11. Kapitel

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Ganz  in Ordnung war schon lange nichts mehr, aber zumindest jetzt, in der Sekunde fühlte es sich ein wenig so an. "Was?" Auf dumm tun war immer eine Lösung. "Dich so verstecken, dein Kopf einknicken und so." murmelt er leiser. "Dann achtet kaum einer auf mich!" sage ich ehrlich. "Du ziehst dich immer mehr zurück Talia. Komm zurück zu mir. Zurück zu uns allen. Wir lieben dich!" sagt er aufgebracht. "Nein. Lass mich damit in Ruhe." flüstere ich schon fast.

Einen Tag. Einen einzigen Tag würde es wieder ein uns geben, dann nicht  mehr.  Dem war ich mir mehr als hundert Prozent sicher. Den Rest des Weges schwiegen wir. Halten schweigend unsere Hände und genießen. Holen auf was wir verpasst haben und speichern es ab. "Okay warte du hier. Bin gleich wieder da!" sage ich und betrete unauffällig leise das Tor. Ich bete das er schläft,  bete das er mich nicht bemerkt. Doch als ich die Tür öffne, wohlgemerkt so leise es geht wie immer, spüre ich dahinter schon die Anspannung. Sie liegt schwer in der Luft und droht mir den Atem zu nehmen.

Mein betrunkener, ehemals liebender Vater betritt torkelnd mit einer beinahe leeren Flasche Whisky den Flur. "Wo hast du Schlampe meinen Alkohol?" lallt er. "I..Ich habe ihn nicht." murmel ich ängstlich.

Ich sehe wie er sich anspannt. Sein Gesicht wirkt entstellt. Eine Schreckliche Maske seines ehemals hübschen Gesichts. Plötzlich scheint die Zeit für mich langsamer zu vergehen. Ich sehe wie sein Arm den Griff um die Flasche verstärkt dann holt er Schwung und lässt im Flug die Flasche los.

Ich realisiere nicht das er sie wirft. Spüre nicht den Aufprall auf meiner Schulter, höre auch nicht das kreischende zerschellen der Flasche auf dem Glasfußboden, nachdem sie von mir abgeprallt ist. Ich bemerke nur den wilden, tödlichen Ausdruck des Hasses in seinen Augen. Erst wenige Sekunden später, in denen ich in seine Augen gesehen hatte, um wenigstens auf einen Hauch von Mitleid und Liebe zu stoßen, läuft alles wieder nach seiner normalen Zeit ab. Ich krache mit einem animalischem Laut der Schmerzen auf den Fußboden und er geht.  Wahrscheinlich seinen Alkohol suchen.

Ich stehe mit dem Versuch auf es so wenig schmerzhaft wie möglich zu gestalten. Sinnlos zu erwähnen das es misslingt.

Schnell laufe ich, ohne auf die Schmerzen zu achten die meine Schulter und den Rest des Körpers zu verschlingen schienen, die Treppe hoch. Ich höre das er in der Stube tobt, das er was umwirft und das er schreit. Aber darauf konnte ich jetzt keinen wert legen.

Chris. Mein Gott den habe ich total vergessen. Aber egal wie viel ich darüber nachdachte einfach drin zu bleiben und nicht mehr zu Chris zu gehen, mir fielen  immer mehr Punkte ein die mir zeigen das es sich lohnt zu ihm zu gehen. Mein Vater war immer noch wütend, das heißt hier bleiben war eh unmöglich. Und da ich kein Tanzen habe um ihm auszuweichen gehe ich eben zu Chris. Das war die einfachste und wahrscheinlich auch die schönste Entscheidung.

Ich packe meine Sachen ein und verschwinde, da es über den Balkon unmöglich war, nahm ich so vorsichtig wie möglich die Treppe. Als ich unten bin und meinen Vater  im Spiegel des Flurs in der Stube seinen Körper in Richtung meinen Wenden sehe, renne ich, so schnell es geht, aus der Tür  und schließe sie. Im Hof atme ich kurz durch und schließe dann das Tor auf.

"Was ist passiert?" fragt er besorgt. "Nichts wieso? Alles gut!" Mache ich auf unwissend.

"Achso also hast du einfach mal so so laut geschrien das einem das Blut in den Adern gefriert? Verarsch mich nicht." schimpft er. Ich beschließe nichts mehr zu sagen. "Ich habe ein Taxi gerufen es wartet auf der anderen Seite!" sagt er und nimmt meine Hand. Als er mich mit sich zieht kreische ich auf vor Schmerzen. Tränen treten mir in die Augen, Tränen die ich vorhin erwartet hätte.

"Oh Gott es tut mir Leid. Wo hast du schmerzen?" fragt er mich sanft und ich schüttel den Kopf. Er sagt daraufhin nichts mehr, wahrscheinlich weil er weiß das es eh sinnlos ist, und geht vor in Richtung Taxi.

Dort hält er mir, Gentleman Like, die Tür auf. "Danke!" sage ich leise und steige unter Schmerzen in das Taxi.

Ich sehe aus dem Fenster des Taxis um Chris zu zeigen das ich an keinem Gespräch interessiert bin und schließe dann nach kurzer Zeit meine Augen. Nicht zum Nachdenken, das wäre keine Gute Idee, sondern einfach für die Stille. Ich fand das schweigen wunderschön, es tat gut und ich hatte zur Abwechslung mal ein wenig Ruhe.

Nachdem wir bei Chris angekommen und er den Taxifahrer bezahlt hat gehen wir hoch in sein Zimmer. "Okay zieh dein T-Shirt aus!" sagt er nachdem er sich wieder in meine Richtung gewendet hat. Ich suche nach einem Zeichen des Witzes in seinen Augen und als ich nichts finde außer pure Ernsthaftigekeit ziehe ich erbost die Augenbrauen zusammen. "Spinnst du! Denkst du ich bin wegen so etwas hier. Ich hätte es wissen müssen. Arschloch!" schimpfe ich böse und drehe mich herum um den Raum zu verlassen.

"Talia ich will nicht mit dir schlafen oder ähnliches. Ich will mir deine Verletzung ansehen!" sagt er sanft ich kann aber heraushören das er grinst. Und diesmal war es eindeutig das er mich auslacht.

Ich stöhne genervt auf. "Ich habe keine Verletzung." Chris sieht mich aus zusammen gekniffenen Augen an, dann dreht er sich herum nimmt einen Stift und zielt. Wenige Sekunden danach lässt er ihn los und er trifft meine Schulter. Mein Gott wenn ich so zielen könnte. Ich hätte wahrscheinlich das Bett getroffen, welches wohlgemerkt hinter ihm steht.

Als der Stift mich trifft jaule ich leise auf. "Spinnst du? Was soll das!" nöle ich daraufhin los. "Zeig mir die Schulter." sagt er ganz einfach. Als ich nicht reagiere kommt er auf mich zu und hatte mir, bevor ich auch nur 'Tomatenketchup' denken konnte (welchen ich übringens über alles liebte), das T-Shirt ausgezogen. Was übrigens sehr weh tat. Rücksichtsloses Mistvieh!

Seine Brauen zogen sich zusammen. "Da ist nichts. Sag ich ja!" murmel ich unsicher.

Er zieht mich einfach vor seinen Spiegel und geht dann auf sein Bett zu. Als ich mich anblicke bin ich selbst schockiert. Abgesehen von meinen Rippen die mittlerweile hervorstechen sind auf meinen Oberkörper überall Blaue Flecke und Verletzungen. Der an meiner rechten Rippe, von dem tritt den mein Vater mir beim Putzen verpasst hat, war der größte. Am auffälligsten aber war meine Schulter die in roten und blauen Farben schillert und dazu noch ziemlich angeschwollen war. Alles in allem sah ich beinahe aus wie ein ziemlich beschissener Blaubeerkuchen.

Ich sah  wirklich schlimm aus. Unsicher wende ich mich von meinem Spiegelbild ab und blicke Chris. Er sieht schockiert aus.

"Dein Vater verletzt dich!" sagt er. Es war keine Frage sondern eine sichere Feststellung.

Meine Gedanken spielen verrückt. 'Okay Talia na dann lass dir mal ne gute Ausrede einfallen! Achja, die Betonung liegt auf Gut!' denke ich mir.

"Nein. Ich bin halt einfach tollpatschig. Das müsstest du doch noch wissen!" sage ich falsch lächelnd. Super Ausrede. Mensch meine Ausreden sind echt einen Oscar wert.

"Talia so fällt man nicht hin. Und so stößt man sich auch nicht. Das sind Bläsuren von Tritten und Schlägen. Ich weiß wie es aussieht wenn man verprügelt wird!" sagt er ungeduldig und genervt von meinen Ausreden.

Plötzlich steht er auf und verschwindet aus seinem Zimmer. Verwirrt stehe ich, wohlgemerkt immer noch ohne T-Shirt weil ich das total vergessen habe, da.

Wenige Minuten später kommt er mit einem Kühlakku auf mich zu, drückt mich auf sein Bett und legt den Kühlakku eingebunden in einem kleinen Handtuch auf meine Schulter.

"Du kannst nicht lügen, Kleine!" murmelt er leise und drückt mir einen zarten Kuss auf die Stirn.

Königin der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt