Kapitel 2.1 | Erinnerungsfluss

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3 Doors down • Here without you

»Wie sehr ich mir wünschte noch Mal deinen Geruch einzuatmen, deine raue Stimme zu hören und deine starken Arme um meinen Körper zu spüren, doch das alles wird nie wieder passieren, denn du bist tot.« ~Serena Yvonne

Serenas blick huschte durch die Gänge, auf der Suche nach Ash, dem Jungen den sie "betreuen" sollte

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Serenas blick huschte durch die Gänge, auf der Suche nach Ash, dem Jungen den sie "betreuen" sollte. Natürlich wusste sie nicht wie er aussah, doch auf eine unerklärliche Art und Weise beruhigte es sie, sich jeden Jungen in ihrer Altersklasse als den Neuen vorzustellen. Innerlich lachte Serena über sich, das war einfach nur komplett verrückt.

Serena nahm ihren Rucksack vom Fußboden, auf dem sie noch gerade gesessen hatte und ging in das nun fast volle Klassezimmer. Lucia hatte sich neben Misty in eine der hinteren Reihen gesetzt und befand sich in einem erregten Gespräch mit ihren Mitschülern. Daraus konnte Serena schließen, dass sie die letzten paar Wochen wohl alleine sitzen wird.

Vorne in der zweiten Reihe am Fenster hatte sie sich letztendlich niedergelassen. Vor ihr liegt ein Buch aufgeschlagen, Young Elites, Die Gemeinschaft der Dolche. Ein Buch über ein Mädchen, welches Versuchte vor der Finsternis in ihrem Inneren zu flüchten. Eigentlich mag sie männliche Hauptcharaktere lieber, doch dieses Buch fesselt sie auf eine unerklärliche Art und Weise. Serenas Augen verschlangen die gedruckten Buchstaben förmlich.

Erst als die Klassenzimmertür zu gemacht wurde, schreckte Serena von ihrem Buch hoch. Ihre Lehrerin hat das Klassenzimmer betreten.
Sie stellte ihre Ledertasche neben das Pult und positionierte sich dann vor die Tafel. „Guten Morgen ", sagte sie mit so viel Enthusiasmus, dass es Serena beinahe leid tat, dass die Klasse nur mit einem Brummen antwortete.

„So schön wach am frühen Morgen", sagte Miss Stevens mit triefender Ironie: „Naja vielleicht schüttelt es euch ja wach, wenn ihr erfahrt, dass ihr einen neuen Mitschüler habt." Ihr Blick huscht einmal durch das gesamte Klassenzimmer, um in überraschte Gesichter zu blicken. Sie fing an zu schmunzeln. „Ihr solltet wirklich früher schlafen gehen, denn hättet ihr dies getan, hättet ihr wahrscheinlich gemerkt, dass der neue Schüler bereits unter euch sitzt.
Würden Sie sich kurz vorstellen?", fragte Miss Stevens und hebt ihre Hand in die Richtung, in der der Schüler sich befand.

Sie zeigte in Serenas Richtung. Panik bündelte sich, wie ein Knoten, in ihrem Magen. Ihre Hände umklammerten schutzsuchend das nun geschlossene Buch, als währe es ein Anker, welcher sie davor retten würde nicht mit in die Fluten gerissen zu werden. Geschockt starrte sie zur ihrer rechten Seite. Neben ihr saß ein ihr unbekannter Junge mit schwarzen verwuschelten Haaren.

Der Junge neben ihr Nickte kurz und erhob sich dann von seinem Stuhl.
„Mein Name ist Ash Ketchum", richtete er sein Wort an die Klasse: „und ich werde für das restliche Jahr euer Mitschüler sein". Serenas Augen waren immer noch vor Schock weit geöffnet. Wann hatte er sich neben sie gesetzt und wieso zur Hölle hatte sie ihn nicht bemerkt?

Im Vergleich zu den anderen Mädchen in ihrer Klasse fühlte sich Serena hässlich. Sie trug keine Marken Klamotten, keine Schminke und ebenso wenig hatte sie sich die Haare am Morgen frisiert. Die Dinge, die die oberflächlichen Menschen um sie herum anziehen fanden.
Also aus welchem Grund hat sich der durchaus guttausehende Junge neben ihr niedergelassen?

Sie senkte ihren Blick beschämt auf das Cover ihres Buches. Obwohl alle den Jungen neben ihr betrachten, fühlte sie sich unwohl, da die Klasse auch irgendwie in ihre Richtung blickte.

Ihre Augen wanderten tiefer bis zu der Kleidung die sie trug.
Serena war mit der abgenutzte und ausgefransten blau weißen Jacke ihres Vaters in die Schule gekommen. An der linken Seite wurde auf weißem Untergrund ein Symbol eingenäht. Es war eine blau weiße Schlange, die ihren eigenen Schwanz fraß. Ein Ouroboros.

Nach der Bedeutung dieses Zeichens hatte Serena ihren Vater nie gefragt. Doch sie war sich sicher, dass das Kleidungsstück für ihn eine besondere Bedeutung gehabt hat, denn er hatte sie oft getragen.

Die Jacke erinnerte sie immer an ihn, den liebevollen Mann, der viel zu früh aus seinem Leben gerissen wurde. Zwischendurch versuchte sie den ehemaligen Geruch ihres Vaters in seinen Anziehsachen zu finden, doch er war schon zu lange weg.

„Gut, da dies nun geklärt wurde, möchte ich gerne mit dem neuen Thema beginnen". Miss Stevens tratt zur Tafel und schrieb in ihrer ordentlichen Schrift das neue Themengebiet auf. Gestöhne ging durch die Klasse und nur ein kleiner Teil nimmt seinen Block raus, um sich das zu Notieren was Miss Stevens versuchte der Klasse zu erklären und eine von ihnen war Serena.

„Zeigst du mir das Schulgebäude?", fragte Ash direkt nach Ende des Unterrichts. Sein Gesicht ziert ein sanftes Lächeln und seine schockobraunen Augen lagen erwartungsvoll auf Serena. Nicht in der Lage ein vernünftiges Wort zu sprechen nickte Serena langsam. Sie hebte vorsichtig ihre Tasche hoch und umklammert danach ihr Buch.

Der Großteil der Schüler ist schon aus dem Schulhaus geflüchtet, um sich in ihren Zimmern zu verkriechen und Viedeospiele zu spielen oder die Stadt unsicher zu machen. Der Vorteil an Lehrerkonferenzen, früher Schulschluss.

Serena saß vor ihrem Schreibtisch, seitdem sie zuhause war. Saß einfach nur davor und starrte auf das ebene Holz. Wie gebannt folgten ihre Augen den Jahresringen, die das Holz verbarg. Ihr Vater hatte den Tisch für sie gemacht, kurz bevor er starb.
Sie konnte sich nicht mal richtig bedanken.

Der Tag war eine komplette Blamage gewesen. Erst hatte sie bei dem Rundgang des neuen Schülers versagt und danach war auch noch ihre Mutter aus irgendeinem Grund ausgerastet. Es passierte häufiger, dass sie durchdrehte, zumindest seitdem Serenas Vater tot war.

Mit den Handballen rieb sie sich über die feuchten Augen. Ihr Beine hatte sie vorkurzem noch mit den Armen umklammert, jetzt jedoch krallten sich Serenas Zehen nur noch in den weichen Stoff des ausgefransten und alten Schreibtischstuhls.

Eine Stimme tief in ihrem Kopf fing an zu schreien. Ich kann nicht mehr! Mach das es aufhört! Lass den Schmerz verschwinden! Bitte...mach das es aufhört.
Sie presste ihre Handflächen an ihre Ohren, um den Klang dieser Stimme nicht zuhören. Sie drückte ihr Augenlieder zusammen, um der Stimme kein Gesicht zugeben. Und dabei wusste sie, dass es ihre eigene Stimme war, die darum bettelt dem Ganzen ein Ende zu setzen.

Ein Schluchzen entfloh Serenas Mund. Wie ein Erinnerungsfluss liefen ihr Tränen über die Wangen. Bilder blitzten vor ihren Augen auf. Bilder ihres Vaters und Bilder bei denen ihre Mutter eine Vase runter schmiss, weil Serena nicht sofort reagiert hatte, als sie ihr eine Frage stellte. Lass mich sterben... Lass mich gehen. Bitte. Ich kann nicht mehr...

Serena schämte sich für solche Gedanken, geht es ihr doch gut, wenn man bedenkt, dass Andere viel schlimmere Schicksale haben.

Serena versuchte sich zu beruhigen. Ihr Atem zitterte, als sie tief luft holte und ihr Mantra aufsprach: „ Dir könnte es viel schlechter gehen, dein Leben ist gut. Dir könnte es viel schlechter gehen, dein Leben ist gut."

Dann nahm sie ihren Block herraus und begann zu schreiben...

Kritik?

Schriftstück einer Todgeweihten Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt