Rasierklinge

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Ganz ruhig saß sie nun da, ihr linker Unterarm lag auf ihrem Knie und Sonnenstrahlen reflektierten sich glitzernd auf dem Blut, das wie ein fröhlicher kleiner Quell aus ihrem Handgelenk hervorsprudelte.

Sie blickte mit großen Augen auf das Blut, das sich nun Iangsam verteilte, es lief von ihrem Handgelenk auf den Stoff ihres weißen Sommerkleides und bildete dort einen großen roten Fleck, der untergehenden wärmenden Abendsonne gleich.

Ihr Gesicht sah ganz entspannt aus, es war nicht Schmerz, was dort zu erkennen war, es war Freude. Freude, dass sie nach all der Zeit, in der sie sich immer wie tot gefühlt hatte, nun gerade für einen Moment wieder intensiv spürte, dass sie lebte. Sie sah ja deutlich, wie das Leben aus der Wunde an ihrem Handgelenk hervorsprudelte.

Die blutige Rasierklinge lag noch auf dem Fußboden neben ihr. Sie hatte früher eigentlich immer panische Angst gehabt, in etwas reinzutreten, was sie verletzen konnte, doch diese Angst war nun von ihr gewichen. Auch wenn die Rasierklinge nun direkt neben ihren nackten Füßen lag, es war egal.

Denn selbst wenn sie nun gleich gehen würde, würde sie ja doch diesen Stuhl nicht verlassen, auf dem sie saß.

Sie ging auf eine ganz andere Weise...

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