlte ich keinen einzigen Grashalm unter ihr durchlaufen. „Ich weiß gar nicht mehr, wann das angefangen hat. Ich weiß auch gar nicht, wieso. Aber wir reden sehr viel, wenn wir uns sehen, er ist wirklich nett." Führte ich meinen Monolog weiter.
„Nett? Das ist alles, was du über mich zu sagen hast?!" Eine laute, herzliche Stimme und ein dumpfes Geräusch riss mich aus meinen Gedanken.
„Und natürlich sieht er auch extrem gut aus!" Fügte ich übertrieben betont an und gab dem Rotschopf vor mir eine lange Umarmung. „Bist du fertig mit Arbeit?" „Ja, endlich. Heute war voll anstrengend." Er faltete die Arme hinter dem Kopf zusammen und legte sich mit einem lauten Seufzer flach neben mich. „Erzählst du mir vielleicht heute, was genau du arbeitest?" Kicherte ich, wohlwissend, dass ich die Antwort nicht bekäme. „Irgendwann wirst du es ganz sicher rausfinden." Grinste er zum Himmel, die Augen geschlossen. „Ahhhhh, endlich ausruhen!"

Ich musterte ihn und hatte das Gefühl, er wäre um Einiges dünner geworden, als noch vor ein paar Wochen. „Isst du genug?" Fragte ich ihn, mich neben ihm im Gras auf den Ellenbogen gestützt.

„Ich denke schon." Ich bemerkte, wie er so tat, als würde er nachdenken.

„Das stufe ich nicht als zufriedenstellende Antwort ein."

„Ich hab einfach nicht so viel Hunger."

„Das ist aber nicht gut. Ich sollte mal für dich kochen."

„Ist das denn essbar?"

„Find's doch selbst raus, du Depp!" wir mussten lachen. Ich drückte ihm einige Steine in die Hand und wir rollten die Wiese zum Fluss runter.

Eine Weile verbrachten wir damit, einfach nur zu reden. Ich wusste zwar relativ wenig über ihn, doch schafften wir es immer, über irgendetwas zu diskutieren oder uns gegenseitig Witze zu erzählen. Mal empfahl er mir ein Buch, von dem er mir aber lediglich den Einband beschreiben konnte, mal erzählte ich ihm, was ich mir für die Zukunft wünschte. Fakten über ihn konnte ich kaum welche aufzählen. Nur, dass er ein Gesicht wie ein Engel hatte und jedes Mal, wenn er lachte, irgendwo ein Tierheimhund ein neues Zuhause fand.

Ich liebe diese Traumwelt. Wir konnten machen, was wir wollten. Egal was wir uns vorstellten, es war möglich. Ich bin auf Giraffen geritten und Heißluftballon geflogen, saß auf dem Rücken einer Taube und habe mit Blaubeeren auf Zielscheiben geschossen. Er war bis jetzt wirklich oft mit mir zusammen hier und wir haben schon so einiges erlebt. Die ganze Sache hatte immer nur einen traurigen Haken.

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