Kapitel 32

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Sprachlos drehe ich mich auf der Tanzfläche um. Mein Blick wandert von Gesicht zu Gesicht. Sie starren uns alle an. Damiens Arm verlässt meine Taille nicht. Im Gegenteil -- sanft zieht er mich noch ein Stückchen näher zu sich, obwohl ich sehen kann, dass er schwer schlucken muss. An unserem Tisch sehe ich Mrs. Hamilton, wie sie mir direkt in die Augen blickt. Ihr Gesicht sagt mir, dass sie die Worte von Juleya nicht überrascht haben -- was mich noch einmal darüber nachdenken lässt, warum sie vorhin so viel mit ihr geredet hatte. Wahrscheinlich hatte ihr Juleya alles über mich und meine Vergangenheit erzählt.

Kurz darauf ertönt wieder die Musik aus den Lautsprechen, jedoch ist es ein anderer, viel lebendigerer Song. Nur hat niemand mehr Lust zu tanzen. Jedem gehen nur Juleyas Worte durch den Kopf. Einerseits bin ich endlos sauer auf sie, dass sie sich die Erlaubnis nimmt, einfach so auf die Bühne zu stürmen und den Abend zu ruinieren -- aber auf der anderen Seite weiß ich auch, dass sie irgendwo hinter ihrem betrunkenen Gerede Fakten nennt -- bis auf den Teil, wo sie meinte, dass Damien und ich miteinander f... Die Erinnerung daran, wie sauer und angewidert sie das Wort ausgesprochen hatte, lässt mich erschaudern. Aber es stimmt -- vor Hamilton & Sons Inc. sind Obdachlosenspikes angebracht. Eine Tatsache, die mir schon häufiger schlaflose Nächte bereitet hatte. Dass die Firma sich nun für den Erbau eines Obdachlosenheimes einsetzt, widerspricht sich -- das möchte ich gar nicht leugnen. Um ehrlich zu sein, hatte ich die Spikes schon längst vergessen, sie aus meinem Gedächnis verbannt. Aber nun, da ich wieder an sie erinnert wurde, fühle ich mich auf einmal unwohl bei der ganzen Sache. Jeder hat gerade seine Augen auf mich gerichtet und weiß, dass ich eigentlich nicht in das Leben passe, was ich vorgebe zu leben. Jeder weiß, dass ich eigentlich nur Birdie, die Obdachlose, bin.

Juleya wird von der Security von der Bühne geschleift. Sie ist so betrunken, dass es ihr gar nichts auszumachen scheint. Neben der Bühne sehe ich Damiens Vater, der den großen, muskulösen Männern die Anweisung erteilt haben muss. Wenigstens sichert ihm dies einige Sympathie-Punkte, wenn auch nur wenige. Es macht nicht den Anschein, als hätte er von dieser Aktion gewusst -- im Gegensatz zu seiner Frau.

Doch dann wendet er sich uns zu. Obwohl die Musik zum Tanzen auffordert, stehen die Gäste einfach nur rum und begaffen die Hauptattraktion -- Damien und mich. Am liebsten würde ich mich übergeben, so schlecht ist mir. Ich fürchte, Damiens Vater wird alles noch schlimmer machen, denn was auch immer er Damien und mir zu sagen hat, ich bin mir sicher, dass es nichts Nettes sein wird.

"Erst Sebastian und dann das hier?" Verdammte Scheiße! "Wollt ihr mir meine Firma ruinieren?" Ich halte den Atem an, als Damien seinen Vater verwirrt in die Augen starrt. Das Fragezeichen in seinem Gesicht kann man nicht übersehen. Doch dann fallen seine Gesichtszüge ganz plötzlich, und ich werde Zeuge, wie er sich eins und eins im Kopf zusammen zählt. Nun weiß er es. Nun weiß er, dass Sebastian in der Klatschpresse gelandet ist. "Ich möchte, dass du und deine... was auch immer sie ist, umgehend diese Veranstaltung verlasst, bevor ich meine Geduld mit euch verliere.", äußert sich Mr. Hamilton zischend und ich zucke erschrocken zusammen. Ich merke, wie die Gäste versuchen so zu tun als würden sie uns keine Aufmerksamkeit mehr schenken, aber ich weiß, dass das nur eine Masche von ihnen ist. Alle schauen und hören in diesem Moment nur uns zu.

"Ist das dein Ernst?" Damiens Stimme wird mit jedem Wort lauter, sodass ich sanft seinen Arm drücke, um ihn verzweifelt zu beruhigen. "Wenn es das ist, was du willst. Gerne.", sagt er nun mit einem ruhigeren Ton in seiner Stimme. "Komm Birdie, wir gehen." An meiner Taille zieht er mich mit sich über die Tanzfläche, direkt an Rosa und Daisy vorbei, die uns mit einem mitfühlenden Gesicht ansehen. Ich hauche ihnen ein leises 'Sorry' zu, bevor wir in Richtung Ausgang gehen. Draußen ist es dunkel. Der rote Teppich wurde eingerollt und die Kameras sind verschwunden. Damien holt sein Smartphone heraus und ruft jemanden an. Es wird bestimmt unser Fahrer sein. "Dieser Abend ist im Eimer.", regt er sich nach dem Telefonat auf und schaut mit einem angewiderten Blick in die Ferne.

The Rain Upon Us (Damien & Birdie - Trilogie #2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt