Kapitel 10 - Konfrontationen

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Völlig ausgelaugt schmiss ich meinen Rucksack in die Ecke des Zimmers. Ich hatte genug vom Tag und freute mich schon auf mein warmes Bett. Doch leider musste ich vorher noch mein Pflaster wechseln. Ich hatte keinen Plan, wie die Wunde mittlerweile aussah. Generell schien ich in diesem Bereich keine größeren Schmerzen mehr zu haben. Nur wenn ich mich manchmal zu schnell bewegte, fühlte es sich etwas unangenehm an. Als würde sie auseinander reißen oder wieder aufgehen. Ich schlenderte zum Bad und griff nach einem bescheidenen Erste Hilfe Kasten. Er besaß die wichtigsten Materialen, die ich für den Moment brauchte. Behutsam entfernte ich das Pflaster von meiner Haut. Darunter war sie leicht gerötet. Zum Glück fing der Heilungsprozess schon an und ich war froh, dass mir der Arztbesuch erspart bleiben konnte. Ich wollte die Wunde genauer inspizieren und berührte die Kruste, die sich nach der Zeit gebildet hatte. Es tat nicht weh, aber Ekel machte sich in mir breit. Kurz verzog ich den Mund und widmete mich wieder dem Kasten. Nach dieser Prozedur musste ich mein Gesicht waschen. Der Tag hatte es echt in sich. Als die kalten Wassertropfen meine sensible Haut berührte, verspannte sich mein ganzer Körper. Die Kälte durchdrang mein Äußeres und jagte mir dadurch einen Schauer über den Rücken. Ich musste ruckartig zucken. An diesem Tag konnte ich wirklich keinen richtigen Gedanken mehr fassen. Ich drehte den Wasserhahn zu und lief in mein kleines Schlafzimmer. Dort angekommen warf ich mich sofort ins Bett. Leider hatte ich noch sehr viel Koffein-Intus, weshalb ich nicht gleich einschlafen konnte.

Wenn ich mein Auto öfter nutzen würde, hätte ich mir viel Stress sparen können. Es parkte hier in der Nähe, wo es keinen störte. Meine Mutter hatte ihn mir zu meinem 18. Geburtstag geschenkt, da sie es für wichtig hielt, dass ich Mobil bin. Wozu gibt es denn öffentliche Verkehrsmittel? Nur bei Notfällen benutzte ich es und daran wird sich ebenfalls nichts ändern. Vielleicht. Bei Entscheidungen, die meinen Lebensstil betreffen war ich schon immer sehr flexibel gewesen. Im Gegensatz zu meiner Mutter war ich nie jemand der gerne nur einen geraden Weg geht. Ich war schon immer diejenige, die die Kurven, Abzweigungen und Umleitungen liebte. Möglicherweise habe ich das dann von meinem Vater geerbt. Obwohl Vater ist eine zu präzise Beschreibung für jemanden der bei der Geburt seiner Tochter abgehauen ist. Ich habe ihn nicht kennen gelernt und trotzdem hatte ich nie das Gefühl, dass mir etwas fehlte. Das wäre schließlich unsinnig. Wie soll man etwas vermissen das nie existiert hat. Für meine Verhältnisse hatte ich alles was ich brauchte und war zufrieden. Ich hatte immer noch dieses langweilige, bescheidene und unsichtbare Leben wie früher. Abgesehen von einer Kleinigkeit. Mein Kopf schien verrückt zu werden. Mit all meiner Kraft versuchte ich die Ereignisse, der letzten Tage zu vergessen. Sie schlummerten wie eine tickende Zeitbombe in meinem Gehirn und ich war mir sicher, dass sie es eines Tages an die Oberfläche schaffen würden. Momentan wusste ich noch mit diesen Umständen umzugehen. Es ist eine Frage der Zeit bis sich das Blatt wendete. Das letzte was ich wollte, ist als eine Kranke zu enden. Ich vermute mal so will keiner enden.

Klopf, Klopf

Wie so oft werde ich von meinen Gedanken gerissen und ich wollte am liebsten die ganze Welt verfluchen. Wieso konnten mich alle nicht in Ruhe lassen? Gekünstelt fing ich an in mich hinein zu weinen. Ich war mir sicher, dass sich die Menschheit gegen mich verschworen hatte. Aus gutem Grund blieb ich demonstrativ liegen. Die Person hinter der Tür ließ aber nicht locker. Meine Geduld war am Ende.

"Grace! Ich weiß, dass du da bist." Ich erkannte die hohe Stimme von Lorie und nun hatte ich einen besseren Grund nicht die Tür aufmachen zu müssen. Soll sie doch klopfen so lang sie will.

"Ich werde den Vermieter holen. Du weißt ich halte mein Wort."

Ich stöhnte und lief ins Wohnzimmer.

"Was willst du?", rief ich durch die Tür. Nach langer Zeit kam keine Antwort. Sie wusste, dass ich die Tür nicht aufmachen würde. Wenn sie mir was zu sagen hat, dann soll sie es tun. Jedoch will ich sie nicht sehen und werde dementsprechend auch nicht diese Tür öffnen. Unser letztes Gespräch war keine Entschuldigung und ich war schon immer eine sehr sture Persönlichkeit, die nicht ohne weiteres jemandem alles verzeiht. Ich dachte schon sie wäre weg, als auf einmal ein kleiner Zettel von unten durch den Spalt der Tür hinein befördert wurde. Ich setzte mich neben die Türschwelle und nahm den Zettel entgegen.

DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt