Kapitel 3| Zersplittert

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Rockabye•The Mayries

»Ich mag dich, weil du anders bist. Du verstellst dich nicht und das macht dich besonders.«~ Ash Ketchum

Serena blätterte gelangweilt die Seiten ihres Deutschbuches durch

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Serena blätterte gelangweilt die Seiten ihres Deutschbuches durch. Das Buch war alt, die Seiten vergilbt, die Ecken geknickt und die Ränder vom Wasser gewellt.

Ihr Lehrer, Herr Bonnet, hatte einen Film namens »Shakespeare in Love« eingelegt und sich für ein Nickerchen in die hintere Ecke des Klassenzimmers zurückgezogen. Eigentlich mochte Serena solche bildlichen Erzählungen alter berühmter Persönlichkeiten, doch diesen Film hatte sie schon drei mal gesehen und empfand diesen als nicht so gut, dass sie ihn in diesem Jahr noch ein viertes Mal sehen müsse.

Die Hälfte der Klasse hatte ihr Handy rausgeholt und tuschelte nun leise, um den Lehrer nicht zu wecken. Die andere Hälfte schlief entweder, oder war damit beschäftigt ihre Schulblöcke zu verschönern.

„Wann greift der Pfad, auf dem wir wandeln, nach unseren Schritten?
Wann wird die Straße zu einem Fluss, der nur eine Richtung kennt?
Der Tod erwartet uns alle in Samarra, aber kann man Samarra entgehen?",flüsterte Serena leise vor sich hin, während sie mit ihrem Bleistift seltsame Muster auf ihren Block zeichnete, nachdem sie es aufgegeben hatte irgendwas sinnvolles in ihrem Schulbuch zu finden.

„Das klingt schön, ist es von dir?" Erschrocken zuckte Serena zusammen und drehte sich zu Ash, der sie erwartungsvoll musterte. „Äh N-Nein. Mir...also...mir fällt gerade nicht ein woher ich es kenne."
Sie drehte sich wieder in Richtung Leinwand und versuchte möglichst Interessiert an dem Film zu wirken, während in ihrem Kopf und Bauch anscheinend gerade ein Zoo Party feiern zu schien.

Noch nie war Serena jemand gewesen der als Erstes in die Pause raste, doch heute packte sie in Rekordzeit ihre Sachen ein und verließ als Erstes das Klassenzimmer. Sie hatte sich entschieden ihr Essen heute draußen zu vertilgen, weswegen sie sich einfach mit einem Schwarm Schülern mit treiben ließ, die jeden Tag ihre Pause auf dem Pausenhof verbrachten.

Kaum hatte ihre Lunge die kalte frische Luft eingeatmet fühlte Serena sich besser. Es hatte sie Nervös gemacht, als Ash sie angesprochen hat und es fühlte sich nun fast so an, als wäre diese Last von ihren Schultern geblasen worden.

„Entschuldige, dass ich dich störe, aber was du heute im Unterricht gesagt hast, will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen" Ash stellte sich vor Serena und blickte ihr neugierig in ihre blauen Augen. „In dem Gedicht, erwähntest du Samarra, eine Stadt im Irak, aber was hat sie denn mit dem Tod zu tun?"

Überrascht öffnete Serena ihren Mund nur um ihn dann wieder zu schließen. Ihre Augen starren in das wunderschönste Braun, welches sie in ihrem kurzen Leben je zu gesicht bekommen hat. Erst jetzt fällt ihr auf wie groß Ash eigentlich war, oder ist sie einfach so klein? Wenn sie ihn küssen wollen würde, müsste er sie an der Taille greifen und hoch heben...

Peinlich berührt senkte Serena ihren Blick, ihre Wangen verfärbten sich rot. Wieso habe ich mir gerade ausgemalt, wie seine Hände meine Taille umgreifen und sich seine Lippen auf meine legen?!, rufen Serenas Gedanken aus.

„Samarra, wird in einer Kurzgeschichte von John O'Hara erwähnt", sagte sie leise und beobachtete den Asphaltboden des Schulhofs. Kleine Mulden lassen ihn uneben wirken, wie ein altes Schlachtfeld, auf dem an manchen Stellen Mienen hoch gegangen sind.

