Kapitel 4

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"Guten Tag, Sawyer mein Name. Ich würde gerne mit meinem Anwalt sprechen."

Adam blickte einer jungen Frau in die Augen, die ebenso müde aussah wie er selbst. Ihre schwarzen Haare waren leicht zerzaust und der dunkelrote Lippenstift war unsauber aufgetragen. Adam fragte sich, ob sie kurz vor seinem Auftauchen Sex gehabt hatte oder nur zu spät aufgewacht war. Sie lächelte ihn zögerlich an und sah auf einen Kalender, auf dem zwei Delphine abgebildet waren.

"Tut mir leid, im Moment ist keiner der Anwälte im Haus. Haben Sie denn einen Termin?", fragte sie, obwohl sie die Antwort schon kannte. Adam versuchte sich dennoch zu erklären. Er stützte seine Arme auf der Empfangstheke ab und lächelte.

"Nein. Aber es ist wirklich dringend."

Lange blickte sie ihm in die Augen. "Wie gesagt, im Moment ist hier niemand anzutreffen. Ich kann Ihnen gerne einen Termin geben wenn Sie möchten."

Adam überlegte. "Nein, danke. Wissen Sie, wann Mr. Masterson wieder im Haus ist?"

Die junge Frau runzelte ihre Stirn. "Tut mir leid, ich glaube Sie haben sich in der Kanzlei geirrt."

Adam zog eine Augenbraue nach oben. "Tom Masterson", wiederholte er den Namen, diesmal mit mehr Nachdruck.

Sie schüttelte ihren Kopf. "Das ist die Kanzlei von Riddick, Barkley und Hansburger", erklärte sie und deutete mit ihrer Hand auf den großen Schriftzug, der sich hinter ihm neben der Eingangstür befand.

Adam nickte langsam. "Vielen Dank", sagte er, setzte ein falsches Lächeln auf und verließ die große Kanzlei. Er blieb vor dem Gebäude stehen, zog seine Geldbörse aus der Hosentasche und nahm die Visitenkarte heraus. Stirnrunzelnd verglich er die angegebene Adresse mit der auf dem gelben Hochhaus. Er schüttelte seinen Kopf.

"Masterson", flüsterte er. "Wer ist der Kerl?" Adam war verwirrt. Langsam stellte sich ihm die Frage, ob der Mann, der ihm vor einigen Tagen begegnet war, überhaupt Anwalt war. Doch obwohl er stark daran zweifelte, suchte er nach logischen Erklärungen. Etwas, das ihn beruhigen und wieder frei atmen lassen würde. Er blickte hinauf auf das Gebäude und überlegte angestrengt.

"Sie haben eine Reihe falscher Entscheidungen in Ihrem Leben getroffen", wiederholte er leise den Satz, den Masterson vor Tagen ausgesprochen hatte. Trotz des kalten Windes, der draußen wehte, fing Adam an zu schwitzen. Allmählich wurde ihm die Sache unheimlich und er wünschte sich nichts sehnlicher, als diesen Mistkerl zu finden und zur Rede zu stellen.

Schnell zückte er sein Handy, wählte eine Nummer und wartete kurz ab.

"Masterson."

Adam öffnete den Mund um etwas zu sagen, wusste aber nicht was. Der Anwalt schüchterte ihn nur mit seiner Stimme ein.

"Mr. Sawyer. Haben Sie sich wieder beruhigt?"

"Was wollen Sie von mir?", fragte Adam wütend. Sein Herz klopfte unheimlich stark und sein Kopf pochte. Masterson schwieg kurz, ehe er antwortete.

"Ich? Rein gar nichts. Sie müssen wissen, dass ich nur meine Arbeit ausführe."

"Ja? Und was ist Ihre Arbeit, Mr. Masterson? Sie sind kein Anwalt, da sind wir uns einig. Was also machen Sie? Sind Sie ein Betrüger, der sich als falscher Anwalt Geld aneignet? Oder nur ein verdammter Psychopath, dem ich in den Arsch treten werde sobald er mir über den Weg läuft?"

Masterson lachte. "Wie wäre es mit heute, siebzehn Uhr?"

Adam runzelte seine Stirn. "Was meinen Sie?", fragte er.

"Sie wollen Antworten, ich werde sie Ihnen geben. Siebzehn Uhr, Café Luna."

Masterson legte auf und Adam atmete erleichtert aus. Das Gespräch hatte ihn Kraft gekostet und er war sich sicher, dass das Treffen nicht einfacher werden würde.

AbyssesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt