Kapitel 1

251 18 0
                                    

"Señora Smith?"

Schnell deutet mir Mamá mithilfe einer Handbewegung an den Fernseher stumm zu stellen.
"Ja, mit wem spreche ich?"

"Hier ist das örtliche Polizeiamt. Es tut mir leid Ihnen das mitteilen zu müssen, aber Señor Smith wurde soeben leblos in seinem Büro aufgefunden"

"Señora Smith? Sind sie noch da? Señora?"

Sie steht dort wie versteinert. Ihr Mund hat sich von dem mir so bekannten Lächeln zu einer schmalen Linie verzogen. Das Telefon, welches sie sich gerade noch ans Ohr hielt, hat sie regungslos zu Boden fallen lassen. Nun ist nur das Tuten des aufgelegten Anrufs zu hören.

"Mamá? Was ist passiert?"

Doch sie antwortet mir nicht. Es scheint, als würde sie alles um sich herum ausblenden, als sie mit noch immer steifen Schritten wieder zu mir kommt und neben mir auf dem Sofa Platz nimmt. Ich habe das Gefühl für einen kurzen Moment Tränen in ihren Augen erkennen zu können, doch das kann nicht sein. So lange ich denken kann, habe ich sie noch nie weinen sehen, nie.

"Geht es dir gut?"

"Es wird dich zerstören" Ihre Stimme zittert.

"Was wird mich zerstören?"

"Dein Papá ist gestorben Ámbar"

"Eilmeldung. Der erfolgreichste Unternehmer Argentiniens ist gestorben. Señor Miguel Smith wurde heute vor zwei Wochen um 19:25 Uhr Ortszeit leblos in seinem Büro in der Straße Riobamba nahe der Bundesbehörde aufgefunden. Die örtliche Polizei geht von Mord aus. Momentan laufen die Ermittlungen, wer den vermögensten Mann Argentiniens ermordet hat"

Verzweifelt streiche ich mir die Haare aus meinem tränenüberströmten Gesicht. Auch nach zwei Wochen fasse ich immer noch nicht, dass das hier gerade wirklich passiert.

"Bist du noch nicht fertig? Wir kommen noch zu spät zur Beerdigung"

Vorsichtig fängt Mamá an meine Haare, so wie sie es bereits mit ihren gemacht hatte, hochzustecken.

"Ámbar glaub mir, ich weiß, dass es sehr schwer ist, aber wir müssen stark sein"

"Was machen wir ohne Papá?"

Kurz stockt sie in ihrer Bewegung, beugt sich dann aber zu mir runter.

"Schau mich an" Sanft legt sie ihre Hände an meine Wangen und versucht ihr bestes sich ein kurzes Lächeln abzuringen.

"Wir werden gemeinsam nach Vorne blicken und weitermachen. Du wirst mich nicht alleine lassen und genauso wenig werde ich dich alleine lassen. Wir müssen stärker zusammenhalten denn je"

"Ich werde ihn sehr vermissen Mamá"

"Wir müssen stark sein Ámbar. Zusammen können wir das, ja?"

Nun versuche auch ich meine Lippen zu einem Lächeln zu formen, während ich nur stumm nicke. Würde ich reden, würde es nicht bei der einzelnen Träne bleiben, die gerade meine Wange herunterläuft.

"Die Entdeckung des von Miguel Smiths Leichnahm bewegte uns alle. Heute haben sich viele seiner Freunde, Arbeitskollegen und Familie zusammengefunden, um sich von dem erfolgreichsten und geliebtesten Unternehmer Argentiniens zu verabschieden"

Ich hasse die Presse. Seit ich denken kann, ist überall ein Pressemitarbeiter, der von jedem Schritt, den meine Eltern in der Öffentlichkeit machen, berichtet. Natürlich selbst heute. Ich könnte Sie schlagen, wenn sie ihre Kameras ständig auf Papás Sarg schwenken.

Es heißt dann 'Er ist hübsch geschmückt' oder 'Selbst an seinem Sarg erkennt man sein Vermögen'. Um die Person im Inneren oder für die Tatsache, dass sie gerade mehr als nur fehl am Platz sind, interessiert sich niemand von ihnen.

Kurz fällt mein Blick ein letztes Mal zu Papás Sarg, bevor ich mich nach vorne ans Pult begebe und so gefasst wie möglich die Worte über meine Lippen bringe, an denen ich die letzten Wochen pausenlos geschrieben habe.

"Danke, dass ihr alle gekommen seid. Viele von euch kannten Miguel Smith. Er war der fleißigste Arbeiter, der beste Freund, der beste Ehemann und vor allem der beste Papá. Ich weiß, warum so viele Leute gekommen sind; weil ihn so viele Menschen geliebt haben und ich weiß, dass wo auch immer er gerade ist, er sich sehr freut, dass so viele Menschen gerade bei ihm sind. Menschen, die er von ganzem Herzen liebte und sie ihn. Danke, dass ihr hier seid und uns unterstützt"


Sharon und Miguel, könntet ihr euch das vorstellen? 😅
Das war jedenfalls das erste Kapitel. Wie fandet ihr es? Feedback sehe ich natürlich immer gerne 😊

Solos ~ SimbarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt