1.2 Von Erinnerungen und Zuhause

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Meine Mutter umarmte mich fest. Ich war gerade 7 geworden und ab heute durfte ich in die Schule gehen, eine seltene Ehre für Mädchen wie mich, die in einem einfachen Dorf geboren waren. Doch, mit viel Lernen, Fleiß und Geduld von mir und meinen Eltern hatte ich es geschafft. Ich hatte den Aufnahmetest bestanden und konnte in der nächsten größeren Stadt - Lichtenau -, die etwa eine Stunde Fußmarsch von meinem Heimatdorf Lapis entfernt lag, zur Schule gehen. Stolz stand ich nun, meine braunen Haare zu Zöpfen geflochten, mit meiner Tasche um die Schulter vor dem mehrstöckigen Gebäude. Es war aus Sandstein gehauen, mehrere Stockwerke hoch und einfach nur beeindruckend. Ich war bereit, etwas zu lernen.

Ich lag auf meinem Bett und laß. Ich laß in einem Buch, meinem Buch um genau zu sein. Ich hatte es zu meinem 10ten Geburtstag von meinen Eltern geschenkt bekommen. Sie hatten lange dafür sparen müssen und es war mein Heiligtum, mein Schatz. In dem Buch, dick eingepackt in einem Lederumschlag, ging es um andere Völker dieses Landes. Dram, so lautete der Name meines Heimatlandes, war nämlich nicht nur von Menschen bevölkert. Nein, es gab Elfen, Feen, Zwerge. Und Drachen. Die Wesen, die mich am meisten faszinierten. Majestätische Wesen, Gebieter der Lüfte. Doch leider vom Aussterben bedroht. Alle Völker jagten diese Wesen, für ihre Hörner, für ihre Schuppen und Haut. Und, auch wenn Drachen praktisch unbesiegbar waren, wenn eine ganze Jagdgesellschaft Elfen hinter einem her war, waren auch diese Wesen manchmal im Kampf unterlegen. Viele verschwanden auch einfach spurlos und niemand wusste, wo sie hingingen. Das Problem war, Drachen brauchten verdammt lange um sich fortzupflanzen. Zwar lebten diese Wesen fast ewig, doch nur alle 100 Jahre währen sie fähig, ein Ei zu legen, aus dem ein Jungdrache schlüpfen konnte. Ich persönlich fand das Verschwinden der Drachen sehr traurig und verstand nicht, warum man diese Wesen jagte. Die wenigen verbliebenen waren einsam und wütend, doch dem Buch zufolge sind sie eigentlich nette, hilfsbereite Wesen. Ich hoffte, dass es irgendwo noch mehr von ihnen gab, sie sich bloß versteckt hielten.


Meine Mutter rief mich zum Essen, also klappte ich mein Buch zusammen, legte es beiseite und ging die hölzerne Treppe hinunter um etwas zu essen.

Ich war gerade 15 geworden und der ganze Stolz meiner Eltern. In der Schule war ich gut, ich war aufrichtig, hilfsbereit und ehrlich. Aus unerfindlichen Gründen war ich ihr einziges Kind, währen alle anderen Kinder in Lapis mindestens 2 Geschwister hatten. Umso mehr half ich bei uns Zuhause mit und lernte neben der Schule auch das Handwerk meiner Mutter, einer Weberin. Desweiteren zeigte sie mir das Kochen und Kräutersammeln, lehrte mir, wie ich verschiedene heilende Sude und Salben zubereiten konnte.
Doch eine Warnung war ein stetiger Begleiter: Gehe nicht in den Wald. Dort lauern gefährliche Wesen, Schlangen, Bären. Riesenspinnen. Wildgewordene, einsame Drachen, die sich dort versteckten. Und wer sich dort verlief, war wohl auf immer verloren.

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Ich öffnete die Augen und sah grün.
'Grün... Grün.. Grün?...' Es war wohl Moos, direkt vor meiner Nase.
Und dann, während ich noch darüber nachdachte, warum ich Moos vor der Nase hatte, begann mein Kopf zu schmerzen. Nein, nicht nur zu schmerzen. Er fühlte sich an, wie wenn er gleich explodieren würde.
Benommen blieb ich liegen.

Froldrym - Das Verschwinden der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt