3. Kapitel

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"Ich habs!" ruft plötzlich eine aufgeregte Stimme und reißt mich damit aus meinen Gedanken.  Schnell schüttel ich meinen Kopf um jegliche Gedanken zu vertreiben.
"Elena! Das passt zu dir, schüchtern und süß! Und es klingt erotisch, naja wenn man es richtig ausspricht!" murmelt sie vor sich hin, immer noch das Gesicht zusammen gezogen, mit Denkfalten.
"Ja... er ist wirklich schön! Danke!" sage ich und lächele sie herzlich an. Wobei es wohl eher einer Grimasse gleichkommen muss. Denn das Lächeln hatte ich verlernt. Früher hatte ich nie gedacht das in meinem Leben jemals der Punkt kommen würde, in dem ich aufhöre zu lachen. 
Langsam bildet sich ein strahlendes Grinsen auf Ellys Gesicht. "Wirklich? Danke." ruft sie fröhlich aus. Schnell umarmt sie mich, bevor ich überhaupt realisieren konnte was passiert ist.
Und ich erwischte mich zum wiederholten male an diesem Tage wie ich anfange zu lächeln. Der Tag war komisch. "Was ist bloß mit dir los Talia?" fragt sie, ihr Gesicht wieder mit 'Denkfalten' überzogen. "Was soll denn mit mir sein?" frage ich mit verwirrtem Blick. Wahrscheinlich würden jetzt die altbekannten neugierigen Fragen kommen, mit der annahme das ich tatsächlich alles erzählen würde. Doch ich hatte Angst. Angst zu vertrauen, Angst zu lieben. Eigentlich so ziemlich Angst vor allem was zu einem Leben dazu gehört.
Deshalb war eines meiner Mottos: "Vertraue niemandem, nicht einmal dir selbst!"
Und das tat ich auch. Niemandem vertrauen. Nicht mal Sammi, meiner einzigen 'Freundin'. Obwohl man sie wahrscheinlich nicht mal so nennen konnte. Denn sie war einfach meine Tanzlehrerin.
Aber bei ihr hatte ich als einzige nicht das Gefühl mich vor ihr in Acht nehmen zu müssen, weil mir gleich etwas schlimmes passieren könnte. Bei allen anderen setzte mein 'Fluchtinstinkt' ein. Sammis Berührungen und Umarmungen trösteten mich und  verängstigten mich nicht.
Ich schüttelte meinen Kopf. Wieder. Heute schweife ich zu oft ab.
"Du bist komisch. So verkrampft. So voller Angst und Schrecken!  Was ist dir nur passiert" murmelt sie und ich blicke sie aus weitoffenstehenden Augen an. Hatte sie das eben wirklich gesagt.
Das konnte nicht stimmen. Nein das hatte ich mir bestimmt nur eingebildet. Aber als sie mich immer noch so ansieht, auf eine Antwort wartend, versteife ich mich noch mehr.
Ich lache gekünstelt. Ich musste die Situation retten. Mich retten. "Pfff. Ach quatsch. Bei mir ist alles super. Ich denke nur immer zu viel über, ähm irgendwelche Horrorfilme nach." sage ich schnell und schlage mir selber innerlich vor den Kopf.
Super hin gekriegt Talia. Dafür kriegst du sicher einen Daumen-hoch bei Facebook. So was dämliches. 'Ich denke nur immer zu viel über Horrorfilme nach'. Wie konnte man nur so blöd sein. Aber warum frage ich überhaupt. Ich rede schließlich mit mir.
Na das war ja genauso krank. Ich führte Selbstgespräche. Was kommt danach? Ich hörte Stimmen die mir antworteten?
Elly blickte mich aus zusammen gekniffenen Augen an und legte den Kopf schief. "Achsooo okaay!" sagte sie und hörte sich natürlich sehr  'überzeugt an'.
Ich war so super wenn es darum ging Ausreden zu finden. Merkt man zum Glück nicht an der Situation eben.
