Teil 1

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Alec war aufgewacht. Er hielt es für selbstverständlich, wie ein wach werden nach einer ungemütlichen, schlechten Nacht, wie er sie in letzter Zeit oft hatte. Nur war es nicht eine einfache schlechte Nacht gewesen. Laut den Anderen hatte er es Jace zu verdanken, aufgewacht zu sein, doch Magnus war derjenige, der dafür gesorgt hatte, dass er seine Augen überhaupt je wieder öffnen konnte. Er hatte ihn mit seiner Magie am Leben erhalten, als er zu tief versunken war, um nach seinem Parabatei, Jace zu suchen. Jace. Er erinnerte sich verschwommen daran, dass er ihm gleich wieder entrissen wurde. Der Rat war es, welchen ihn unter Gewahrsam nahm. Er hatte sich Valentine nicht angeschlossen, dessen war sich Alec sicher. Dennoch war der Rat anderer Meinung und deswegen musste sich sein Parabatei nun ihrer Befragung unterziehen. Trotzdem hatte er ihn wieder an Fremde verloren.

Ja, Alec mochte dem Rat dienen, doch er hatte immer gedacht, für das Richtige zu kämpfen. Nun war er sich dessen selbst nicht einmal mehr sicher. Der Rat wirkte mit der Zeit immer abtrünniger gegenüber den Unterweltlern. Alec mochte, wie seine Mutter, einst der Meinung gewesen sein, dass sie, die Nephilim, etwas Besseres waren. Doch diese Meinung hatte sich seit einer gewissen Bekanntschaft geändert.

Er blickte von dem Sofa auf, welches er noch immer nutzte, um sich von seinem Ausflug ins Unterbewusstsein zu erholen. Er hatte bei diesem gar nicht bemerkt, wie er in Magnus Loft teleportiert wurde. Die anderen hatten ihm davon erzählt, ehe sie gegangen waren. Doch nun war er hier. Alleine mit Magnus. Schon wieder.

Er sah den Hexenmeister mit einem Drink in der Hand zu ihm hinüber schwenken. Er schien bemerkt zu haben, dass er nun wach war und Alec setzte sich auf. Scheinbar hatte die diesmalige Rettungsaktion nicht so viel Chaos in der Wohnung angerichtet. Jedenfalls war jetzt alles sauber, im Gegensatz zu damals, bei der Umwandlung von Luke zum Alpha.

„Ist Dornröschen aus ihrem Schlaf erwacht?", fragte Magnus rhetorisch und gesellte sich mit seinem Drink vor Alec. „Ich denke, einen hiervon werde ich dir heute nicht anbieten." Er deutete auf sein Cocktailglas. „Dieses Mal scheinst du mir nicht fit genug."

„Es geht schon wieder."

Magnus beäugte ihn misstrauisch. Scheinbar war die Rettung ein zu großer Aufwand für sie alle gewesen, als das es ihm jetzt einfach so gut gehen konnte. Aber das tat es wirklich.

„Magnus pass auf, Ich habe gehört was du für mich getan hast. Isabelle hat es mir erzählt." Alec Schaute zu ihm hoch. „Danke"

„Meinst du die Aktion, fast meine gesamte Magie dafür aufzubringen, damit du mir nicht wegstirbst? Bitte frag mich nie wieder nach so einem Gefallen Alexander."
Einen Gefallen, ihn zu Unterstützen, seine Familie zu retten, auch wenn es sein eigenes Leben kostete. Alec konnte es nicht versprechen. Es war nicht das erste Mal, dass Magnus ihn dabei half und ihn anschließend aus einer brenzligen Lage gerettet hatte. Und das, ohne dabei je wirklich etwas verlangt zu haben.

„Magnus... warum tust du all das?"

„All was?"

„Mir helfen. Die ganze Zeit schon."

Magnus zögerte eine Weile, bevor er antwortete. „Kannst du dir das nicht denken? Ich habe dir bereits gesagt, was ich für dich fühle. Das müsste Begründung genug sein. Die Frage ist nur, was du empfindest, Alexander."

Alec scharrte auf den Boden. Auch wenn es nie Magnus Absicht gewesen war, so überkam Alec immerzu ein angenehmes Gefühl, wenn der Hexenmeister ihn bei diesem Namen nannte. Alexander. Aber er antwortete nicht, schließlich war es ja auch nicht wirklich eine Frage gewesen, was er für ihn empfand. Doch wenn er ehrlich war, wusste er auch einfach nicht, was er dazu sagen sollte.

Für eine gewisse Zeit sagte keiner der Beiden etwas und sie verfielen ins Schweigen.

„Also was ist mit Jace? Du liebst ihn noch immer, wie ich annehme."

Alec schaute empört zu ihm auf.
„Was? Wie kommst du darauf? Natürlich nicht."

„Du hast aber ziemlich viel riskiert, um ihn zu finden. Beinahe auch dein Leben."

„Ich musste ihn finden, er ist mein Parabatei!"

„Dennoch hatte dich dies auch zuvor nicht davon abgehal-"

„Ja, Ich hatte ihn geliebt, anders als man einen Parabatei lieben sollte, aber ich versichere dir, das ist jetzt vorbei!"

Alec stellte fest, dass er seine ehemaligen Gefühle über Jace das erste Mal laut zugegeben hatte. Irgendwie... machte es ihm das Herz leichter. Magnus unterdessen lächelte nur.

„Warum rechtfertigst du dich denn so sehr, Alexander?" Der Hexenmeister nahm zufrieden einen Schluck aus seinem Drink.

Der Nephilim war verwirrt. Das er nichts mehr für Jace empfand, war doch offensichtlich gewesen. Er brauchte sich nicht rechtfertigen. Er wollte einfach, dass Magnus das verstand. Wieso auch immer.

„Sag mir einfach Bescheid, wenn ich mich irgendwie revanchieren kann", antwortete Alec leicht durcheinander. Er stand auf und bewegte sich in Richtung Eingang, um zurück zum Institut zu gehen. Er hatte sich genug ausgeruht, Jace brauchte ihn jetzt. Oder sonst sicher jemand im Institut. Irgendein Dämon stiftete immer Unfug. Am liebsten wäre er sofort mit den Andren mitgegangen, doch er schien gleich wieder vor Erschöpfung eingeschlafen zu sein, nachdem Jace festgenommen wurde.

„Da gäbe es tatsächlich etwas, das ich gerne von dir hätte."

Der Nephilim drehte sich zu Magnus um, der ihm auf halben Wege gefolgt war.

„Und das wäre?", fragte Alec, während er sich seine Schuhe anzog.

„Du bist dir sicher, dass es dir wieder gut geht, Alexander?"

„Bestens. Ich bin bereit für jeden Auftrag, wenn du mich brauchst."

„Hervorragend", antwortete Magnus. „Doch du kannst das mit dem Auftrag streichen. Ich will nur dich."

Dem Nephilim kam diese Abmachung bekannt vor. „Komm heute Abend um einundzwanzig Uhr zur Sixth Avenue zweiundvierzig", sagte Magnus und sah zu, wie Alec vor der Tür innehielt.

„Ein ganz normales treffen? Dafür hab ich keine Zeit."

„Natürlich. Wenn du mal wieder in Gefahr schwebst, trage ich mir das auch immer vorher in den Kalender ein. Es ist nie wirklich Zeit Alexander. Deswegen müssen wir sie uns manchmal einfach nehmen."

Da war was dran. „In Ordnung", antwortete Alec und öffnete die Tür. Er war es ihm schuldig. „Sixth Avenue zweiundvierzig um einundzwanzig Uhr, ich werde da sein", versicherte er und verschwand aus Magnus Wohnung, raus in den frühen Nachmittag.

Zwei Drinks zu vielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt