Alec musst nach dem ersten Schluck des Drinks feststellen, dass dieser unerwartet genießbar war, obwohl er hochprozentig sein musste, wenn man ihn anzünden konnte. Er war noch besser, als die letzten Drinks, auf die Magnus Magie angewendet hatte.Also beschloss er, noch ein wenig mehr zu sich zu nehmen, wobei er nicht bemerkte, dass er dabei war, den Whisky oder was auch immer das war, bis zur Hälfte auszutrinken. Er fühlte nur, wie sich seine Schultern entspannten und sein Kopf leichter wurde.
Er setzte das Glas behutsam ab, war dabei jedoch in Gedanken verloren, da er spürte, wie seine bisher vernebelten Gedanken erkennbarer wurden.
„Alles in Ordnung, Alexander? Du wirkst so... abwesend." Alec schaute ihn mit betrübten Augen an. Magnus musste sich ins Gedächtnis rufen, dass der Drink nicht dazu bestimmt war, Alec glücklicher zu machen, sondern lediglich lockerer. Vielleicht wurde er sich Dingen bewusst, die ihn bedrückten, die er vorher vor lauter Nachdenken und Anspannung nicht auf sich wirken lassen konnte. Es schien ihm nur logisch, da Alec jemand war, der viel zu viel nachdachte und deswegen irgendwann sicher keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Das sich dies durch den Drink ändert, war zwar keine Absicht gewesen, aber Magnus betrachtete es als netten Nebeneffekt.
„Ich weiß nicht", meinte der Nephilim und schaute wieder zu seinem Glas. Doch eigentlich wusste er sehr gut. Er wurde sich gerade bewusst, wie elend er sich momentan fühlte. Dies kam nicht etwa von dem heutigem Date, über das sich Alec zwar Gedanken gemacht hatte, weil er fürchtete, er würde Magnus Erwartungen nicht gerecht werden, aber dennoch hatte er sich insgeheim darauf gefreut. Nein, er fühlte im Unterbewusstsein schon über Tage so, was er unterdrückt hatte und jetzt wurde ihm klar, was ihn beschäftigte.
Die Welt wie er sie kannte war nicht mehr die selbe und er ist machtlos, etwas daran zu ändern. Er konnte nicht nur Jace, sondern seine ganze Familie nicht beschützen. Er brachte mit seinem Versagen Schande über seine Eltern, den Namen 'Lightwood' und musste sich stets als anderen ausgeben, als er wirklich war. Und das Alles erst, seit diese rothaarige möchtegern Schattenjägerin aufgetaucht war.
„Manchmal ist es gut, über die Dinge zu reden, die einen beschäftigen."
Dies war eigentlich immer der Punkt, an welchem Alec ablehnte weiter auf derartige Themen einzugehen. Doch irgendwie verspürte er den Drang, sich diesmal zu äußern.
„Clary", raunte Alec schließlich. Magnus bereute schon fast, ihn ermutigt zu haben, da er glaubte, dass es nun um Jace gehen würde und das Alec eigentlich doch noch was für diesen empfand. Der Hexenmeister war eigentlich davon ausgegangen, das dem nicht mehr so war, aber jetzt überkamen ihn Zweifel.
„Seit Clary angefangen hat, sich in unser Leben einzumischen steht alles Kopf. Valentine taucht auf, unterwellter und Shadowhunter bekämpfen sich. Freunde und Mitstreiter werden bedroht, festgenommen oder müssen sonst irgendwie gerettet werden. Alles wegen ihr." Magnus war davon ausgegangen, dass Alec seiner Frage auswich, doch er hatte nicht erwartet, dass er derart offen sein würde. Die Magie schien erstaunlich gut zu wirken.
„Aber eigentlich-", fuhr der Nephilim fort, „ist es alles Valentines schuld und letztendlich ist auch er dafür verantwortlich, dass Clary ihr altes Leben aufgeben musste. Sie ist genauso mies dran wie wir alle. Ich suche wahrscheinlich nur einen Sündenbock. Eine schlechte Angewohnheit von mir, wenn nicht auch die Schlechteste."
Alec schien gar nicht mehr mit dem reden aufhören zu wollen. Alles was ihm Sorgen bereitete schien nur so aus ihm rauszusprudeln.„Also bist du nicht noch etwa sauer auf Clary, weil sie so viel für Jace bedeutet?", unterbrach ihn Magnus vorsichtig.
„Ich hab doch gesagt, dass ich nichts für Jace empfinde. Nicht mehr, seit ich dich kennengelernt habe."
Magnus stockte. „Letzteres hattest du nicht erwähnt."
Alec wiederholte die Worte in seinem Kopf und realisieren, was er gerade zugegeben hatte. Er schaute entrüstet zu Magnus und dann wieder zu seinem Glas. Auch wenn er nicht aus viel Erfahrung sprechen konnte, fühlte er sich nicht angetrunken oder ähnliches. Es war etwas anderes an dem Drink, das ihn derart empfänglich über dieses Thema reden ließ, ohne, dabei zu überdenken, wie er es ausdrückte. Aber er schob es doch darauf, dass er selten trank und daher keine Ahnung hatte, wie Alkohol wirken konnte.
Um nicht weiter darüber zu grübeln, nahm er zügig sein Glas und leerte den Rest des braunen mysteriösen Gemisches.
Er fühlte erneut das berauschende Gefühl, diesmal aber stärker und es verflog auch nicht so schnell, als er das Glas mehr oder weniger sanft abstellte. Die Wärme des Lokals stieg abrupt auf mehrere Grade an und brennte auf seinen Wangen. Alec hielt einen Moment inne, während der Alkohol in seine Blutbahn gelang und er begann unwillkürlich zu lächeln.„Warum so amüsiert?"
Obwohl Magnus noch immer neben ihm saß, vernahm Alec seine Worte nun viel stärker, als würde er direkt vor ihm stehen. Generell schien der Gesprächspegel der Bar gestiegen zu sein.
„Ich weiß nicht", antwortete Alec und hob dabei seine Stimme, um gegen die Lautstärke anzukämpfen. „Es fühlt sich nur so an, als wäre ich etwas wichtiges los geworden." Er spürte nicht, wie er Magnus angrinste.
Dieser war überrascht über den plötzlichen Stimmungswechsel des Nephilim. Wirkte der Alkohol irgendwie stärker als sonst?
„Wenn es wieder etwas gibt, das du los werden willst, kannst du es mir sagen."
Alec zögerte einen Moment. „Eigentlich gibt es da tatsächlich noch etwas", sagte er und merkte nicht, wie Magnus bei seiner Lautstärke zurückwich, da er ihn förmlich ins Ohr brüllte.
„Und das wäre?", fragte er geduldig. Der Nephilim schaute nachdenklich an ihm vorbei. Magnus war schon ein
wenig traurig, als sein, ohnehin so seltenes Lächeln wieder verflog.„Nur etwas das dich betrifft. Nicht der Rede wert."
Der Hexenmeister schaute überrascht zu ihm. Etwas, das ihn betraf?
„Alec ich-"
„Ich brauch noch so einen", unterbrach er ihn. „Hey Barkeeper! Das gleiche nochmal." Magnus meinte zu hören, wie ein genuschelter Unterton in seiner stimme mitschwang, aber dies schien ihm in diesem Moment nicht weiter relevant.
Als Alecs Bestellung kam, rang der Hexenmeister mit sich selbst. Eigentlich wollte er es bei einem verzauberten Drink belassen, aber er wollte wissen, was diese Sache über ihn war, die Alec so beschäftigte. Er war sich bewusst, dass es ein Risiko gewesen war, als er dem braunem Gemisch nach dem normalen entzünden nochmals seine persönliche extra Flamme gegeben hatte. Der normale Alkohol hätte Alec sicher gereicht, aber Magnus wusste nicht, inwiefern er dann seine Antwort bekommen würde.
Der Shadowhunter zog das Glas an sich und betrachtete es. Er fuhr mit seiner Hand an dem gewölbten Muster entlang, trank jedoch keinen Schluck. „Versteh mich nicht falsch", meinte er zu Magnus Überraschung ganz von selbst. „Jeder hat irgendwelche Erwartungen an mich, aber die sind mir egal oder immerhin leicht zu erfüllen. Aber bei dir ist es anders. Ich kann dir nicht beantworten, was ich für dich fühle. So sehr ich auch drüber nachdenke, ich komme zu keinem richtigen Schluss."
Der Hexenmeister blinzelte überrascht. Das war seine Besorgnis? Er erinnerte sich an das Gespräch, welches sie diesen Nachmittag in seiner Wohnung geführt hatten. Magnus selbst hatte dieses Thema angesprochen. Es war eine Frage, auf die er zu gerne eine Antwort gehabt hätte, aber nicht erwartet hatte.
„Alexander." Er lächelte den Nephilim zuversichtlich an. „Mach dich nicht verrückt. Ich kann warten." Er griff nach seiner Hand und drückte sie aufmunternd.
Alec erwiderte das Lächeln und dies das erste mal, ohne das seine Mundwinkel dabei krampfhaft gezuckt hatten. Er genoss die Art und Weise wie Magnus seinen Namen aussprach, behielt es aber für sich.
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Zwei Drinks zu viel
Fanfiction„Tu einfach so, als wäre ich jemand anderes." Der Nephilim zögerte. „Ist doch nichts dabei." Alec erinnerte sich daran, dass er Magnus etwas schuldete und wenn es der Gefallen war, ihn anzumachen. Er bemerkte, wie furchtbar absurd die Situation klan...