Still folgte ich Clara durch die langen verwinkelten Gänge des Heims und wurde das Gefühl nicht los, dass es falsch war sie mit Miss Clinton alleine zu lassen. Plötzlich blieb Clara vor einer Tür stehen. "Wir sind hier. Das ist das Zimmer von May Clarkson. Du hast fünf Minuten Zeit, dann bringe ich dich zurück.", erklärte sie schnell. Sie heißt also May. Der Name passt zu ihr. Ich nickte und klopfte an. Dann öffnete ich die Tür, da ich wusste, dass sie mir kein Zeichen zum Tür öffnen geben kann. Ich trat ein und schloss hinter mir die Tür. Der Raum war sehr klein. Rechts und links stand jeweils ein Bett und ein kleiner Schrank. Das Zimmer war ziemlich dunkel und es gab nur ein kleines Fenster. Ich schaute mich um und dann sah ich sie in ihrem Bett zusammen gekauert und zitternd. Schnell lief ich ohne nachzudenken auf sie zu. Sie versteckte sich leicht unter ihrer Decke in der Hoffnung, dass man sie nicht findet. Was hat man ihr nur angetan? Vorsichtig zog ich die Decke ein wenig herunter und zum Vorschein kam ihr Gesicht mit Tränen gefüllten Augen. "May.", flüsterte ich, damit sie mich anschaut, denn sie drückte ihre Augen ängstlich zu. Sofort öffnete sie ihre Augen schlagartig und schaute mich verwirrt an. "Hey.", murmelte ich und versuchte sie beruhigend an zu lächeln, obwohl ich innerlich vor Wut kochte. Was haben sie ihr nur getan? Ich machte mir Vorwürfe, dass ich sie nicht mitgenommen hatte ins Büro. "Wir werden dich adoptieren. Sie kommt morgen zu uns und macht einen Hausbesuch und Robin will gleich noch zur Bank, damit sie ein Gutachten erstellen können.", erklärte ich ihr und auf ihrem Gesicht bildete sich ein leichtes Lächeln. Plötzlich klopfte es an der Tür. "Die fünf Minuten sind um.", hörte man Clara von vor der Tür rufen. Ich schaute traurig zu May. Ich will sie nicht allein lassen. "Tut mir leid, aber ich muss schon gehen. Wir kommen dich bald abholen.", sagte ich und lächelte sie noch einmal an, bevor ich aufstand. Doch wurde ich zurück gezogen. Sie hatte meinen Arm gegriffen. Ängstlich und flehend sah sie mich an. "Komm morgen zum Friedhof.", sagte ich zu ihr und sie nickte mir zu. Ich lächelte sie an und lief dann zur Tür. Zaghaft winkte sie mir zum Abschied. Ich erwiderte es und lief zu Clara hinaus, die mich schnurstracks zurück zu meinen Eltern brachte, die vor dem Büro von Miss Clinton auf mich warteten. Meine Mum lächelte mich an und Robin ergriff sofort das Wort: "Wenn wir noch zur Bank wollen, müssen wir uns beeilen." Gesagt, getan, saßen wir im Auto auf dem Weg in die Innenstadt. Mir ging währenddessen ihr Bild nicht mehr aus dem Kopf. Sie war so ängstlich, so hilflos und wie sie geweint hat. Ich wette, man hatte sie dafür bestraft, dass sie weg gelaufen war. Jetzt blieb nur die Frage, wie sie die Kinder dort bestrafen? Man hatte mir erzählt, dass sie dort auch Gewalt verwenden, aber das will ich einfach nicht glauben. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie sie sie schlagen oder sie verletzen. Schon wieder bildete sich Wut in mir und ich begann meine Hände zu kneten, um mich abzulenken. "Ist alles okay, Liebling?", fragte Mum besorgt, die durch den Rückspiegel zu mir sah. "May hat bitterlich geweint, als ich bei ihr war.", erzählte ich traurig. Mum nickte, weil sie verstand, worauf ich hinaus wollte. "Robin, glaubst du, dass sie dort wirklich Gewalt anwenden?", fragte Mum ihren Mann. "Ich hoffe nicht, aber meistens ist an Gerüchten etwas Wahres dran.", murmelte er in Gedanken. Wir kamen an und Robin fand zum Glück schnell eine freie Parklücke. Es dauerte nicht lange, da saßen wir mit Robins Berater an einem Tisch und sprachen über das Gutachten. Wir hatten Glück, dass er noch in der Bank war und gerade Zeit für uns hatte. Es stellte sich schnell heraus, dass dieses Gutachten schnell erledigt sein würde und er es spätestens übermorgen zum Abholen fertig hätte. Zudem bestätigte er uns, dass er finanziell keine Probleme für eine Adoption sehen würde. Es machte mich glücklich, dass wir das schnell über die Bühne bringen können.
Abends lag ich noch lange wach. Mum hatte das Gästezimmer zusammen mit Gemma geputzt und aufgeräumt. Morgen würde ich Mum helfen den Rest der Wohnung zu putzen. Robin war noch in der Stadtbibliothek und hatte sich noch weiter über Adoption informiert. Zudem hatte er drei Bücher ausgeliehen, die er zu Hause sofort zu lesen begann. Ich hoffe, dass der Hausbesuch erfolgreich sein wird und außerdem hoffe ich, dass sie morgen zur gewohnten Zeit am Friedhof sein wird. Meine Gedanken wollten nicht aufhören um sie zu kreisen, so dass ich erst sehr spät einen ruhigen Schlaf fand.
DU LIEST GERADE
Sometimes you don't need words...
FanfictionSometimes you don't need words... Ich bin stumm seit meiner Geburt. Meine Eltern sind vor zwei Jahren verstorben. Alle sehen mich komisch an. Keiner akzeptiert mich. Im Heim beleidigen sie mich. Alles spricht für ein sehr trauriges Leben und so war...