Kapitel 11 - Wildes Pony

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Ein lautes Piepen ließ mich aufschrecken. Ich hatte ausversehen eine falsche Taste auf meinem Laptop berührt. Schnell klappte ich ihn zu und bemerkte, dass ich mich im Hörsaal befand. Ich hatte definitiv zu viele Vorlesungen hinter mir. Zum Glück musste ich nur noch drei Semester überleben und konnte dann endlich selbst was auf die Beine stellen. Ein Traum würde in Erfüllung gehen wenn ich das eines Tages schaffe. Bis dahin dauerte es leider noch ein Stück und bestimmt wird es mich noch viel Fleiß und Anstrengung kosten. Schlussendlich wird es sich aber dann lohnen. Für mich war der Weg nie das Ziel gewesen. Im Hinterkopf hatte ich immer nur das Ergebnis im Sinn. Mir war es egal, wie viel Zeit ich für etwas investierte solang das Gesamtkonzept am Ende stimmte. Meine Gedankengänge waren schon immer eigenartig und sonderbar. Das war aber nun mal mein Charakter und ich stehe dazu.

Ich schaute zu meiner Rechten und entdeckte dort Thomas, der seinen Kopf in den Nacken gelegt hatte und mit offenem Mund schlief. Er war wohl doch kein großer Streber wie gedacht. Ich zerknüllte ein kleines Stück Papier und schnipste es geschickt in seinen Mund. Im Zielen war ich schon immer gut. Plötzlich fing er an stark zu husten und zu röcheln. Leise versuchte ich zu lachen, da der Professor vorne noch einen Aufsatz über Darstellungstechniken hielt. Erschöpft stützte er sich mit den Ellbogen an den Tisch.

„Wie viel Uhr ist es?", fragte er leise.

„Noch zehn Minuten, dann ist er fertig mit seinem Vortrag." Er fing an zu lachen, weil ich ihm die richtige Antwort zur falschen Frage lieferte. Ich wusste nämlich genau, was er eigentlich hören wollte.

Die zehn Minuten vergingen wie zehn Stunden. Sorgfältig hatte ich alles mitgeschrieben.

In den letzten freien Stunden hatte ich endlich wieder Zeit gefunden meiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Dem Zeichnen. Es war schön sich einfach der Musik zu widmen und den Bleistift schwungvoll über das Papier gleiten zu lassen. Ich zeichnete ein Gebäude, das unmittelbar in der Nähe der Universität stand. Mich begeisterte seine Struktur, die kleinen Details, die einem nicht auffallen, wenn man nicht genauer hinsehen würde. Ebenfalls umhüllten kleine Blätter und Äste die Mauern, was es so harmonisch aussehen ließ. Ich musste es einfach auf ein Blattpapier bringen. Leider wurde es noch nicht ganz fertig, aber dafür hatte ich bestimmt heute noch genug Zeit.

Ich packte mein Zeug in den Rucksack und händigte Mr Cook noch meinen Essay aus. Genervt nahm er ihn an und verschwand aus dem Hörsaal. Idiot. Wieso können Menschen nicht einfach nett sein? Weil Nett sein nicht einfach ist, beantwortete ich mir meine eigene Frage und ging ebenfalls aus dem Raum. Thomas war schon längst weg. Er hatte sich noch schnell von mir verabschiedet. Ich fragte mich, wo er so eilig hin musste. Bestimmt ging er anderen Leuten mit seinen Weisheiten auf die Nerven. Mir viel auf, dass ich quasi nichts Privates über ihn wusste. Wir kennen uns zwar nicht lange, aber es ist seltsam. Schließlich könnte er ein Psychopath sein oder ein Mörder und ich würde ihm nichts ahnend vertrauen. Ich verwarf diesen Gedanken schnell, da er für mich absolut lächerlich und realitätsfern erschien.

Leider hatte ich mich nun einer schwierigeren Aufgabe zu stellen. Ich musste erneut zu Großmutter. Innerlich war ich gespannt was sie zu berichten hatte, doch äußerlich blieb ich gelassen. Es könnte alles Mögliche sein. Mittlerweile verging mir jedoch die Lust daran weiter zu raten.

Wie jeden Tag stieg ich in die Bahn und fuhr zu ihr. Zu meinem Bedauern fand ich keinen Sitzplatz. Ich stellte mich einfach in die Nähe des Ausgangs und betrachtete die Ortschaft. Die Straßen waren überfüllt. Die Menschen gingen hektisch umher oder genossen die ersten Sonnenstrahlen. Ich liebte London für alles was es zu bieten hatte, auch wenn es arsch-teuer war. Trotzdem hegte sich der Wunsch nach etwas Anderem, nach etwas Neuem. Ich wollte aber nicht nur ein neues Land erkunden. Wenn ich mich schon von hier verpisse, dann will ich das ganze Programm haben. Eine Weltreise wäre perfekt. Ich würde andere Kulturen entdecken und könnte mich immer auf was Neues einlassen. Jedoch war das momentan nur Wunschdenken und würde nicht so schnell in Erfüllung gehen.

DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt