Prim's Spiele

Kapitel 5

Ich seufze erleichtert, als die Türen zum Trainingscenter geschlossen werden und Peeta mich von seinen Schultern hebt und neben sich auf den Wagen stellt. Das wäre geschafft! Sofort sind Cinna und Portia da und helfen uns vom Wagen herunter, wobei sie uns vorsichtig die brennenden Umhänge und Kopfbedeckungen abnehmen. Portia löscht sie mit einem Spray und bedeutet uns dann ihr zu folgen. Ich schaue mich um und bemerke mit einem Kloß im Hals, dass uns die meisten der anderen Tribute und vor allem die Karrieros ziemlich sauer und böse anschauen.
Klar! denke ich, ein bisschen schockiert. Wir hatten nämlich die volle Aufmerksamkeit und das passt ihnen nicht. Auf einmal wird mir ganz schlecht. Vor der Eröffnungsfeier hat uns noch keiner beachtet, aber jetzt wollen sie uns alle töten und sei es nur, um die Konkurrenz so schnell wie möglich aus dem Weg zu schaffen!
Das kleine bisschen Hoffnung, dass ich während der Parade verspürt habe, ist weg. Wie soll ich denn gewinnen, wenn alle Jagd auf uns machen werden? Ich merke, wie sich schon wieder Tränen in meinen Augenwinkeln ansammeln und ich beeile mich sie wegzublinzeln. Es bringt nichts, wenn ich hier vor allen Leuten weine, rede ich mir ein. Dazu bleibt heute Abend, wenn ich im Bett liege noch genug Zeit! Also reiße ich mich zusammen und versuche einen möglichst neutralen, wenn nicht sogar gelangweilten Gesichtsausdruck aufzusetzen. "Ist alles okay bei dir?", höre ich Peeta neben mir plötzlich fragen, "Du siehst aus, als würdest du gleich anfangen zu weinen". Er schaut mich besorgt an. Na toll! Das mit dem neutralen Gesichtsausdruck muss ich also auf jeden Fall noch üben. „Jaja, alles gut." „Sicher?", fragt er behutsam nach. Ich seufze. „Nein eigentlich nicht." „Was ist denn los?" Er zieht eine Grimasse. „Abgesehen davon, dass wir im Kapitol sind, weil wir für die Hungerspiele ausgelost wurden." Ganz kurz muss ich auflachen. Dann werde ich aber direkt wieder ernst. „Naja, schau doch mal wie die anderen Tribute uns anschauen. So richtig hasserfüllt und als ob sie uns in der Arena als Erstes töten wollen." Ich halte kurz inne und versuche etwas Abstand zwischen die Stylisten und Peeta und mich zu bringen, damit sie mich nicht hören können, bevor ich etwas leiser weiterrede. "Das mit dem Feuer war glaube ich keine so gute Idee. Jetzt kennt uns jeder. Vorher haben uns wenigstens noch alle ignoriert".
Peeta nimmt mich in den Arm. "Da hast du Recht", stimmt er mir überraschend zu, "Aber überleg mal. Die Tribute aus Distrikt 12 wurden bis jetzt fast immer ignoriert und nur zwei haben es mit dieser Methode in den letzten 73 Jahren geschafft zu gewinnen. Ich glaube, so schlecht ist es gar nicht, dass uns jetzt alle kennen." Er zwinkert mir zu. "Schließlich bekommen wir dann auch mehr Sponsoren!" "Ja das stimmt", sage ich zögerlich, aber dankbar, dass er versucht mich aufzumuntern.
"Schau mal, da vorne ist Effie! Ich glaube sie bringt uns jetzt zu unseren Zimmern."

Er behält Recht. Cinna und Portia gehen, nachdem sie uns bei Effie abgeliefert haben, und versprechen aber, später noch zum Abendessen zu kommen. Darüber bin ich ziemlich erleichtert, denn Cinna ist mir von allen Leuten, die ich bis jetzt im Kapitol kennen gelernt habe, am sympathischsten. Haymitch hat ja noch nicht viel gesagt, aber allein die Tatsache, dass er ununterbrochen Alkohol trinkt und sich gar nicht für uns interessiert, macht ihn mir irgendwie unsympathisch. Und bei Effie habe ich, jedes Mal, wenn sie etwas sagt, das Bedürfnis sie nachzuäffen, wegen ihrem komischen Kapitol Akzent, aber ich lasse es und folge ihr stattdessen in ein turmartiges Gebäude.

Dort fahren wir mit dem Aufzug in den zwölften Stock, wo wir bis zum Beginn der eigentlichen Spiele wohnen werden. Die Wände sind, im Gegensatz zu dem Aufzug in Distrikt 12, aus Glas, wodurch man sehen kann, wie die Leute unter uns immer kleiner und kleiner werden. Das ist ziemlich beängstigend, vor allem, wenn man sich vorstellt, was wäre, wenn wir abstürzen würden, aber zum Glück sind wir oben angekommen, bevor ich noch mehr darüber nachdenken kann.

Ich dachte ja eigentlich, dass Effies Aufgabe nur daraus besteht, die Tribute auszulosen und sie ins Kapitol zu begleiten, aber anscheinend habe ich mich geirrt. Sie und Haymitch werden uns nämlich betreuen und managen bis wir in die Arena müssen. Da ich Haymitch aber, nachdem wir aus dem Zug ausgestiegen sind, nicht mehr gesehen habe, bringt Effie mich zu meinem Quartier.