Adoption

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Pünktlich kam ich im Heim an und beeilte mich in mein Zimmer zu gelangen. Innerlich hoffte ich so sehr, dass Miss Clintons Hausbesuch erfolgreich ist. Ich wollte hier einfach endlich raus. Dieses Heim fühlte sich an wie ein Gefängnis. Ich wünsche mir so sehr, dass Harry morgen in mein Zimmer kommt und sagt, dass ich mitkommen kann. Leise öffnete ich die Tür zu meinem Zimmer und fand es leer vor. Wie immer war Maggie nicht da. Ich atmete erleichtert aus und lief zu meinem Schrank. Unter meiner Kleidung konnte ich den Boden des Schranks lösen, da die Schrauben locker waren, sodass ich Zugriff zu meinem Geheimversteck hatte. Es war der Hohlraum zwischen Boden und Schrank, wo ich meine wichtigsten Dinge aufbewahrte. Vielleicht habe ich morgen schon die Möglichkeit alles einzupacken. Ich nahm meinen kleinen Zeichenblock heraus und meinen Bleistift. Ein Lächeln formte sich auf meinem Gesicht. Wenn ich dieser Welt einmal entkommen wollte, dann gelang es mir immer in dem ich zeichnete. Ohne zu überlegen blätterte ich eine freie Seite auf und begann die ersten Striche zu zeichnen. Gedankenverloren saß ich bestimmt ein zwei Stunden vor meinem Schrank und zeichnete bis ich plötzlich Schritte auf dem Gang hörte. Schnell räumte ich alles zurück und schloss meinen Schrank. Ich hüpfte auf mein Bett. Doch das bereute ich schon im nächsten Moment, da es fürchterlich durch meinen Rücken zog. Ein Klopfen erklang und kurz darauf erschien Miss Clinton in der Tür. "Der Hausbesuch ist positiv ausgefallen, aber freue dich nicht zu früh. Ich habe ihnen nahe gelegt sich ein anderes Kind auszusuchen.", sagte sie ernst und verschwand sogleich wieder. Traurig schaute ich auf mein Bett. Würden Sie wirklich ein anderes Kind aussuchen? Verzweifelt sammelten sich Tränen in meinen Augen. Das ist meine Chance hier heraus zu kommen, sie darf es mir nicht kaputt machen. Die ersten Tränen liefen meine Wangen hinunter, als sich die Tür vom Zimmer erneut öffnete. Es war Maggie, die mich nur etwas verwirrt musterte. "Heule nicht herum, das macht es auch nicht besser.", meinte sie, schlug die Tür hinter sich zu und legte sich auf ihr Bett. Ich hatte das Bedürfnis mich ihr anzuvertrauen, aber ich wusste, dass es nicht geht und dass es sie auch nicht interessieren würde. Also legte ich mich auch auf mein Bett und starrte zur Decke empor.

...

Heute war ich früh aufgestanden und mit Robin zur Bank gefahren. Das Gutachten hatten wir im Gepäck und waren nun mit Mum zusammen auf dem Weg zum Heim. Ich war nervös, obwohl nichts mehr gegen eine Adoption sprechen würde, denn das Gutachten war wie erwartet positiv ausgefallen. Wir hielten vor dem Heim und stiegen aus. Ich hatte immer gedacht, das solche Einrichtungen fröhlicher aussehen und etwas für die Kinder tun, die sie beheimaten, doch hier wurde ich deutlich eines besseren belehrt. Wir klingelten und ein junger Mann öffnete die Tür. "Wie kann ich Ihnen helfen?", fragte er neugierig. "Wir haben einen Termin bei Miss Clinton.", sagte Robin höflich. Der Mann ließ uns herein und brachte uns zu dem bekannten Büro. Im Gegensatz zu Clara ließ er uns hier nicht allein, sondern lehnte sich an den Schreibtisch. Er hatte auffallend viele Ähnlichkeiten mit Miss Clinton. Ob es ihr Sohn ist? Seine Gesichtszüge waren genauso streng wie die ihren. Plötzlich öffnete sich die Tür und Miss Clinton kam herein stolziert. "Hallo Familie McCarthy, ich habe Sie schon erwartet.", sagte sie falsch lächelnd und setzte sich an ihren Schreibtisch. "Wir haben das finanzielle Gutachten.", sagte Robin und überreichte es ihr. Schnell öffnete sie den Briefumschlag und holte es heraus. Sie schien es zu überfliegen, während mich der junge Mann musterte. "Jetzt steht einer Adoption nichts mehr im Wege.", sagte Miss Clinton und lächelte uns an. "Das ist schön.", sagte Mum sichtlich erleichtert und auch Robin atmete auf. Ich hatte nicht erwartet, dass sie genauso angespannt waren wie ich. "Ich werde jetzt das Formular ausfüllen und sie können meinem Sohn Josef Clinton folgen.", meinte sie schnell und holte einen Stift heraus. Etwas verwirrt standen wir auf und liefen ihrem Sohn hinterher. Er brachte uns in eine große Halle, wo sich scheinbar alle Kinder des Heims aufgestellt hatten in einer Reihe. "Das sind alles unsere Kinder. Schauen Sie sich um.", forderte er uns auf. Was sollte das? Wir wussten doch schon, welches Kind wir adoptieren wollten und was ist das hier für eine zur Schaustellung der Kinder. Sie sind doch keine Gegenstände, die man einfach kaufen kann. Ich schaute mich um und fand May nicht. Ich richtete mich an den Mann. "Entschuldigung, aber wir wissen bereits, wen wir adoptieren wollen.", sagte ich ernst und versuchte trotzdem höflich zu bleiben. "Stimmt.", warf Robin ein. Josef Clinton nickte und brachte uns zurück in das Büro von Miss Clinton. Sie lächelte uns erneut falsch an. Ich mochte sie von Anfang an nicht und mittlerweile war ich schon richtig wütend auf sie. Was sollte diese ganze Show? Was sollte es bewirken? Wir setzten uns wieder und schauten sie an. "So, ich muss nun von Ihnen wissen, welches Kind sie adoptieren wollen.", sagte sie schnell. "May Clarkson.", sagte meine Mum freundlich. Miss Clintons Lächeln verschwand für einen Augenblick, doch dann schien sie sich wieder zu fangen. "Sind Sie sich sicher?", fragte sie erneut. Robin bestätigte es erneut. Miss Clinton seufzte leise und drehte das Formular um. Sie erklärte Mum und Robin, was sie alles eingetragen hat und sie fügte Mays Daten noch hinzu. Nun unterschrieben Mum und Robin das Formular und bekamen die Geburtsurkunde und Mays Akte überreicht. Zudem bekamen sie auch noch die Adoptionsurkunde und einen Antrag für die Ummeldung von May. Miss Clinton schüttelte uns die Hände und wies ihren Sohn an uns zu May zu führen. Diese solle so schnell wie möglich ihre Sachen packen und mit uns kommen. Ich war wirklich erleichtert, dass es so schnell ging und dass es so gut geklappt hatte, obwohl Miss Clinton nicht davon angetan war, dass May adoptiert wird. Wir blieben vor ihrem Zimmer stehen. "Ich hole euch in einer Viertelstunde ab, dann muss das Zimmer geräumt sein.", sagte er ernst und lief fort. Ich klopfte leise an die Tür und wartete einen Moment. Vorsichtig wurde die Tür geöffnet und May schaute ängstlich hinaus. Als sie uns sah, bildete sich ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht und ich bemerkte, wie erleichtert sie aussah. "Hallo May.", meinte ich lächelnd. "Hallo liebes, wir haben es geschafft. Du bist nun unsere Tochter.", sagte Mum glücklich und umarmte May, die die Umarmung etwas perplex erwiderte. "Willkommen in unserer Familie.", sagte Robin und reichte ihr lächelnd die Hand. "Wir haben eine Viertelstunde, um alles zu holen.", erklärte ich und lief in ihr Zimmer. Sie nickte und lief zu ihrem Schrank. Schnell öffnete sie ihn und holte ihre Kleidung heraus. Es war nicht viel. Mum wirkte etwas erschrocken. Sie hatte drei Kleider, die schon ziemlich abgetragen aussahen. Dazu besaß sie noch Strumpfhosen und Nachthemden, wobei diese teilweise löchrig waren. Unter den paar Kleidungsstücken holte sie Gemmas alte Kleidung heraus. Sie hatte sie versteckt. Plötzlich hatte May den Boden des Schranks in der Hand und griff in den Hohlraum, der nun zum Vorschein kam. Da verbarg sich eine Tasche, ein paar Münzen, ein Block und ein Stift. Sie verstaute alles in der kleinen Tasche und lief nun zum Bett. Unter der Matratze holte sie zwei weitere Blöcke hervor, die sie ebenfalls in ihre Tasche tat. Zuletzt griff sie unter ihre Bettdecke und holte einen alten braunen Teddybären heraus. Es schien ihr etwas peinlich zu sein, denn sie versuchte ihn zu verstecken und ihre Wangen wurden leicht rot. Ich begann zu schmunzeln. Sie schien wirklich süß zu sein. Sie griff nach ihrer Tasche und der Kleidung. Danach schaute sie uns erwartungsvoll an. "Ist das alles?", fragte Mum erstaunt. Sie nickte und schaute auf ihre Füße. "Okay.", sagte Mum und lächelte sie aufmunternd an. Ich nahm ihr ihre Kleidung ab, weshalb sie mich lächelnd ansah. Statt der Viertelstunde hatten wir nur fünf Minuten gebraucht, um ihre Sachen zu holen, weswegen wir nun im Flur auf Josef Clinton warteten. Es dauerte nicht lange, da kam er schon um die Ecke. Im Augenwinkel sah ich, wie May zusammen zuckte und näher an mich rückte. Sie hatte zweifellos Angst vor ihm. "Sie sind schon fertig? Super, dann bringe ich sie schnell zur Tür.", sagte er freundlich und lief voraus. May blieb nahe bei mir und sah noch immer total verängstigt aus. Am liebsten würde ich ihre Hand nehmen und sagen, dass jetzt alles gut war, doch das konnte ich vor dem Mann nicht machen. Schnell waren wir bei der Tür und er ließ uns hinaus. "Alles Gute für die Zukunft, kleine May. Auf Wiedersehen.", sagte er zum Abschied. Als er "kleine May" sagte, bemerkte ich erneut, dass sie ängstlich zusammen zuckte. Was hat er ihr getan? Hatte er sie geschlagen? "Auf Wiedersehen.", sagten Robin, Mum und ich, während May ihm nur zu nickte. Es dauerte nicht lange, da waren wir schon auf dem Weg nach Hause und May war im Auto eingeschlafen. Sie hatte wahrscheinlich nicht gut geschlafen und hatte jetzt Nachholbedarf.
Als wir vor unserer Garage zum Stehen kamen, öffnete sie etwas verwirrt ihre Augen. Beruhigend lächelte ich sie an. "Wir sind da.", flüsterte ich ihr zu und stieg aus. Schnell hatte ich den Kofferraum geöffnet und holte ihre Sachen heraus. In der Zeit war May aus dem Auto ausgestiegen und schaute mich müde an. Ich lächelte sie sanft an. "Komm, drinnen kannst du dich noch ein bisschen hinlegen.", meinte ich und führte sie zur Tür. Mum kam mit uns, während Robin das Auto in die Garage fuhr. "Du siehst sehr müde aus, Darling. Soll Harry dir dein Zimmer zeigen?", fragte Mum sie. Schnell nickte May und wirkte erleichtert, dass wir sie erst mal ankommen lassen. Wir zogen unsere Schuhe an und ich zeigte ihr den Weg in ihr neues Zimmer. Natürlich müssen wir es noch nach ihrem Geschmack einrichten, aber fürs erste sollte es reichen. Auf dem Weg in ihr Zimmer legte ich meine Hand auf ihren Rücken und plötzlich zuckte sie zusammen. "Entschuldigung.", sagte ich leise und nahm meine Hand sogleich wieder fort. Im Zimmer angekommen lächelte sie mich dankend an und legte ihre Sachen erst mal auf einem Stuhl ab. "Ruhe dich aus. Ich sage dir später zur Teezeit Bescheid.", meinte ich lächelnd. Sie nickte bestätigend und setzte sich auf ihr Bett. Ihre Hände fühlten die Matratze und auf ihrem Gesicht bildete sich ein breites Lächeln. Leise schmunzelte ich und schloss hinter ihr die Tür. Auf der Treppe blieb ich stehen. Warum war sie so zusammen gezuckt, als ich sie berührt hatte? War es ihr unangenehm? Habe ich sie erschrocken? Ich hätte sie fragen sollen, aber das wäre auch merkwürdig herüber gekommen. Unten angekommen, gesellte ich mich zu Mum in die Küche. Robin musste noch in die Kirche etwas vorbereiten und Gemma war arbeiten.

Sometimes you don't need words...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt