Wolf's Heart - Finding Destiny (Majesty Award 2019, Wattys Longlist 2018)

Kapitel 50

Die dröhnenden Bässe ließen meine Trommelfelle vibrieren. Ich hielt meine Augen geschlossen und bewegte mich mit der Musik, ließ mich treiben und dachte an gar nichts. Und es klappte. Und es war toll, es war so einfach und mühelos. Es fühlte sich an, als würde sich bei jeder meiner Bewegungen die Welt mit mir bewegen. Bei dem starken Beat schien es mir darüber hinaus so, als würden die Wände vibrieren.

Als ich meine Augen öffnete, war ich regelrecht geblendet von den ganzen Lichtern, abgelenkt von den Menschen um mich herum und den gnadenlosen Beats, die mich an nichts denken ließen. Überall bewegten sich die Lichter hin, kreuz und quer und in den buntesten Farben. Und die ganzen verschwitzten Körper um mich herum schirmten mich ein wenig ab von dem Licht, was durchaus angenehm war.

Trotz der vielen Ablenkungen wusste ich, dass meine Mädels um mich herum waren. Auch sie tanzten genauso wie ich und genossen es, sich einfach treiben zu lassen. Auch sie dachten an nichts außer tanzen, tanzen, tanzen...

Zu den dumpfen Beats hob ich die Arme und bewegte meine Schultern passend dazu, und bewegte zeitgleich meine Hüften. Musik und Tanzen konnte schon was Tolles sein, dabei kriegte man herrlich den Kopf frei.

Der Beat eliminierte alle Sorgen, alle Gefühle beziehungsweise ließ sie einfach zweitrangig erscheinen. Ich lächelte fast, breitete meine Arme aus und legte sie Diana und Michelle um die Schultern, die neben mir tanzten. Sabine und Cornelia kamen dazu und wir schlossen einen Kreis. Gemeinsam sangen wir lachend mit, auch wenn ich die anderen nicht wirklich hören konnte. Für jetzt und heute war das Leben perfekt. Und ich beschloss, es zu genießen, solange es ging.

Sabine kreischte auf, als sich ein Mann mit einem Tablett zu uns durchkämpfte, welches er auf dem Kopf hielt. Stimmt, wir hatten ja ein Versprechen bekommen. Weil die Show heute ein voller Erfolg war, wurde uns aufs Haus eine Runde Shots versprochen. Witzig, dass trotz meiner Reaktion draußen dieses Versprechen gehalten wird – oder vielleicht gerade deswegen?

Der Kellner brüllte: „Aufs Haus!" in Sabines Richtung und hielt das Tablett in unsere Mitte. „Auf die zukünftige Braut!" Sabine lächelte, schnappte sich das nächste Shotglas und hielt es hoch. Der Kellner sah sie währenddessen überrascht an, dass sie ihn direkt verstanden hatte. Wenn er wüsste, dass alle Werwölfinnen hier im Kreis seine Worte mühelos rausfiltern konnten. Sogar ich, gegenüber und somit von uns am Weitesten weg von Sabine, hatte ihn mit ein wenig Konzentration deutlich verstanden. Aber darauf wiesen wir ihn nicht hin, sondern grinsten nur, weil wir das Geheimnis teilten. Als wir alle soweit waren, stießen wir an und kippen die Flüssigkeit runter.

Kurz bevor Sabine trank, legte ich eine ahnungslose Miene aufs Gesicht und schaute gespielt verwundert auf den Shot. Ich zwinkerte ihr zu. Sabine formte in normaler Sprech-Lautstärke und somit für Menschen hier niemals vernehmbar: „Leandra, du Spaßvogel! Du hast genau verstanden, was der Kellner sagte!" Sie grinste und trank ihren Shot mit einem einzigen Zug. Ich folgte ihrem Beispiel.

Sabine hustete und ich schüttelte mich. Die anderen 3 lachten uns aus, weil sie wohl wissen wollten, wie wir auf die wirklich ekligen Shots reagieren würden. Auch der Kellner hatte deswegen gewartet, was im Nachhinein Sinn machte. Ich kniff meine Augen zusammen und hielt nach dem Besitzer Matt Ausschau. War das seine Art, mir seine Wut zu demonstrieren? Ziemlich unmännlich. Es juckte mir erneut in den Fingern, aber ich zwang mich zur Ruhe.

„Pfui, was ist denn das hier für ein Gesöff?", fragte Sabine sehr laut und sorgte bei Michelle für einen Lachkrampf. Der Kellner winkte Sabine wieder zu sich ran und sagte zu ihr: „Die heißen Purple Nurples."

„Was für eine Krankheit?", fragte Sabine zurück und schaute dem Kellner ins Gesicht. Und der wandte sich an uns alle. „Wir müssen der zukünftigen Braut ja zeigen, dass sie ab jetzt nichts mehr verpasst..."