Song: The Answer von Kodaline
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In dieser Nacht träumte ich schlecht. Bilder vom Wolf vermischten sich mit denen einer grinsenden Kora, die mich Arm in Arm mit Emily in meinem Zimmer in der Anstalt besuchte, wobei Eda im Nebenzimmer schluchzte. Nur das Geschrei meines kleinen Stiefbruders konnte mich schließlich wecken, als er sich schlichtweg weigerte, das neue Paar Schuhe für den Kindergarten zu tragen.
"Aber Tommy, Jungs können auch Sandalen tragen."
"Nein!"
Und Klatsch hatte er sie durch sein Fenster befördert.
Seufzend verbarrikadierte ich mich im Bad, damit er nicht noch auf die Idee kommen würde, sich in der Dusche zu verstecken.
Mein Kopf summte, als ich das grelle Licht des Spiegels einschaltete. Ich griff nach der Zahnbürste, bevor ich feststellen musste, dass meine Mutter in der Hektik, versehentlich meine verwendet hatte.
Ich verzog das Gesicht und kramte eine Neue aus der Verpackung heraus.
Im Anschluss daran setzte ich mir meine Kontaktlinsen ein und bemerkte prompt einen weiteren Pickel auf meiner Nase, der dank meiner fleckigen Haut weniger auffiel, was mir trotzdem nur ein schwacher Trost war. Ich bereute es, mir meine Haare nicht mehr am Vortag gewaschen zu haben und musste sie nun notwendigerweise zusammenbinden. Die vorderen Strähnen lösten sich aber bei jedem Versuch und genervt steckte ich mir zwei weitere Klammern in den geblichenen Ansatz.
Ich wechselte meine Haarfarben mittlerweile häufiger, als die Monatslinsen meines Optikers.
Aktuell waren sie schneeweiß, wodurch sich ein starker Kontrast zu meinen dunkel gefärbten Augenbrauen ergab, aber ich war in meinem Gesamtbild so unauffällig, dass es eine Besserung gewesen wäre.
"Ivy, ich muss noch zur Arbeit", klopfte es an der Tür und mit einem letzten Blick auf mein verwahrlostes Ich, öffnete ich Lars die Tür.
"Bad ist frei", meinte ich nur zu meinem Stiefvater, der daraufhin sofort den Schlüssel im Schloss umdrehte.
Nachdem ich meine Jeans mit dem Ledergürtel festgestellt und einer rosé farbenen Bluse kombiniert hatte, eilte ich die Treppe runter, wobei ich unschöner Weise bemerken musste, das der BH schmerzhaft einschnitt.
Mit siebzehn hatte ich mich mit meiner zu großen Oberweite immer noch nicht abgefunden und es nervte mich, dass keine meiner B-Cup Freundininnen mein Leiden nachvollziehen konnte.
Weniger ist manchmal mehr.
"Tschüss Ivy!", brüllte Tommy aus der Küche und ich hob zum Abschied die Hand, bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof machte.Die Bahn hatte Verspätung, weshalb ich eine Viertelstunde zu spät an die Tür unseres Bioraums klopfte. Da man in der Oberstufe von keiner Antwort ausgehen durfte, riss ich sie einfach auf. Mein Zopf hatte sich auf meinem Weg gelockert, weshalb ich hastig den Gummi festerband und in die Dunkelheit des Klassenraums stolperte. Wir schauten eine Doku und mit einem schnellen Blick auf den gepolsterten Drehstuhl stellte ich die Abwesenheit Frau Kerberts fest. Trotzdem blieb es leise, was mich mehr als verwunderte, denn mein Biokurs war laut. Ich war nämlich dank meiner vier auf dem letzten Zeugnis in den schlechteren gestuft worden.
Hastig schlich ich mich durch die Reihen, wo die einzige vertraute Person der Junge aus meiner ehemaligen Grundschulklasse blieb.
"Hey", grüßte ich Yasin nur und ließ meine Tasche auf den Boden fallen.
Er winkte und schob sich sofort mit der anderen Hand seine Brille zurecht.
"Hey."
Ich wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass der türkischstämmige Junge mit dem schiefen Brillengestell seit ungefähr der dritten Klasse auf mich stand, aber ich mochte ihn, weshalb ich die Tatsache ignorierte.
Bevor ich noch Fragen zum Film stellen konnte, stupste mich schon meine Sitznachbarin von der Seite an.
Ihre Augenbrauen hatte sie sich so schräg nachgemalt, dass ihr Gesichtsausdruck immer überrascht aussah. Ihre kirschroten Lippen blitzten im Flimmern des Smartboards, als sie mir von einem neuen Schüler erzählte.
"Er sitzt da vorne", flüsterte sie augenzwinkernd, als ob es ein Geheimnis zwischen uns beiden wäre. Ich kannte nicht mal ihren Namen.
Aber Leute hatten immer den Drang gehabt, mir verschiedenste Sachen zu erzählen.
Es lag wohl an meiner Ausstrahlung.
"Wirklich?", gab ich gespielt neugierig zurück und verrenkte beinahe meinen Hals, um mich in die Richtung umzudrehen, in die ihr Kopfnicken gedeutet hatte.
Ich konnte nicht viel erkennen, außer der Silhouette eines Jungen, an dem alles zu groß geraten war.
Er hatte sich von den anderen separiert und betrachtete mit täuschend echter Aufmerksamheit den Verlauf der Evolution. Wenn der Hintergrund des Filmes wechselte konnte ich Teile seines Gesichtes erkennen, von der schmalen Nase bishin zu seinen hervorstechenden Wangenknochen, die ihn zusammen mit den großen Augen, trotz der großen Statur, jünger wirken ließen.
Ich vermutete rote Haare.
"Sein Name ist Cedric, ich rede mit ihm in der Pause. Er wirkt so schüchtern", redete das mir unbekannte Mädchen weiter.
Ich lächelte ihr aufmunternd zu:
"Lieb von dir, wahrscheinlich hilft es ihm, sich an der Schule einzufinden."
Einzufinden? Keiner redete so.
Sie schien es nicht zu stören.
"Ja, ich weiß, was er durchmacht."
Wahrscheinlich konnte ich mich deshalb nicht an ihren Namen erinnern, vielleicht war sie erst vor Kurzem dazugekommen?
Damit endete unser Gespräch.
Ich spürte Yasins prüfenden Blick auf mir ruhen.Kurz vor dem Klingeln kam Frau Kerbert zurück, um die Doku zu pausieren und die Jalousien hochzufahren. Mit eintretender Helligkeit, konnte ich die roten Haare, sowie die dazugehörigen Sommersprossen Cedrics gut erkennen. Ich packte schnell meine Sachen, um mich für den Sportunterricht in Ruhe umziehen zu können und wünschte Yasin viel Glück für die Matheklausur.
"Werd ich brauchen", meinte er nur, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass er glatt eins stand.
"Viel Spaß", verabschiedete sich meine Sitznachbarin salutierend von mir und fieberhaft versuchte ich, mich an ihren Namen zu erinnern.
Ich grinste nur zurück, schmiss meinen ungeöffneten Hefter zurück in meine Tasche und wollte gerade aufstehen, als ich Jemanden versehentlich anrempelte.
Erschrocken fuhr mein Kopf hoch und nur dank eines schnellen Reflexes konnte Cedric mein Handy auffangen, bevor es auf den Boden aufgekommen wäre.
"Oh Gott, dankeschön", sagte ich, als ich es ihm praktisch aus der Hand riss.
"Kein Ding", erwiderte er nur leise und vom Nahen konnte ich das grau seiner Augen erkennen. Er wirkte verlegen und ich erinnerte mich daran, dass er schüchtern sein sollte.
"Hey, ähm, das ist dein erster Tag hier?", startete ich deshalb einen lahmen Versuch, während ich meinen Stuhl hochstellte.
Er nickte schwach und strich sich durch das Haar. Ich erinnerte mich an das kalte Gefühl seiner blassen Hand auf meiner und plötzlich wurde das Schweigen länger.
"Weißt du, wo du jetzt hin musst?", fragte ich nur und er nickte abermals.
"Mathe bei Herr Reimann", gab er deshalb zurück und deutete auf die Raumzahl seines Stundenplans.
Nervös stellte ich fest, dass wir die letzten im Raum waren.
"Und wie ist der erste Tag?", bemüht euphorisch betonte ich jedes Wort wie eine Schwachsinnige.
Er lachte. Na toll.
"Ganz okay, schätze ich mal. Es waren ja erst zwei Stunden."
"Naja, eigentlich kein richtiger Biounterricht."
"Die Doku hat mehr geholfen, als der Unterricht an meiner alten Schule."
"Wo warst du vorher?"
"Irland."
"Oh. Wow, bist du ursprünglich aus Irland?"
Der Smalltalk hielt solange an, bis ich Cedric zu seinem Raum geführt hatte, wobei er mir mehr über seine Familie erzählt hatte, wegen der er hauptsächlich wieder umgezogen war. "Geboren bin ich in Deutschland und mit vier war ich dann in Irland, weil ich dort zu meiner Tante gezogen bin."
Ich wollte nicht fragen, warum, weil ich etwas Ernsteres dahinter vermutete, deshalb ließ ich es bleiben.
Gerade wollte ich etwas sagen, als ich Eda durch den Gang laufen sah. Ihre schwarzen Locken hingen ihr wirr im Gesicht und sie trug dieselbe Jeans, die sie auch schon vorgestern getragen hatte. Kurz gesagt: Sie sah aus wie das klassische Opfer in einer Beziehungskriese.
Ich winkte ihr zu und sie sah auf. Ihr Mund verzog sich zu einem halben Lächeln und sie schob sich stur durch das Meer von Siebtklässlern.
Aber auf halbem Weg blieb sie plötzlich stehen. Und... hob ihre Nase? Verwirrt starrte ich sie an und beobachtete ihre Witterungsversuche.
Ich wandte mich an Cedric, damit ich ihm Eda zeigen konnte, aber er war komplett erstarrt. Seine Augen wurden ganz groß, als er erschrocken meine Freundin fokussierte.
"Ich- muss kurz weg", murmelte er nur und verschwand in Richtung Schülerklo.
Perplex schaute ich ihm hinterher und überlegte, was ich wohl Falsches gesagt hatte.
"Wer war das?", fauchte auf einmal eine aufgebrachte Eda in mein Ohr, sodass ich überrascht zusammenzuckte.
Wie hatte sie es so schnell herüber geschafft?
"Wer? Cedric?", fragte ich immer noch durcheinander.
"Ist das sein Name?"
"Wenn du Cedric meinst, dann-", fing ich scherzhaft an, aber meine Freundin unterbrach mich.
"Hör auf, ich meine es ernst", antwortete sie kopfschüttelnd, die Augen zusammengekniffen.
"Ja, ich auch!", gab ich verletzt zurück:
"Was ist bloß los mit euch? Mit dir?"
Eda seufzte nur und massierte sich erschöpft die Schläfen.
"Lass uns heute bei mir darüber reden", schlug sie vor.
Ich hob die Augenbraue."Halt dich ... Halt dich einfach fern von diesem Typen, okay?"
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Ich weiß, diesmal weniger spannend.
Aber es wird noch besser, versprochen ♡
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The Captured Mate
Werewolf》Lιεβε mιςh dαηη, ωεηη ιςh εs αm ωεηιgsτεη νεrdιεητ hαβε, dεηη dαηη βrαυςhε ιςh εs αm mειsτεη《 Als Ivy die Wahrheit über ihre Freunde erfährt, hätte sie nicht gedacht, sofort in deren Welt hineingezogen zu werden. Bis sie als menschliche Geisel vom...