Langsam ging sie um Ash rum und lief auf eine frei Bank unter einem Kugelahorn zu. Sie hörte wie der Neuling ihr folgte und sich neben sie setzte, als sie die Bank erreicht hatten.

„Worum geht es in der Kurzgeschichte?", fragte Ash sichtlich interessiert und beobachtete sie. Serena spürte, wie sich etwas in ihrem Inneren zusammen zog. Sie hatte Angst, sie würde ihn Schulmeistern, wenn sie jetzt begann die Geschichte zu erzählen.

„ Ähm... Willst du, dass ich dir die Geschichte erzähle?", fragte sie vorsichtig und legte ihren Rucksack auf ihren Schoß. Ash nickte und bekräftigte seine Gestik mit einem: „ ja, bitte".

„Okey", Serena holte tief Luft: „ Ein Kaufmann aus Bagdad, schickte seinen Diener, um Vorräte auf dem Markt zu kaufen. Nach kurzer Zeit jedoch kam der Diener zurück, kreidebleich, zitternd und mit der puren Angst in seinen Augen. Er sprach zu seinem Herren: »Mein Herr, gerade eben, als ich am Marktplatz stand, stieß eine Frau im Gedränge gegen mich, doch als ich mich umdrehte, sah ich, dass es der Tod war, der mich angerempelt hatte. Sie machte eine bedrohliche Geste, während sie mir mit ihren toten Augen ins Gesicht blickte. Nun, ich bitte Sie, leihen Sie mir ihr Pferd und ich werde fortreiten aus dieser Stadt und meinem Schicksal entkommen. Ich werde nach Samarra gehen, wo mich der Tod nicht finden wird.« Der Kaufmann ließ ihm das Pferd und der Diener floh, so schnell wie sein Pferd gallopieren konnte, aus der Stadt. Der Kaufmann ging diesmal selbst zum Marktplatz, sah den Tod dort im Gedränge stehen und ging auf ihn zu. » Sagt mir, warum habt ihr heute morgen so eine bedrohliche Geste gemacht, als ihr meinen Diener traft.« » Das, was ihr als bedrohliche Geste darstellt, war ein überraschtes zusammenzucken, war ich doch nur überrascht ihn hier, in Bagdad, anzutreffen, wo ich doch heute Abend mit ihm in Samarra verabredet bin.«, sagte der Tod."

Die ganze Zeit hatten seine braunen Augen an ihren blassrosa Lippen gehangen, sich jedes Wort eingeprägt, welches diese verließ.
„Wow...", sagte Ash und atmete laut aus. Sein Hände legten sich auf seine Knie, ehe er freundlich lächelnd ein Danke in Serenas Richtung flüsterte.

Aus irgendeinem Grund fiel es ihr sehr leicht Texte, nach einmaligem lesen, wiederzugeben. Aber, das war vermutlich auch das einzige was Serena halbwegs gut konnte. Geschichten lesen, Geschichten erzählen. Daraus bestand ihr ganzes Leben.

„Aber ich verabscheue sie, sie macht mich krank!", rief Serenas Mutter aus und ein schluchzen entwich ihrer Kehle. Die Worte waren nicht dafür bestimmt, dass Serena sie hören sollte. Ging es doch um das Mädchen, welches sich in ihrem Zimmer in der hintersten Ecke verborgen hielt und hoffte ihre Seele würde durch die scharfen Worte nicht noch weiter zersplittern.

Serena wusste, dass ihr Onkel in diesem Moment über den Rücken ihrer Mutter strich, um sie zu trösten und mit sanften Worten versuchte ihr einzureden, dass ihre Tochter keine Ausgeburt der Hölle sei.

„Du verstehst das nicht, du musst nicht mit ihr zusammen leben. Sie ist ein Monster!"
Serena 's Herz pochte schmerzhaft.

„Sie ist so... so dumm!"
Serena's Körper begann zu zittern.

„Ich wünschte ich hätte sie nie geboren!"
Serena's Seele zersplitterte in kleine winzige Teilchen, die sich schmerzend in ihr blutendes Herz gruben.

Kritik?

Schriftstück einer Todgeweihten Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt