6. Kapitel

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"I'm going to die kissing Simon Snow... Simon Snow is going to die kissing me."

Rainbow Rowell - Carry On

MADDOX

ICH LIEF durch die Gänge und jeder schien augenblicklich in seinen Gesprächen inne zuhalten und mich anzustarren, ihre Augen verfolgten mich, sie fingen an zu tuscheln, bis ich eine Ecke umrundete und das Ganze von vorne begann. Wieder das Anstarren, wieder das Getuschel. Hätte ich die Macht, Leute mit meinem bloßen Blick umzubringen - zur Hölle, ich würde sie benutzen.

"Hey, man." Danny hatte bei meinem Spind auf mich gewartet und schlug bei mir ein. "Wo warst du gerade?" Er schulterte seinen Rucksack und warf mir einen vielsagenden Blick zu. "In der Abstellkammer mit Kylie?" Er wackelte mit den Augenbrauen und lachte.

Ich stieß ihn mit meiner Schulter hart gegen seine, sodass er gegen den nächsten Spind krachte und eine Gruppe jüngere Mädchen erschrocken auseinanderglitt. Als sie bemerkten, wer ihnen in die Quere gekommen war und Danny ihnen auch noch mehr oder weniger entschuldigend zuzwinkerte, fingen sie an, nervtötend zu kichern. Ich unterdrückte ein Grinsen. Mich würd's nicht wundern, wenn Danny demnächst eine von ihnen abschleppte. Ich gab ihm zwei Tage für die Blondine.

"Nein, jetzt ehrlich. Wo warst du?", fragte er, während er die Uhrzeit auf seinem Handy checkte.

"Auf Klo", zuckte ich mit den Schultern und überraschte mich damit selbst. Warum log ich Danny an? Er wusste nichts von meinem Vater, niemand tat das. Ich hätte ihm von der Sache mit Creeper erzählen können. Aber ich hatte es nicht getan.

"Achso." Er bewegte seinen Kopf von links nach rechts, ließ seine Wirbelsäule knacken. "Hast du Eric schon gesehen? Sieht ziemlich scheiße aus, wenn du mich fragst." Er grinste wieder. Danny war mit mir einer der einzigen Menschen, die Miller nicht ausstehen konnten. Ich hatte die Vermutung, dass er Miller nur wegen mir nicht mochte, aber im Endeffekt war es scheißegal.

"Noch nicht. Ich hab eigentlich gehofft, dass ich ihm wenigstens die Nase gebrochen habe."

"Ist zwar nur verstaucht, aber Coach wird ihn trotzdem erstmal nicht spielen lassen. Übrigens hab ich den Coach gerade getroffen. Er will, dass du gleich bei der Auswahl der neuen Spieler dabei bist."

Ich fluchte innerlich. Den Newbies beim Training zuzuschauen war so ziemlich das Langweiligste, was man sich reinziehen konnte. In 99% der Fälle bekamen sie nichts geschissen. Am Ende werden wir uns trotzdem fünf Spieler rauspicken. Die weniger Schlechten von den Schlechten.

"Du kannst froh sein, dass du überhaupt dabei sein darfst, Thompson." Er wusste genau, was ich dachte. "Eigentlich müsstest noch bis morgen mit deinem Arsch zu Hause bleiben."

"Heute hätte ich ausnahmsweise mal nichts dagegen", antwortete ich trocken.

Danny lachte, sagte aber nichts mehr dazu.

Im Geschichtsunterricht saß ich gelangweilt in der letzten Reihe und schaute minütlich auf die Uhr an der Wand. Fuck, ich hasste Geschichte. Die Scheiße ist schon lange passiert und ändern konnte sowieso niemand mehr was daran, also wozu der ganze Kram? Mir konnte es egal sein, dass ein gewisser Hitler auf den Versailler-Vertrag geschissen und Polen angegriffen hat. Was soll's? Scheiße passierte nun mal.

Mein Blick flackerte von der Uhr zu dem Lockenkopf vor mir, dann aus dem Fenster und wieder zur Uhr. Dann wieder zu dem Lockenkopf. Es reichte nicht, dass ich schon Spanisch mit ihm hatte. Nein, ich musste ihn auch noch in Geschichte und Politik vor mir sitzen haben.

Als ich am Nachmittag mit Danny und ein paar anderen Footballspielern auf der Tribüne saß und desinteressiert auf den Platz starrte, bekam ich von Jordan Henderson eine Liste in den Schoß gelegt.

Paper Planes - Alles schwarz und weiß: Eine LeseprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt