Hausgast

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Schon seit vier Tagen war er unterwegs, zumindest war Harry sich dessen so ziemlich sicher, wobei es auch fünf oder sechs sein konnten, irgendwie schien die Zeit für ihn nun anders zu vergehen. Oft lief er die halbe Nacht und den frühen Morgen, bevor er sich für den Rest des Tages einen Unterschlupf suchte. Ein verlassener Fuchsbau, in den er sich rein zwängte, ein hohler Baumstamm, eine kleine Höhle. Doch er war am Ende seiner Kräfte. Er wusste, er sollte weiter, noch viel weiter weg, doch er konnte sich kaum bewegen. Es half auch nicht, dass er außer einigen Beeren hier und da praktisch nichts gegessen hatte. 

Zwischenzeitlich hatte er auch mal einen Blick in Wasser werfen können, er wusste, er war keine normale Katze, zu groß dafür, er war weiß mit kleinen, schwarzen Flecken im Fell und seine Ohren hatten Pinsel. Zu dumm, dass er von nichtmagischen Tieren kaum was wusste. Wobei – irgendwas stimmte auch da nicht mit ihm, bedachte man, dass er eine Katze mit winzigen Stummelflügeln war. Ja, Stummelflügel. Er konnte sich nicht mal Muggeln zeigen. Kein Haustier werden. 

Außerdem waren da die Schmerzen. Nach dem Turnier hatte Dumbledore ihm gesagt, dass es ein Teil seiner Strafe für Cedrics Tod war, nicht vollständig geheilt zu werden, dass er so lernen sollte, schneller zu handeln und zu töten, wenn es nötig sei. Sein Bein hatte eine offene Fleischwunde gehabt. Hatte er auch immer noch. Er konnte mit dem rechten Hinterlauf nicht mehr auftreten, er kam kaum vorwärts. Und heut ging einfach gar nichts mehr. 

Harry seufzte innerlich, rieb sich mit einer Pfote den erneut schmerzenden Kopf und legte ihn dann auf seine Pfoten. Schlafen. Wenn er doch nur schlafen könnte! Ein paar Stunden ohne Alpträume, ohne seinen Onkel mit dem Gürtel und dem hässlichen Grinsen, ohne Cedrics Tod oder Cedric, der ihn aus den bewölkten Augen ansah und verlangte zu wissen, warum er hatte sterben müssen. Schlaf. Vergessen. 

Doch dummerweise hatte er keinen Traumlostrank. Außerdem hatte er immer Angst, von so was abhängig zu werden. Die Verführung war zu groß, darum hatte er den Trank nur alle sechs Wochen ein Mal genommen, dann, wenn seine Müdigkeit zu groß geworden war. Warum konnte er nicht mal als Tier, was auch immer für eine freakige, magische Art er sein mochte, Frieden finden? Warum konnte er nicht ein einfacher Animagus sein? Eine Katze, ein Hund, von ihm aus sogar eine Ratte! Aber nein, er musste was sein, womit er sich nirgends blicken lassen konnte, nicht mal bei Magiern, denn laut der Bücher, die er gelesen hatte, war es für einen Magier unmöglich, als Animagus zu einem magischen Geschöpf zu werden und wenn er seine Stumelflügel bedachte, war es wohl eine sichere Annahme so was zu sein!

Vielleicht hatten seine Verwandten doch immer Recht gehabt. Er war ein Freak, selbst unter Magiern nicht normal. Das hatte er früh gesehen. Keiner seiner Mitschüler, egal in welchem Jahrgang, hatte stablose Magie beherrscht, er hatte sich angewöhnen müssen, nicht ohne seinen Stab zu zaubern. Etwas, das ihm immer noch schwer fiel, wie der Stab sich für ihn so seltsam, so falsch, zu schwer anfühlte. Außerdem hatte er sich, wie schon bei den Dursleys, viel dümmer gestellt, als er war, auch, weil Granger immer so glücklich ausgesehen hatte, wenn sie als das Gehirn der drei Freunde bezeichnet worden war. Er hatte sich wieder dumm und unfähig gestellt.

Nur wenige Leute hatten dieses Spiel durchschaut. Luna Lovegood, ein Mädchen, das ein Jahr unter ihm war und ihn immer seltsam angesehen hatte, das sich aber, nach Cedrics Tod, einfach neben ihn gesetzt, ihn gehalten hatte, Neville Longbottom, dem er geholfen hatte. Und er war sich ziemlich sicher, dass Malfoy zumindest einen Verdacht hatte. 

Das konnte doch wohl nicht sein! Wütend schnaubte das elegante, große Tier, roch erst in der Luft, dann lief es mit der Nase auf der Erde weiter, wie ein Hund. Er würde den Eindringling finden und umbringen! Das hier war sein Revier und er war verdammt noch mal der einzige Panther in diesem Revier! Es war seines! Es duldete weder Männchen noch Weibchen hier, so nah am Versteck! 

sowas wie liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt