Kapitel 2

204 21 12
                                    

Schwer atmend saß Adam hinter dem Steuer des Bentley, das Lenkrad hatte er mit beiden Händen fest umklammert. Selbst als der Airbag ausgelöst und sein Unterarm dabei leicht verbrannt wurde, konnte er nicht loslassen. Er befand sich in einer Schockstarre, aus der er sich nur langsam löste. Sein Blick war auf den Mann gerichtet, der einige Meter vor ihm auf der Straße lag und sich nicht bewegte.

Menschen aus allen Richtungen strömten zu dem Ort des Geschehens, die Einen um zu helfen, die Anderen um zu starren. Ein junger Mann lief zielstrebig auf das Auto seines Vaters zu, öffnete mit einem Ruck die Wagentür und legte eine Hand auf Adams Schulter.

„Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“, fragte er ernsthaft besorgt.

Adam entgegnete nichts, er blickte weiterhin hinaus auf den verletzten Mann, der inzwischen von zwei Männern und einer Frau versorgt wurde. Alle drei gestikulierten stark mit den Händen, es schien als würden sie sich gegenseitig Anweisungen geben.

„Der Notarzt kommt gleich, bleiben Sie sitzen“, befahl der junge Mann. Adam warf ein Auge auf ihn. Anzug. Krawatte. Aktentasche.

„Sind Sie Anwalt?“, fragte er, ohne ihn anzusehen.

„Ja, warum?"

Langsam blickte Adam in das Gesicht des Fremden. „Sie sind engagiert“, sagte er trocken, löste seinen Gurt und setzte einen Fuß auf die vom Regen durchnässte Straße. Sein rechter Unterarm schmerzte und Übelkeit stieg in ihm hoch, als er aufrecht stand.

Die Menschen, die sich mittlerweile um die Straße herum versammelt hatten, starrten in seine Richtung und sprachen ganz deutlich über ihn. Kopfschüttelnd wandte sich Adam an den Anwalt, der mit verschränkten Armen neben seinem neuen Mandanten stand.

"Er stand plötzlich auf der Straße. Ich habe noch gehupt, aber er hat es zu spät gehört."

Der Anwalt räusperte sich. "In Kürze wird die Polizei hier eintreffen. Daher müssen Sie mir jetzt ehrlich sagen, ob Sie alkoholisiert sind oder andere Rauschmittel konsumiert haben."

"Gestern und heute nicht."

"Und vorgestern?"

Adam kratzte sich am Kopf. "Kokain."

Der Anwalt nickte. "Gut. Noch etwas was ich wissen müsste?"

"Der Wagen gehört irgendwie nicht mir."

"Was meinen Sie damit? Ist er geliehen?"

Wieder kratzte er sich am Kopf. "So in etwa."

"Hören Sie auf mit den Spielchen.." Der Anwalt zog eine Augenbraue hoch. "Wie ist Ihr Name?"

"Adam Sawyer." Er reichte ihm seine rechte Hand.

"Tom Masterson", stellte sich der Anwalt vor und fuhr fort "Was ist nun mit dem Wagen?"

"Ich habe ihn entwendet."

Masterson seufzte. "Kennen Sie den Besitzer?"

"George Sawyer, mein Vater."

Die Sirenen des sich nähernden Krankenwagens heulten auf. Der Anwalt öffnete seine Aktentasche und hielt dann Adam eine Visitenkarte vor die Nase.

"Sie werden vermutlich ins Krankenhaus mitgenommen, um andere Verletzungen auszuschließen. Danach müssen Sie die Polizisten zum Verhör in das Revier begleiten. Ich werde dort auf Sie warten. Sie machen so lange Gebrauch von Ihrem Schweigerecht, bis ich neben Ihnen stehe. Haben Sie verstanden, Mr. Sawyer?"

Adam nickte leicht. Erst jetzt wurde ihm der Ernst der Lage richtig bewusst. "Ja", antwortete er besorgt und fuhr sich durch seine Haare.

"Wir sehen uns später. Sie haben Glück, Mr. Sawyer. Diese zehn Minuten stelle ich Ihnen nicht in Rechnung."

AbyssesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt