Als es drei Uhr war, machte ich mich auf den Weg zu May. Leise klopfte ich an der Tür, aber es kam keine Reaktion. Also öffnete ich kurzer Hand die Tür und sah sie schlafend auf ihrem Bett. Etwas verwundert musterte ich sie. May war unheimlich blass und auf ihrer Stirn sah man Schweißperlen. War sie etwa krank? Sie sah den ganzen Tag schon nicht gut aus. Schnell lief ich zu ihrem Bett. "May.", flüsterte ich und rüttelte vorsichtig an ihrem Arm. Langsam öffnete sie ihre Augen, aus denen sie mich glasig ansah. Sie wirkte etwas überrascht. "Geht es dir nicht gut?", fragte ich sie. Sie schüttelte den Kopf und versuchte mich anzulächeln. Langsam setzte sie sich auf und verzog kurz vor Schmerz ihr Gesicht. Sie log mich glasklar an. Plötzlich viel mir meine Berührung an ihrem Rücken ein. Sie hatte zusammen gezuckt und jetzt gerade hatte sie auch Schmerzen. Zudem sieht es so aus, als hätte sie Fieber. Ich hatte eine schreckliche Vermutung bei der es mir kalt den Rücken herunter lief. Sie hatte ein Nachthemd an. Ich muss nachsehen, ob meine Vermutung stimmt. Vorsichtig hievte sie sich hoch und ich nutzte die Gelegenheit, um ihr Nachthemd an ihrem Rücken hoch zu heben. Erschrocken sprang sie weg und fiel dabei fast zu Boden. Doch der kurze Blick, den ich erhaschen konnte, hatte gereicht. Tränen bildeten sich in meinen Augen. Wie konnte man ihr so etwas antun? Nicht nur über meine Wangen fließen Tränen sondern auch über die ihren. Vorsichtig zog ich sie in meine Arme, bedacht darauf nicht ihren Rücken zu berühren. Erst versuchte sie mich weg zu drücken, doch dann ließ sie sich fallen. Weinend drückte sie sich an meine Brust. Plötzlich klopfte es an der Tür und Mum steckte ihren Kopf durch die Tür. "Was ist los?", fragte sie besorgt. May ahnte, dass ich es Mum erzählen werde und schüttelte nur ängstlich ihren Kopf. "Es tut mir leid May, aber ich muss. Du brauchst Hilfe.", sagte ich mit brüchiger Stimme. Mum war noch immer verwirrt, aber sie schien sich ernsthaft Sorgen zu machen. May nickte zaghaft gegen meine Brust. Vorsichtig hob ich ihr Nachthemd leicht an. Darunter verbarg sich ihr Rücken, der lauter Narben trug und darunter waren neue, die stark entzündet waren. Mays Tränen wurden wieder mehr und sie zitterte leicht. Mum schlug ihre Hand vor den Mund. "Oh Gott, Liebes!", murmelte sie geschockt. "Mum, sie hat Fieber. Wir brauchen dringend einen Arzt.", sagte ich ernst. Schnell nickte sie und lief herunter. Ich wusste, sie würde unseren Hausarzt anrufen. May zitterte immer stärker. Sie konnte sich kaum noch durch eigene Kraft auf den Beinen halten. Kurzer Hand hob ich sie hoch und setzte mich zusammen mit ihr auf das Bett. Noch immer krallte sie sich an meine Brust und weinte still. Kein Laut hörte man von ihr. Ich zog die Decke etwas über uns, damit ihr warm wird und blieb bei ihr. Kurze Zeit später kam Mum mit einem Waschlappen und Wadenwickeln ins Zimmer. "Dr. Hops wird in einer halben Stunde bei uns sein.", sagte sie und kam auf uns zu. Vorsichtig wischte sie mit dem Waschlappen über Mays Stirn und legte dann ihre Hand auf ihre Stirn. "Darling, du glühst.", sagte sie beunruhigt. Schnell legte sie den kühlen Waschlappen auf Mays Stirn. Als ich sie gerade auf ihr Bett legen wollte, damit Mum ihr die Wadenwickel machen kann, krallte sie sich ängstlich an mir fest. Aus großen Tränen gefüllten Augen schaute sie mich an und schüttelte ihren Kopf. Ich sollte nicht gehen und das würde ich auch nicht tun. "Alles ist gut. Ich bleibe bei dir.", sagte ich beruhigend und streichelte sanft über ihre Wange. Immer noch etwas ängstlich nickte sie. Ich setzte mich neben sie auf ihr Bett, während Mum ihr die Wadenwickel machte. Innerlich kochte ich vor Wut. Wer hatte ihr das angetan? Aus meinem Kopf wollte das Bild ihres Rückens nicht verschwinden. Es waren so viele Narben. Wie oft hatte man sie geschlagen? Mum setzte sich nun auch zu ihr auf das Bett. "Haben sie dich im Heim so zugerichtet?", fragte Mum vorsichtig. May nickte weinend. "Hat Josef Clinton dich geschlagen?", fragte ich ohne groß nachzudenken. Sie hatte unheimlich Angst vor ihm und er hätte die Kraft sie so zu zu richten. Ängstlich schaute sie uns an. "Du kannst es uns sagen, Liebes.", versuchte Mum sie zu bestärken. Sie nickte und begann leicht zu zittern. Schnell zog ich ihre Decke höher, damit ihr wärmer wird. Ich wusste, dass er nichts gutes zu bedeuten hatte. Wie kann er einem kleinen Mädchen so etwas nur antun? Doch nun konnte ich meiner Wut nicht freien Lauf lassen. Erstmal war May wichtiger. Es klingelte an der Tür und Mum sprang sofort auf und eilte nach unten. May sah mich an. Sie hatte noch immer Angst, das sah ich in ihren Augen. "Hier entlang.", hörte man Mum sagen. Es musste Dr. Hops sein. Etwas erleichtert, dass der Arzt schon kam, streichelte ich ihr einmal beruhigend über den Kopf. Die Tür ging auf und der alte rundliche Mann kam herein. Als wir her gezogen waren, hatte ich eine Grippe. Deshalb kannte ich Dr. Hops gut. Er war wirklich nett und er besuchte jeden Sonntag den Gottesdienst. "Hallo Harry, hallo May, ich bin Dr. Hops.", sagte er freundlich und reichte erst mir und dann May seine Hand. Schwach erwiderte sie seinen Händedruck. "Dann wollen wir mal schauen, wo der Schuh drückt.", meinte Dr. Hops und öffnete seine Arzttasche. May drehte sich vorsichtig, damit der Arzt ihren Rücken begutachten konnte. Ich half ihr ihr Shirt hochzuziehen. Dr. Hops Augen weiteten sich schlagartig. "Ich kann die Wunden desinfizieren, aber die junge Dame muss schleunigst ins Krankenhaus.", sagte er und holte aus seiner Tasche eine Flasche und Handschuhe. "Zu dem werde ich Ihnen ein fiebersenkendes Mittel verabreichen.", erkläre er weiter und holte eine Spritze aus einer Tüte. Diese befüllte er mit dem Mittel in der Flasche und verabreichte es May. Sie zuckte kurz leicht zusammen, als die Spitze der Spritze ihre Haut durchdrang. Ich versuchte sie weiter beruhigend anzusehen. Dr. Hops holte nun eine weitere Flasche und Tücher aus seiner Tasche. "Das könnte jetzt brennen.", warnte er sie vor. Er ließ das Gemisch in seiner Flasche auf die Tücher tröpfeln und begann ihre Wunden zu desinfizieren. May verzog vor Schmerzen ihr Gesicht. Plötzlich ergriff sie einfach meine Hand. Sie suchte Halt und den würde ich ihr geben.
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Sometimes you don't need words...
FanfictionSometimes you don't need words... Ich bin stumm seit meiner Geburt. Meine Eltern sind vor zwei Jahren verstorben. Alle sehen mich komisch an. Keiner akzeptiert mich. Im Heim beleidigen sie mich. Alles spricht für ein sehr trauriges Leben und so war...