1. Kapitel

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Verschlafen schrecke ich hoch. Ich sitze hoch oben in meiner geliebten Kastanie und bin mal wieder eingeschlafen. Die Musik dröhnt noch immer laut und kräftig in meinen Ohren. Ich ziehe die Kopfhörer raus, klettere ein Stück runter und springe dann auf den Boden. Das Gefühl des Fliegens füllt mich aus und ich lächle vorsichtig. Während des laufens kommt mir der Gedanke. Heute könnte ich es tun, mich einfach vorstellen. Der 'Flash' war einer der angesagtesten Clubs hier in der Nähe. Ich hab so lange gewartet. Ich weiß das ich eigentlich immer noch zu jung bin um dort tanzen zu können, aber einen Versuch ist es wert. Immerhin bin ich seit dieser Woche 16 Jahre alt. Seit mehr als einem Jahr wollte ich es tun, dort tanzen. Ich wusste, ohne eingebildet klingen zu wollen, das ich es konnte, das ich gut tanzen konnte. Ich hatte die mehrmalige Bestätigung und das Stolze Gefühl welches die Worte meiner 'Tanzlehrerin' in mir auslösten noch immer in meiner Brust . Sie hatte früher in einem ähnlichen Club getanzt und ich hab sie dann einfach gefragt ob sie mir das bei bringen könnte. Sie war skeptisch weil ich da gerade erst 14 geworden bin aber jetzt kann ich es. Gut.

Ich gehe nach Hause unter die Dusche und fing an mich an allen Stellen zu rasieren denen ich vorher keine Beachtung geschenkt hatte, weil ich wusste das ich dort weniger tragen würde als bei einem 'normalen' Tanzclub. Ich zog mir eine schwarze Hotpants an, darüber ein graues Top und darüber eine Lederjacke. Schnell schlüpfte ich noch in meine schwarzen Chucks und renne vorsichtig, um bloß kein Geräusch zu machen, aus dem großen Haus. Ich hänge mir meine Tasche samt Schlüssel und frisch aufgeladenen Handy um,  schaltete meinen Ipod ein und drehe die Musik voll auf. Sie führt mich und ich folge ihr. Ganz einfach. Musik war mein Leben, genau wie das Tanzen. Ohne diese beiden Dinge gäbe es für mich keinen Grund mehr hier zu Leben und ich genoss beides, in jeder freien Sekunde die mir zur Verfügung stand.

Vor dem 'Flash' blieb ich stehen, atmete zitternd ein.

Dann gehe ich langsam zum Eingang, wo ein breitschultriger, Mitte 20 Jähriger Mann steht und alles um ihn herum finster mustert was ihm zu nahe kommt. "Vergiss es Kleine." sagte er mit dunkler Stimme, "Hier kommst du erst ab 18 rein!" redet er zu Ende und ignoriert mich dann wieder vollkommen. "Ich will mit deinem Chef reden!" piepse ich, voller Respekt vor dem Muskelpaket vor mir. Er musterte mich ein weiteres mal, als hätte er Angst das ich eine Bombe oder sonstiges an mir hätte und holt schließlich sein Funkgerät raus. Er sprach drei Worte mit seiner tiefen dunklen Angst-mach-Stimme und wartete dann schließlich ohne mich eine Sekunde aus den Augen zu lassen. 

Nach kurzer Zeit taucht ein ebenso muskelbepackter Mann mit einem spöttischen, beinahe überheblich selbstbewussten Grinsen hinter ihm auf. Er wusste das er gut aussieht, das sieht man ihm an. Er sieht aus wie der typische 'Badboy' aus meiner Schule, nur das er etwas älter zu sein scheint. Doch das Alter nahm ihm keineswegs etwas von seiner Schönheit. Sein Grinsen allein lässt wahrscheinlich sämtliche Höschen feucht werden.

„Was kann ich für dich tun, kleine Lady?" fragte er. Nimmt mich beim Arm und zieht mich mit sich.

Drin bin ich schonmal, denke ich und mache innerlich fast Freudensprünge. Äußerlich zeige ich keine Regung. „Ich möchte hier Tanzen!" sagte ich mit deutlicher klarer Stimme, ohne das Zittern was ich erwartet hätte. Er lacht. „Wie heißt du kleine?" fragte er. "Talia!" sagte ich laut und deutlich. Er sieht mich aus zusammen gekniffenen Augen an, wohl um herauszufinden ob ich ihn verarschen wollte und fing dann laut an zu lachen. „Süße du bist höchstens 16. Ich hab den Club gerade erst eröffnet und möchte ihn nicht wegen einem kleinen Mädchen wie dir gleich wieder schließen müssen." sagt er mit einem überheblichen Grinsen. Doch ich lasse mich nicht abschrecken. „Kann ich trotzdem vortanzen?" fragte ich, jetzt doch langsam mit zittriger Stimme. Wenn ich nicht hier tanzen durfte waren all die extra Tanzstunden in letzter Zeit umsonst und ich müsste noch ein Paar Jahre warten oder woanders einen Platz finden und das wollte ich nicht.

„Klar, warum nicht! Luke? Musik!" sagt er mit lauter Stimme.

Ich gehe auf die Bühne, ziehe meine Jacke aus und werfe sie auf den Boden. Mit selbstsicheren Schritten gehe ich auf die Stange zu. Dann startet die Musik.

Mein Herzschlag hatte sich schnell dem Takt des Liedes angepasst und ich bewege mich wie von selbst. Mein Körper übernimmt jegliche Kontrolle. Der Rausch der Musik erfüllt mich. Meine Haare wehen wie ein Kastanienbrauner Umhang hinter mir her und ich vergesse alles um mich herum. Meine Wangen fühlen sich heiß an, mein Atem kommt stoßweise und  trotzdem bewege ich mich noch schneller, noch eleganter und filigraner. Alles um mich herum verschwimmt und es existieren nur noch ich und die Musik.

Irgendwann wird die Musik unterbrochen. Mein Herz schlägt schnell und ich keuche auf.

„Gut Talia, du kannst den Job haben. Du weißt, das du hier eigentlich nicht arbeiten dürftest oder? Du bist höchstens 16, sag mir dein richtiges Alter erst gar nicht. Aber so wie du dich bewegst bekommen wir für dich 'ne Menge Kohle." Er grinst mich an. Typischer geldsüchtiger Clubbesitzer. „Okay. Wann kann ich anfangen?" frage ich erleichternd lächelnd und sehe mich vorsichtig in dem großen Raum um. „Heute Abend kannst du deinen ersten Probe Auftritt haben, wenn du willst!" sagt er und grinst mich schief an. "Ich bin Jake!" sagte er und umarmte mich herzlich. Ich lächelte und sträubte mich gegen die ungewohnte Berührung. "Luke zeigt dir alle Kabinen und stellt dich Elly vor. Sie ist ein wenig älter als du und ich hoffe ihr versteht euch. Streit akzeptiere ich nicht. Der Rest der Tänzer und Tänzerinnen wirst du im laufe der Zeit kennenlernen. Deine Einnahmen werden halbiert, wobei du die eine Hälfte behalten kannst!" sagt er. "Oh, ähm ich will doch gar kein Geld! Ich will einfach nur Tanzen!" sagte ich unsicher. "Nimm es einfach! Aber du wirst es in deine Klamotten geschoben bekommen. Mit den Berührungen wirst du klar kommen müssen wenn du hier arbeiten willst." sagt er und ich schaudere.

Königin der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt