Lio
„Ist das dein Ernst Millie?" Ich stapfte durch das kleine Café und stieß die mit „Zutritt nur für Personal" beschriftete Tür mit diesem Satz auf. Sie schaute seelenruhig von ihrem Schreibtisch auf und sah mich beinahe gelangweilt an. „Ja Liane?" „Liora", verbesserte ich sie zähneknirschend. Wie konnte sie das machen? Sie wusste ich brauche den Job! „Wie auch immer. Wieso stolzierst du hier rein und schreist mich an?" „Das fragst du noch? Wieso erzählt mir Laura dass der Kündigungsgrund eine Lüge war?" Sie zuckte mit den Schultern. „Meine Cousine sucht Arbeit." Ich war kurz davor in Tränen auszubrechen. Wuttränen. „Du weißt wie sehr ich den Job brauche! Und die kann mich mal. Wann hab ich dich je enttäuscht? Sag mir das! Wann war ich je nicht angemessen zu den Kunden? Wann hab ich je Probleme gemacht? Sags mir!" Sie legte ihren Finger ans Kinn und tat so als ob sie nachdachte. „Eigentlich... Immer." Ich fand keine Worte mehr. Nachdem wir uns 1 1/2 Minuten in die Augen gestarrt hatten, schaute sie wieder auf ihre Papiere. „Ich hab Arbeit zu tun. Willst du noch was?" „Ja tatsächlich. Sag deiner Cousine schonmal dass der Job für Lau ist und die Chefin nichts kann außer sich aufzuspielen." Ich schenkte ihr ein aufgesetztes Lächeln und stürmte aus dem Raum. Laura bedachte mich mit einem mitleidigen Lächeln, was ich ignorierte. Ich verließ das Café und steuerte mit zügigem Tempo den Park an. Das Einkaufen war mir jetzt sowas von egal, ich hatte jetzt eh früher Schluss gemacht. Ich erreichte den Park und wollte mich grade auf meine Bank fallen lassen als ich ein verliebtes Pärchen dort sah. Auch das noch. Ich lief weiter und ließ mich neben eine Weide ziemlich nah am Ausgang des Parks sinken. Dann kamen die Tränen. Ich konnte sie nicht aufhalten, also schloss ich einfach meine Augen und ließ ihnen freien Lauf. Perfekt. Einfach nur perfekt. Ich brauchte diesen Job. Was sollte ich jetzt tun? Was wenn ich auch noch aus der Wohnung fliege und-
„Ehm Hallo?" Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Als ich aufblickte sah ich einen Mann mit blauen Augen und blonden Haaren. „Kann ich dir helfen?" Schnell sprang ich auf und wischte über meine Wangen. „Nein nein alles gut. Ehm... Ich muss dann auch mal." Der Mann sah mit verwundert nach als ich Richtung Ausgang des Parks stürmte. Wieso war ich auch so respektlos gewesen? Dumm dumm dumm! Ich meine verdient hatte sie es und ich würde es auch gerne wieder tun aber das hatte mir es jetzt endgültig vermasselt. Naja es gab ja auch noch Stellenangebote nicht wahr? Bestimmt fand ich da was! Oh gott was wenn nicht ich will gar nicht darüber nachdenken was-
Ich wurde erneut aus meinen Gedanken als ich gegen eine harte Wand knallte. Oder besser gesagt gegen eine harte Brust. „Tut mir leid,ich-" „Nein mir tut es leid." Seine Stimme war melodisch und kam mir irgendwie vertraut vor. Ich blickte auf und sah in sein Gesicht. Ausgerechnet er. Erst jetzt fielen mir seine wunderschönen grünen Augen auf, die von langen Wimpern umrahmt waren. Seine braunen Locken lagen wirr auf seinem Kopf und eine Strähne fiel ihm vor seine Augen. Ich sah ihn zum ersten mal von so nahe. Das konnte ich nicht machen. Das durfte ich nicht. Nicht auch noch er. „Ehm ich muss los." Und mit diesen Worten rannte ich zum wiederholten Male davon. Wie ich es auch schon von Anfang an getan hatte.Als ich endlich meine Wohnung betrat, ließ ich mich erleichtert gegen meine Tür sinken. Ruhe. Dabei konnte ich heute nichtmal den Park genießen. Der Park... Meine kleine Zuflucht. Vor allem. Ich raffte mich auf und legte meinen Lederbeutel auf die Kommode, um mich in mein kleines, aber gemütliches Wohnzimmer zu setzen und mein Handy durchzugucken. Die Facebook-Meldungen hatten sich auf 67 gehäuft. Ein neues Update war fällig. Und... 2 Nachrichten von Laura. Sie war die erste mit der ich hier groß freundschaftlichen Kontakt aufgenommen hatte, es blieb aber bei wenig Kontakt. Meine Nummer hatte sie notgedrungen durch die Arbeit. Seufzend tippte ich auf das Banner der Nachrichten und landete sofort auf ihrem Chat.
Es tut mir leid was heute passiert ist. Ich hoffe das weißt du. Ich hab dich echt lieb gewonnen :)
Was hast du mit Millie gemacht? Sie kocht vor Wut!
Ich schüttelte leicht den Kopf. Darüber wollte ich jetzt echt nicht nachdenken. Oh Gott warte mal. Ich sprang auf und stürmte ins Bad nur um erschreckt aufzukeuchen. Meine Mascara war komplett verlaufen, sodass ich aussah wie ein Panda. Meine Haare standen in alle Richtungen ab und mein Gesichtsausdruck verriet meine Gefühlslage.
