Kapitel 13

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Mein Vater steht vor mir und obwohl ich ihn seit meiner Geburt kenne und mittlerweile eigentlich einschätzen können müsste, kann ich das nicht. Er wäre zu allem fähig.

Seine schwere Atmung und seine unberechenbaren Augen wecken Angst in mir. Nicht Angst um mein Leben, aber sehr wohl Angst um Ámbars Leben. Ich weiß wozu mein Vater in der Lage ist. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich auf diese Weise rächt.

"Wo - ist - Ámbar?" sagt er so ruhig, dass es schon wieder gefährlich ist.

"Ich weiß es nicht" versuche ich mich aus der Situation zu retten. Dass mein Vater mir das nicht abkauft ist ihm offensichtlich anzusehen. Man kann ihn als so einiges bezeichnen, aber dumm ist er leider nicht.

"Wo - ist - Ámbar?" wiederholt er mit den gleichen gefährlichen Pausen in der gleichen Tonlage.

"Ist sie nicht da? Falls nicht, dann weiß ich nicht wo sie ist"

"Du denkst also ich bin blöd hm?"

"Das habe ich nich-"

"Oh doch, du denkst ich würde nicht durchschauen, was du hier treibst"

"Aber ich-" setze ich an, werde jedoch wieder unterbrochen.

"Du bist mein Sohn. Denkst du nicht ich durchschaue die Spielchen, die du dir von mir abgeguckt hast? Oh du musst noch viel lernen Simón"

"Wie oft denn noch? Ich - weiß - nicht - wo - Ámbar - ist"

"Eins muss man dir lassen, du bist stur, gibst nicht auf, auch wenn es längst zu spät ist"

"Zu spät wofür?"

"Das wirst du noch sehen. Und? Wo hast du sie hingebracht?"

"Nirgends"

"In ihre Villa also, interessant"

"Das habe ich nicht gesagt" schaffe ich es dieses Mal meinen Satz zu beenden.

"Nein, aber du hast es mir gerade bestätigt, Sohn"

Er lächelt mir zufrieden zu und setzt an mein Zimmer wieder zu verlassen, bleibt jedoch in der Tür stehen und dreht sich erneut zu mir um.

"Danke" sagt er mit noch immer dem selben Lächeln, bevor er die Tür entgültig schließt und ich höre, dass seine Schritte sich entfernen.

'Danke' kann so gut wie alles bedeuten. Jedoch so gut wie alles negative. Danke, dass du mir meine Beute auf dem Silbertablett präsentierst. Danke, dass du meinen Plan erleichtert hast. Danke, dass du so dumm warst mitzuspielen.

Mein Vater ist Choleriker. Ich hätte damit gerechnet, dass er vor Wut ausbricht, dass er Gegenstände schmeißt, mich anschreit, vielleicht sogar handgreiflich wird. Ich hätte jedoch nie damit gerechnet, dass er ruhig redet. Das hat er noch nie und es macht die ganze Sache noch unberechenbarer, als sie sowieso schon war. Eins ist mir allerdings bewusst. Ámbar ist in ernsthafter Gefahr und ich muss sie davor bewahren. Koste es, was es wolle.

Da mir nichts anderes übrig bleibt, als das ganze selbst in die Hand zu nehmen und ich meinem Vater um alles in der Welt zuvorkommen muss, schmeiße ich schnell das nötigste in eine Tasche und mache mich auf den Weg.

Ich muss Ámbar außer Gefahr bringen und ich glaube ich weiß schon wie.

▪Ámbar▪

"Also habe ich ihn gefragt, warum er mich angelogen hat und ihn gefragt, ob wir es im Roller besprechen können" Ich mache eine kurze Pause, um mir die Tränen wegzuwischen, bevor ich fortfahre und meiner Cousine die letzten Geschehnisse schildere.

Solos ~ SimbarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt