"PRIMROSE EVERDEEN!", schallt es über den Platz. Nein! Das kann nicht sein! Da muss ein Fehler vorliegen! Wie in Trance laufe ich zu dem Podest auf dem Effie Trinket steht und mich zu ihr winkt. Doch bevor ich sie erreicht habe, befinde ich mich plötzlich in der Arena. Ich höre die Karrieretribute hinter mir. Schnell laufe ich weg. Ich renne um mein Leben, aber als ich mich kurz umdrehe, um zu schauen wie nah sie schon sind, übersehe ich eine Wurzel, die aus dem Boden herausragt. Bevor ich weiß wie mir geschieht, liege ich auf dem Boden. Ich versuche wieder aufzustehen, aber meine Beine gehorchen mir nicht mehr. Das ist das Ende! Im nächsten Moment haben mich die Karrieretribute umzingelt. Ich kann ihre Gesichter zwar nicht erkennen, aber dafür umso besser das Schwert, das der Größte von allen nun über mich hält. Das Letzte was ich sehe, ist, wie er ausholt, um mir das Schwert in die Brust zu rammen...
Schweißgebadet schrecke ich hoch. Mein Herz klopft so schnell, dass ich denke, es springt jeden Moment aus mir heraus. Es ist alles gut, sage ich mir. Es war nur ein Traum. Nur ein verdammt realistischer Alptraum.
Ich versuche mich zu beruhigen. Ich habe nichts zu befürchten, ich bin hier sicher.Vorsichtig, um Katniss neben mir nicht zu wecken, stehe ich auf und trinke etwas. Das ist gut. Jetzt ist auch der metallische Geschmack aus meinem Mund verschwunden.
Danach klettere ich zu meiner Mutter ins Bett. Allerdings möchte und kann ich jetzt nicht mehr einschlafen, da ich einfach zu viel Angst vor einem neuen Alptraum habe...
Zum Glück bin ich dann aber doch noch eingeschlafen und als ich zum zweiten Mal heute aufwache, ist es schon hell. Ich bin gleichermaßen erstaunt und erleichtert, dass ich keinen zweiten Alptraum gehabt habe, doch ich kann mich an keinen mehr erinnern.
Ich schaue zu Katniss' Bett, aber es ist leer. Für einen kurzen Moment frage ich mich, wo sie sein kann, aber dann fällt mir auf, dass der Käse, den ich gestern Abend für sie übriggelassen hatte, weg ist. Höchstwahrscheinlich ist sie schon früh aufgewacht und mit Gale in den Wald auf die Jagd gegangen, so wie fast jeden Morgen.
Nachdem ich eine Kleinigkeit gefrühstückt habe, überlege ich mir, was ich heute anziehen soll. Normalerweise würde ich ja die Sachen von gestern wieder anziehen, aber die sind ziemlich dreckig und die Hose hat ein Loch am Knie.
Eigentlich macht mir das ja nichts aus, aber da heute Ernte ist und alles live im Fernsehen übertragen wird, möchte ich nicht ungepflegt aussehen.Ich gehe zu meinem Kleiderschrank und schaue nach angemessenen Kleidern, aber es scheint alles nicht so richtig zu passen.
Schließlich gibt meine Mutter mir den Rock und die Rüschenbluse, die Katniss bei ihrer ersten Ernte anhatte und steckt sie mit Nadeln fest, da mir die Sachen noch ein bisschen zu groß sind.Bis Katniss von der Jagd wieder zurück ist, sind meine Mutter und ich schon fertig. Meine Mutter hat Katniss ein zartblaues Kleid mit passenden Schuhen herausgelegt. Als sie es angezogen hat, flicht meine Mutter ihr noch einen Zopf. Als ich Katniss sage, dass sie schön aussieht, meint sie nur: "Gar nicht wie ich selbst" und dann umarmt sie mich ganz fest.
Jetzt ist ihr aufgefallen, dass meine Bluse hinten schon wieder aus dem Rock gerutscht ist, denn sie stopft sie wieder hinein und sagt nur: "Schwänzchen rein, kleine Ente".
Daraufhin muss ich kichern und mache: "Quak.". Jetzt lacht sie auch ein bisschen. "Selber quak", meint sie und dann schlägt sie vor, dass wir noch etwas essen.Wir trinken die Milch von meiner Ziege Lady, die ich heute Morgen gemolken habe und essen das Brot aus dem Tesserastein-Getreide, aber keiner hat besonderen Appetit. Deshalb heben wir die Erdbeeren, die Katniss aus dem Wald mitgebracht hat, sowie das Bäckerbrot, für das Abendessen heute auf. Zusätzlich kochen wir noch frischen Fisch und Gemüse dafür.
Um ein Uhr machen wir uns dann auf den Weg zum Platz, wo die Ernte abgehalten wird.
Ich gehe zu den anderen zwölfjährigen nach ganz hinten, wohingegen Katniss bei den 16-jährigen weiter vorne steht. Ich schaue auf die Bühne und die zwei Glaskugeln, die darauf stehen. Eine, für die Mädchennamen und eine für die Jungen. Voller Angst schaue ich zu den Zetteln in der Mädchenkugel. Auf einem steht mein Name. Primrose Everdeen.Mein Alptraum kommt mir wieder in den Sinn, aber ich versuche ihn so schnell wie möglich wieder zu verdrängen und mich zu beruhigen. Da sind noch tausend andere Namen drin. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich gezogen werde, ist zu gering, als dass ich mir Sorgen machen muss. Alles ist gut.
Mein Gedankengang wird jäh unterbrochen, als der Bürgermeister um genau zwei Uhr das Podest betritt und anfängt zu lesen. Er erzählt wie jedes Jahr die Geschichte von Panem, er erklärt die Regeln der Hungerspiele und verliest dann die Liste der letzten Gewinner aus Distrikt 12. In den letzten 73 Jahre waren es genau zwei, aber nur einer, nämlich Haymitch Abernathy, lebt noch. Haymitch ist wie jedes Jahr betrunken und wankt auf die Bühne.
Dem Bürgermeister ist das offensichtlich peinlich, denn er versucht so schnell wie möglich, die Aufmerksamkeit wieder zurück auf die Ernte zu lenken, indem er Effie Trinket vorstellt.
Gut gelaunt und lebhaft wie immer trabt Effie auf das Podest und sagt ihren Spruch auf: "Fröhliche Hungerspiele! Und möge das Glück stets mit euch sein!". Schließlich wendet sie sich den Glaskugeln zu. Wie immer sagt sie: "Ladies first!" und zieht dann einen Zettel aus der Mädchenkugel. Ich halte den Atem an, mache die Augen zu und schicke ein Stoßgebet zum Himmel. Bitte ist es nicht mein Name! Bitte ist es nicht Katniss' Name! Denn genauso wenig, wie ich selber nicht in die Hungerspiele will, so könnte ich es auch nicht ertragen, wenn Katniss in die Arena muss.Effie Trinket geht zurück in die Mitte vom Podest und streicht den Zettel glatt. Dann liest sie mit klarer und lauter Stimme den Namen vor. "Primrose Everdeen!" Nur langsam erreichen mich ihre Worte, aber nach und nach wird es mir klar. Ich muss in die Arena...
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Prim's Spiele
FanfictionPrimrose Everdeen wird für die 74. Hungerspiele ausgelost! Doch anders als im Original kann man sich nicht freiwillig melden, was bedeutet, dass die zwölfjährige Prim in die Arena muss...