Schlimmer ging es echt nicht oder? Ich zupfte ein Tuch aus der Schachtel auf meiner Ablage und feuchtete es etwas mit wasser an um die mascara wegzuwischen. Ich hatte makeup beinahe komplett aufgegeben seit ich hierher gegangen war, trotzdem konnte ich auf mascara nicht verzichten. Ich ließ das nun schwarze Tuch sinken und sah erneut in den Spiegel. . Meine sonst so selbstbewussten Augen sahen mich skeptisch an und mein Mund war leicht gekräuselt. Schnell drehte ich mich um und warf das Tuch weg,als es plötzlich klingelte. Bitte nicht er bitte nicht er bitte nicht- mist. Ich hatte durch den Spion geschaut nur um Daniel zu erblicken. Auch das noch. „Li ich weiß dass du da drin bist! Mach die verdammte Tür auf!" Er sollte mich nicht so nennen. Er war der erste gewesen den ich an mich rangelassen hatte als ich herkam, doch er machte alles nur noch schlimmer. „Wie bescheuert kann mein Tag noch werden?", sprach ich leise zu mir selbst und rief dann lauter:„Verschwinde Daniel!" Ein dumpfes Geräusch drang durch die Tür und ich zuckte zusammen. Es folgten viele weitere nachdem ich auf den Boden neben der Tür gesunken war. Siebzehn. Siebzehn Mal schlug beziehungsweise trat er gegen meine Tür. Dann war es still. Ich machte mir keine Mühe aufzustehen, ich blieb sitzen und starrte auf die Kommode vor mir. Wie konnte ich ihn je an mich ranlassen? Wie konnte ich so blind sein? Es war Vergangenheit, dachte ich zumindest, bis er vor einem Monat anfing vor meiner Tür aufzukreuzen. Du hättest es eben nicht so weit kommen lassen dürfen. Elf Minuten später stand ich auf, öffnete die Tür und sah wieder einen abgeschmierten Bon auf dem in krakeliger Schrift ich komme wieder stand. Mein Seufzer war fast lautlos und bevor ich die Tür schloss, warf ich ihn in den Mülleimer im Hausflur. Wann hörte das endlich auf.Cyrian
Ich hatte sie gesehen. Alles an ihr. Ihre dichten Wimpern, die ihre wunderschönen Augen umrahmten, die süße Stupsnase, ihre braunen glatten Haare ... und ihren vollen Mund. Sie roch gut. Zitronenmelisse. Ihre Haare hatten ihren Duft verteilt. Als sie weglief. Vor mir. Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte mich auf Rade vor mir zu konzentrieren. Doch jedesmal wenn ich meine Augen schloss, sah ich sie, ein klares Bild, das in meinem Kopf verankert war. „C? Hey!" Ich kam zurück in die Wirklichkeit als Rade mich gegen den Arm stieß. „Was denn?" fragte ich, schroffer als ich wollte. Mein bester Freund hob abwehrend die Hände. „Schon gut, ich kann auch gehen." Ich schüttelte meinen Kopf. „Geh nicht." „Du machst es wieder." Ich schaute überrascht zu ihm auf. „Was?" „Das. Das was du immer machst wenn du in Gedanken bist oder irgendwas nicht stimmt." Erst jetzt bemerkte ich, dass mein Daumen mit meinem Ohrläppchen spielte. Sofort ließ ich meine Hand sinken. „Ich muss eh langsam los. Wenn du reden willst, du weißt wo du mich findest." Er bedachte mich mit einem letzten prüfenden Blick bevor die Haustür zufiel. Ich wusste dass er mir nicht böse war, trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen. Trotzdem wanderten meine Gedanken immer wieder zu ihr. Ihrem Gesicht. Den Tränenspuren auf ihren Wangen, ihr verletzter Gesichtsausdruck nachdem sie mich gemustert hatte. Ich war pünktlich im Park, hatte auf sie gewartet. Ich wollte grade weitergehen da war sie gegen mich gerannt. Sie hatte mich so... fasziniert angesehen. Als wäre ich etwas ganz besonderes, etwas wunderschönes. Sie hatte mich erkannt. Und dann schien sie sich gefangen zu haben. Denn ihr Gesichtsausdruck wurde emotionsloser, ihr Züge härter. Ihr voller Mund zog sich zu einem Strich. Und doch blieben ihre Augen weich, verletzlich. Eigentlich hatte ich mir unser erstes Treffen anders vorgestellt. Länger. Schöner. Und sicher nicht mit einer Flucht ihrerseits. Und doch schlich sich immer wieder diese Frage in meinen Kopf: Warum hatte sie geweint?
Was war dieser jungen Frau geschehen? Nicht nur heute, auch sonst trug sie die Traurigkeit wie eine Aura. Trotzdem hatte sie etwas an sich was mich anzog. Stark. Doch irgendwas oder irgendwer musste sie verletzt haben. Und ich schwor zu Gott: Sollte ich diesen Jemand jemals treffen, konnte er sein blaues Wunder erleben. Denn sie hatte es nicht verdient. In keinster Weise. Obwohl es mich traurig machte, wollte ich unbedingt wissen was sie zu dem Menschen gemacht hatte der sie heute war.
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Чиклит„Hör auf mich so anzusehen." „wie?" „Als würdest du direkt auf meine nackte Seele schauen." ========== A Story by quxrxncia All rights reserved.