"So los dann suchen wir dir jetzt erst mal ein Outfit für heute Abend aus. Es muss natürlich zu deiner Figur passen, aber auch zu deinem Namen und deinem Auftritt." sagt sie. "Da du sehr zierlich bist, können wir dir keine Lederklamotten mit Peitsche anziehen. Das verstellt dich. Und du musst du sein können."
Elly schien wie in ihrem Element. Schnell ging sie auf ihre Klamottenstange zu und suchte.
Dann zog sie schnell einen Kleiderbügel hervor. Das Kostüm war in einer Kleiderfolie verpackt.
Langsam bekam ich Angst. Nachdem ich das gesehen hatte was sie bisher an hatte konnte ich nichts gutes erwarten.
Sie öffnete es und schob mich hinter eine Umkleide wand.  "Probiere es an bevor du dich aufregst." sagt sie und hängt es über die Wand.
Also entkleidete ich mich schnell und zog es über.
Es war größtenteils weiß und geschnitten wie ein Body, also Hauteng und hörte wie ein Slip auf.
Meine Taille war frei. Meine Brust wurde von wenigen Pailletten  und darunter weißem Stoff bedeckt. Von da an zogen sich abwechselnd schwarze und weiße Streifen bis zum viertel meines Rückens. In der Mitte, also etwa über 5cm neben der Wirbelsäule auf beiden Seiten war nichts.
Ich fühlte mich nackt und entblößt aber andererseits auch schön. Zum ersten mal seit langem fühlte ich mich wirklich schön. Und das in einem Nichts aus weißem Stoff. Ich musste wirklich komplett durchgedreht sein.
"Oh mein Gott!" Elly hatte ihre Augen aufgerissen. "Ich schenke es dir! Du siehst Perfekt aus. Süß und sexy. Die perfekte Mischung!"
Ich fühlte mich immer unwohler unter ihren Worten und die vorher empfundene Schönheit wich dem Unwohlsein immer mehr.
"Danke Elly!" murmele ich leise und schüchtern. "Morgen gehen wir shoppen Talia! Wir werden wunderschöne Sachen für dich finden. Hast du eigentlich einen Freund?" schießt sie wieder auf mich ein. "Ok und nein habe ich nicht!" meine Stimme verlor unter jeder ihrer Fragen mehr an Halt.
Ich und einen Freund war das lächerlichste. Obwohl ich vor dem Tod meiner Mum und den darauf folgenden Problemen mit meinem Dad wirklich beliebt war. Jetzt war ich war ein Einzelgänger. Ich mied andere und andere mieden mich. Es lag nicht an meinen Klamotten oder daran das ich stank. Nein, ich ging anderen lieber aus dem weg. Ich durfte niemanden mehr an mich heran lassen. Deshalb hatte ich alle von mir gestoßen. Danach hatten sich eine Menge Gerüchte gebildet. Einige sagten ich wäre schwanger gewesen, hätte mein Kind abgetrieben und könnte mit der Schuld nicht leben. Andere behaupteten ich nähme Drogen und wieder andere sagen ich wäre eine die sich für Sex verkauft. Keine Ahnung wie sie darauf kommen. Vielleicht weil wir, trotz dem Tod meiner Mum, viel Geld hatten. Denn es war ja bekannt das mein Dad danach seine Arbeit aufgegeben hatte.

"Oh ok!" sie musste bemerkt haben das sie mich mit ihren Fragen verunsicherte, denn auch ihre Stimme wurde leiser.
"Ok dann werde ich mir mal einen Kaffee holen. Magst du auch einen?" fragt sie, wohl um die Stimmung aufzulockern. "Nein ich trinke keinen Kaffee. Ich geh mal rüber in meinen Raum mir eine Choreo für heute Abend überlegen!" sage ich. Schnell schnappe ich mir meine Klamotten und gehe zur Tür. "Warte. Du brauchst ja noch die passenden Schuhe." sagt sie. Schnell holt sie mir einen Karton und bückt sich. Erst zieht sie mir einen Schuh und dann den anderen an. Sie passten.
Jetzt war ich gefühlte 10 Meter größer.
Damit laufen konnte ich, das war ich noch von früher gewohnt. Mein Dad musste oft zu Geschäftsfeiern oder Geschäftsessen und manchmal mussten wir ihn begleiten. Daher war ich es noch gewohnt.
"Danke Elly!" sagte ich und umarmte sie diesmal von selbst. Sie lächelt mich an und nickt dann.
Schnell verschwand ich aus der Tür. "Ich schminke dich nachher richtig!" rief sie mir hinterher und ich höre sie leise kichern.
Im laufen drehte ich mich noch mal herum um zu gucken ob ich was verloren hatte und lief doch prompt in jemanden hinein.
Natürlich fiel mein ganzes Zeug auf den Boden und ich fast noch hinterher hätte mich nicht jemand festgehalten.
Innerlich fluchte ich. Immer musste mir so etwas passieren. "Sorry." murmel ich. "Schon okay. Ich bin Kadien. Ich bin der Mann der dir jeden Drink mixen kann! Und wer bist du?" sagt er  und grinst mich schief an.
Er hatte schwarzes, etwas längeres Haar welches er nach oben gegelt hatte. Seine Augen waren fast so dunkel wie seine Haare und auch seine Hautfarbe war dunkler. Stellten die hier nur gut aussehende Typen ein? Was stand auf ihren Bewerbungsplakaten? Suchen gut aussehende Typen mit möglichst muskulösem Körper und  nervigen grinsen?
Mein Gott.
"I..Ich bin Talia!" sage ich und widme mich wieder meinen Klamotten auf den Boden. Schnell rappel ich mich wieder hoch und gucke nach meinem Raum. "Schöner Name. Suchst du was?" fragt mich Kadien.
"Ja..ähm meinen Raum!" murmle ich und laufe los. "Komm mit! Ich bin mir zwar nicht sicher ob es deiner ist, aber er ist der einzige freie Raum der es vielleicht sein könnte! Bist wohl neu?" fragt er und läuft los. Langsam stöckel ich ihm hinterher. "Ja heute ist mein erster Probe Auftritt!" sage ich. "Du siehst aber nicht aus wie 18!" sagt er und grinst mich kurz zwinkernd an. Ich beschließe nicht zu antworten.
Er öffnet eine Tür. "Ist das dein Raum?" fragt er. "Nein, meiner sah anders aus!" sage ich und fange langsam an an mir zu zweifeln.
"Na dann fragst du am besten Luke! Geh hier einfach grade aus. Dann links in den Gang hinein und dann siehst du eine schwarze Tür. Geh durch die Tür und dann müsste er da irgendwo herumlungern." sagt er. Ich bemerke seinen Blick der mich offenkundig mustert. Jetzt wurde mir schlagartig bewusst das ich ja immer noch das Kostüm an hatte. Naja schließlich würden mich heute Abend noch viel mehr Leute darin sehen. Trotzdem schämte ich mich. "Ok. Danke!" sage ich laufe los. "Man sieht sich!" ruft er mir hinterher.
Luke fand ich relativ schnell. Der er an seinem DJ Pult stand sich und verschiedene Mixe anhörte. "Luke?" rief ich zaghaft. "Luke!" probierte ich es etwas lauter. "Oh hey Talia!" sagte er. Und auch er musterte mich spürbar. "Siehst gut aus!" sagt er und zwinkert mir zu. "Ähm danke! Kannst du mir noch mal den Weg zu meinem Raum zeigen? Ich finde ihn nicht!" sage ich mit geröteten Wangen.
"Klar komm mit. Ich zeig ihn dir!" sagt er und kommt die Treppe herunter gelaufen. Der musste auch denken ich war bekloppt. So groß war das Gebäude sicher gar nicht, als das sich ein normaler Mensch hier verlaufen könnte. Aber ja richtig die Betonung lag auf dem Wort 'normal'.
"Danke!" sage ich und laufe neben Luke her.




Königin der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt