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Cyrian

„Cyrian? Cyrian!" Ich schwappte aus meinem Tagtraum zurück in die Realität, nur um meine Schwester mit in die Hüfte gestemmten Armen vor mir zu sehen. Ich schaute runter auf mein Müsli und rührte mit meinem Löffel durch die Schokoflakes, zog Linien und betrachtete wie sie in der Milch versanken. „Du bist seit Tagen so abwesend. Was ist denn los? Ist irgendwas passiert?" Nun wanderte mein Blick erneut zu ihr, musterte ihre schulterlangen, glatten, braunen Haare und ihre nun besorgt funkelnden grünen Augen. Sie sahen aus wie meine. Meine Mum sagte immer wir sollten froh sein sie von unserem Vater geerbt zu haben. Ich war es nicht, doch sie mochte ihre blauen nie. 'Langweilig', nannte sie sie immer. „Hallo? Erde an meinen Bruder?" Laissa schnipste ihre Finger vor meinem Gesicht. Ich verdrehte die Augen. „Es ist nichts passiert Lay." Nichts, dass ich nicht lachte. Sie war keinesfalls Nichts. Sie war soviel mehr als das, aber das würde ich meiner Schwester definitiv nicht sagen. Besagte setzte sich auf die Anrichte schräg vor mich und ließ ihre Beine baumeln, während sie mir eine Zeit lang zusah wie ich meine Schokoflakes ertränkte. „Ich kenne dich doch, C. Du kannst mir nichts vormachen. Aber gut, wenn du nicht darüber reden willst, fein." Sie sprang von der Anrichte und schnappte sich ihren Rucksack. „Ich bin in der Uni, bau nicht zu viel Mist, ja?" Sie zwang mir einen Kuss auf die Wange den ich gespielt angewiedert wegwischte und zog ihre Schuhe an. „Du kennst mich doch liebste Zwillingsschwester."
„Deswegen ja!"
Ich hörte ihr glockenhelles Lachen noch nachdem sie aus der Tür war und lächelte in mich hinein. Sie war ein kleines Biest, aber ich konnte mich immer auf sie verlassen. Ich kippte mein Müsli weg und stellte meine Schale ebenso wie mein Glas Wasser auf die Anrichte neben das restliche Geschirr von gestern Abend mit dem Wissen dass Laissa mich spätestens heute Abend zum Abwasch zwingen würde und lief hoch in mein Zimmer. Seufzend schaute ich mich in meinem unordentlichen Zimmer um und öffnete mein Fenster um einmal durchzulüften. Ich hockte mich auf meine schmale Fensterbank und sah hinaus auf die Straße. Ich sah ein älteres Pärchen Richtung Park gehen, ein Mann mit seinem Hund und kleine Kinder, die mit einem Ball spielten.Kann das Leben bitte wieder so einfach sein? Spaß an allem, die einzige Sorge um den Ball haben? Mein Blick schweifte ab und traf auf den Eingang des Parks. Heute war Samstag. Dann sah ich sie wieder. Vor einem halben Jahr hatte ich sie zum ersten Mal entdeckt. Ich sah sie jedes Wochenende. Samstag 15:30 kam sie, 16:30 ging sie. Sie setzte sich immer auf diese Bank, die wie für sie reserviert schien. Ließ ihren Stift über ihren Block schwingen und ging dann wieder. Ich konnte nicht aufhören sie anzusehen. Ich saß immer am Rande des Parks, in Richtung unserer Wohnung und sah sie einfach nur an. Und sobald sie ging, ging ich auch. Ich sprach sie nie an. Ich wollte ihre Ruhe nicht stören. Obwohl ich gerne wüsste wieso sie jeden Tag in diesen Park kam, für genau eine Stunde blieb um ihn dann eilig wieder zu verlassen. Und vor allem wollte ich wissen warum genau sie so traurig aussah, wenn sie wieder gehen musste.

Lio

„Nein mum es ist alles gut."- „Ja mache ich"- "Bye mum"
Es erschrak mich selbst wie monoton ich klang. Ich hatte mich verändert,seit ich gegangen war. Sehr sogar. Vielleicht lag es an den täglichen besorgten Anrufen meiner Eltern, welche das ganze nur noch schlimmer machten. Oder immer noch an Ave. Ich schloss meine Augen um die Tränen zurückzuhalten. Meine kleine Ave. Wie ich sie vermisste. Meine linke Hand umklammerte die Kaffeetasse fester während meine rechte langsam mein IPhone auf die Anrichte legte,gegen die ich mich lehnte. Noch leicht verschlafen sah aus dem Fenster. Heute war Samstag. Das hieß, dass ich ihn wiedersah. Ich kannte ihn nicht. Hatte noch nie mit ihm geredet. Und doch sah er mich an, über die Entfernung hinweg, als ob er mich Jahre kannte und direkt auf meine Seele schaute. Als wäre ich nackt für ihn. Ich wollte nicht mit ihm reden. Ich bemerkte seine Blicke aus den Augenwinkeln, aber ihn ansprechen würde ich nicht. Ich wollte ihn nicht stören. Er sah friedlich aus, als hätte er ein gutes Leben. Im Gegensatz zu mir. Ich schüttelte meinen Kopf. Erstmal musste ich ins Millie's und mein letztes Gehalt abholen. Heute war mein letzter Tag. Die Kündigung kam plötzlich und hart. Sie hätten nicht genug finanzielle Mittel um weiterhin so viele Bedienungen zu beschäftigen. Ich schnaubte leise. Millie mochte mich noch nie, sie hatte mich damals nur eingestellt weil sie dringend eine Aushilfe brauchte. Ich hatte seit jeher nur missbilligende Blicke bekommen. Obwohl ich wirklich hart arbeitete, egal was kam. Meine Hand brachte meine Tasse wie von selbst an meine Lippen. Igitt. Mein Kaffee war inzwischen kalt und so kippte ich den Rest aus und stellte meine Tasse in die Spülmaschine,die ich heute Abend noch anstellen musste. Mit einem weiteren Seufzer verschwand ich in mein Bad und duschte ausgiebig bevor ich mich in eine Jeans und ein schwarzes Top zwängte. Weil ich sowieso nach Millie's noch einkaufen musste, nahm ich auch meinen Lederbeutel mit in dem ich Portemonnaie, Schlüssel und mein Handy verschwinden ließ und machte mich auf den Weg. Auf in den Tag.

»Nude« !Extremely slow updates!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt