Kapitel 4

997 75 5
                                    

Danke für all die lieben Kommentare! Ja, Ich sehe und schätze sie sehr, auch wenn Ich leider nicht zum Antworten komme. Nochmals danke, es ist wirklich eine grosse Motivation! :3

Es war nicht so, dass Ich noch nie eine Frau hatte kämpfen sehen, wahrlich nicht. Doch der Anblick, wie sich die junge Unruhestifterin dem Angriff des Trios entgegensetzte, hätte mich beinahe ein paar Schritte zurück taumeln lassen. In meinem Kopf hatte sich der erste Eindruck von ihr bereits zu einer grossmäuligen, grössenwahnsinnigen, anstrengenden Radaumacherin gebildet, die sich in den Kopf gesetzt hatte, allen zu zeigen, was sie so auf dem Kasten hatte, nur um mit eingekniffenem Schwanz davon zu laufen.

Wieso Ich so von ihr dachte? Ich wusste es selber nicht genau. Im Moment war sie einfach das Einzige, das mich davon abhielt, meine Aufgabe zu erledigen; etwas, das Ich auf den Tod nicht ausstehen konnte.

Und als Ich sah, wie sie mit trainierten Bewegungen das Wasser zurückschleuderte, mit dem der Anführer der Bande sie attackiert hatte, schien mein Gehirn für einen winzigen Moment auszusetzen, in dem Ich nur überrumpelt das Geschehen beobachten konnte.

Peitschendes Wasser fand den Weg zu seinem ursprünglichen „Besitzer“ und traf diesen mit einem lauten Klatschen mitten ins Gesicht. Es hätte ihm wohl den grauen Hut vom Kopf gewischt, wäre das Wasser nicht sofort gefroren, um ihn in einer irrsinnigen Grimasse erstarren zu lassen. Aus seinem Blick glaubte Ich die selbe Überraschung zu lesen, die auch mich hatte innehalten lassen. Nur dass es in seinem Fall wörtlich gesprochen war.

Naja, oder wenigstens im Bezug auf sein Gesicht, denn sein Körper schwankte noch einige Schritte auf die Wasserbändigerin (ein kleiner Teil von mir schnaubte selbstzufrieden, als ihm klar wurde, dass er Recht mit seinen Vermutungen gehabt hatte) zu, bevor sie mit dem Bein ausholte und ihn damit gegen das Satomobil schleuderte, das die drei Männer so schwungvoll hierher gebracht und von da an unbeachtet auf der Strasse gestanden hatte.

Es gab ein lautes Klirren, als die goldene Motorhaube Bekanntschaft mit dem Dickschädel der Triade der dreifach Gefahr machte und das durchsichtige Eis auseinander splitterte, als wäre es zerbrechliches Glas, worauf der Anführer des Trios reglos zusammensackte. Sein Hut rutschte gemächlich auf seine Schulter, wo er verdrückt hängen blieb, während das grosse weisse Vieh, der Eisbärhund, ein paar Schritte von ihm weg rückte. Er hatte nur interessiert zugesehen, als wäre das nichts neues für ihn.

Das Ganze hatte nur ein paar Sekunden gedauert, in denen anscheinend nicht nur Ich ziemlich fassungslos in der Gegend herum geglotzt hatte, denn der Erdbändiger der Drei, genauso wie Two Toed Ping, hatten keinen Finger gerührt, um ihrem Boss zur Hilfe zu eilen. Stattdessen beobachteten sie mit grossen Augen, als könnten sie es nicht fassen, wie die junge Wasserbändigerin mit einem zufriedenen Grinsen von ihrem Werk zurücktrat. Nun, mir hätte es Recht sein sollen, da sie mich so keines Blickes würdigten - doch um ehrlich zu sein, ging es mir nicht anders.

Bevor Ich mich jedoch fassen konnte, geschah etwas, das meine gesamte Welt kopfüber stülpen sollte.

Es war nicht der Erdbändiger, der anscheinend wieder zu Leben erwacht war und sich nun mit einem Kampfschrei auf die Unruhestifterin stürzte, sondern die Reaktion des Mädchens, das mir das Blut in den Ohren donnern liess.

Ehe Ich die Situation ganz erfassen konnte, flog der Angreifer auch schon hoch durch die Luft, von der blossen Erde hinauf geschleudert, die sich ruckartig aus dem Boden bewegt hatte. Das laute Krachen ignorierend, als der Erdbändiger gegen ein Ladenschild flog, starrte Ich die Unruhestifterin vor mir an, während mein Hirn nach jedem noch so unwahrscheinlichen Grund suchte, wer das getan haben konnte, denn das Offensichtliche schien mir in dem Moment ungreifbar zu sein.

Doch spätestens als sie sich Two Toed Ping entgegenstellte, der nach einem entsetzten Blick auf seinen – nach der Bruchlandung ebenfalls bewusstlosen – Kumpanen eine Feuer-Attacke auf sie startete, konnte Ich mich der Gewissheit nicht mehr erwehren.

Anstatt seinen roten Feuerstrahl mit Wasser zu löschen, streckte sie die Hände aus – und teilte das Feuer in der Mitte, um ihn – völlig unbeeindruckt von der gleissenden Hitze, der sie gerade entgangen war – an den Armen zu packen und mit einem gewaltigen Kraftakt in den nächsten Laden zu schleudern. Es gab ein ohrenbetäubendes Scheppern, als das Schaufenster barst und ein paar Standuhren auf den Boden schmetterten, neben denen der Feuerbändiger regungslos liegen blieb.

Das... das kann nicht sein. Nein. Nein!“

Das blanke Entsetzen stand mir ins Gesicht geschrieben – nur dass es glücklicherweise niemand sah.

Der Blick der Unruhestifterin war auf das völlige Chaos gerichtet, auf das sie lässig zu schlenderte und das früher Mal die Hälfte eines netten Uhrenladens gewesen war. Ein leises Lachen ertönte, während sie sich genau davor stellte, eine Hand in die Hüfte gestützt. Als Ich sie zum ersten Mal reden hörte, sprach der blanke Triumph aus ihrer Stimme:

„Na, dämmerts langsam wer Ich bin? Huh, ihr Hornochsen?“

Es war niemand da, der antworten konnte, da sie das gesamte Trio ausser Gefecht gesetzt hatte.

Doch ein aufjaulender Motor belehrte mich hastig eines Besseren, woraufhin Ich in letzter Sekunde zur Seite springen konnte und der Wagen des Trios schlitternd an mir vorbeiraste. Ich war so mit ungläubig Starren beschäftigt gewesen, dass Ich nicht gemerkt hatte, wie die beiden Anderen sich wieder aufgerappelt und ins Satomobil geschleppt hatten, um eine überstürzte Flucht zu starten, bei der sie beinahe das Mädchen um den Haufen fuhren, dass damit wohl genauso wenig gerechnet hatte wie Ich.

„Komm!“, schrie der Fahrer Two Toed Ping zu, der schwankend wieder auf die Beine gekommen war, nur um im nächsten Moment auf die selbe Art wie der Erdbändiger kurz zuvor durch die Luft zu segeln und auf dem Wagen zu landen, der dann mit qualmenden Reifen davon zu jagen versuchte.

Hatte Ich bis jetzt wie in einer Trance alles nur beobachtet, so besann sich mein Hirn nun schlagartig auf meine eigentliche Aufgabe – es konnte nicht sein, dass Ich, Ich!, diese Verbrecher ungestraft davon kommen liess, egal wie wenig Ich bis jetzt mit ihnen in Kontakt geraten war. Ohne eine Sekunde zu zögern ging Ich in Position, hob die Arme und – kam erneut zu spät. Das Mädchen in Blau hatte dem Wagen bereits per Erdbändigen einen unfreiwilligen Sprung quer über die Strasse verschafft, woraufhin er nach einem kurzen Schlingern zum Halten kam – nicht ohne eingebrochene Wände und zersplittertem Glas. Ich konnte mir bereits jetzt vorstellen, wie begeistert der Besitzer des Ladens sein würde, aus dessen zertrümmerten Eingang nur noch das eingedrückte Heck des Wagen hinaus lugte, welches sachte vor sich hin qualmte. Mit diesem Motor würde keiner mehr fahren, das war Mal sicher.

Schrille Polizei-Sirenen liessen mich zusammenzucken und nach einem hastigen Blick in den Himmel wurde mir klar, dass es Zeit wurde für mich zu verschwinden. Der dunkle Schatten des Luftgefährts der Polizei schob sich bedrohlich näher, und auch wenn Ich nichts von dem Chaos hier veranstaltet hatte – nein, Ich hätte um einiges weniger Kollateralschaden veranstaltet -, so lehrten mich alleine meine Instinkte schleunigst das Weite zu suchen.

Ich und das Gesetz waren... nicht gut aufeinander zu sprechen.

Also machte Ich schnellstens, das Ich wegkam, das blanke Tohuwabohu hinter mir lassend – jedoch nicht ohne einen letzten Blick auf die Gestalt werfend, die inmitten all dem stand und mir gerade meine Aufgabe abgenommen hatte. Die Person, die mein gesamtes Leben beeinflusst hatte – und Ich hatte sie heute zum ersten Mal getroffen.

Der einzige Mensch, der mehr als ein Element bändigen konnte.

Der Avatar.

Naja, und dann war da noch Ich.

Willkommen in Republika.“

Der SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt