No. 3 | Alte Erinnerungen

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Leanne's POV

Panik stieg in mir auf. Es war ein dumpfes Gefühl in meinem Bauch, dass sich langsam ausbreitete, bis ich meinen Körper nicht mehr bewegen konnte.

Verschwommen nahm ich war, dass er die Tür schloss und den Schlüssel umdrehte. Jetzt war ich hier mit ihm eingesperrt.

Was sollte ich tun? Ruhig bleiben und tun was er sagt? Oder versuchen ihn zu überwältigen? Aber er hatte eine Pistole, es war zu gefährlich...

Der Unbekannte drehte sich zu mir um. Sein Gesicht wurde von einem Tuch verdeckt und seine Haare hingen ihm vor der Stirn, aber ich konnte seine Augen sehen. Sie schienen direkt in meine Seele zu schauen.

Als er wieder etwas sagte, lief mir ein Schauer über den Rücken: "Wenn du Ärger machst, werde ich dir deinen hübschen Kopf leider wegpusten müssen." Dabei hielt er mir den Lauf seiner Pistole direkt vors Gesicht.

Ich musste schlucken und Tränen stiegen mir in die Augen. Aber ich konnte jetzt keinen Nervenzusammenbruch bekommen, Kidnapper sind unberechenbar und jede Bewegung könnte mich töten.

"Also das hätten wir dann geklärt." Er steckte die Pistole in seinen Gürtel und amüsierte sich anscheinend darüber, wie ich verängstigt da stand.

Und als er gerade auf mich zuging, klopfte es an der Tür und eine Stimme sagte: "Leanne, kann ich reinkommen?"

Es war Martinus. Er könnte mir helfen, ich müsste ihm nur irgendwie mitteilen, dass ich in Schwierigkeiten stecke. Am Besten ohne sehr auffällig zu sein.

Aber meine Hoffnung wurde wieder zerstört, als der Unbekannte seine Waffe zog und sie auf mich richtete.

"Sag ihm, dass du dich umziehst und er nicht reinkommen soll." Er flüsterte nur und seine Stimme zitterte dabei, aber ich verstand jedes Wort genau.

Ich öffnete den Mund, aber es kam kein Laut raus. Es war, als würden sich Hände um meinen Hals legen und mir die Luft abschneiden.

"Leanne, ist alles in Ordnung?" Diesmal klang Martinus schon etwas besorgt.

Auch der Vermummte wurde sichtlich nervös, denn er hielt mir die Pistole an den Kopf und flüsterte: "Sag dass er nicht reinkommen darf. Jetzt."

Ich räusperte mich und sagte mit zittriger Stimme: "Ja, alles gut. Ich ziehe mich nur gerade um. Warte kurz."

Es wurde still und ich spürte, wie die Pistole mir in den Kopf drückte.

"Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Du hörst dich so seltsam an, soll ich dir ein Glass Sprudelwassser holen?"

Die Pistole drückte immer noch an meine Schläfe.

"Ja, das wäre nett Martinus, irgendwie ist mir doch komisch."

Wieder Stille. Die Pistole fing an zu zittern.

"Kein Problem, ich bringe es dir sofort." Ich hörte Schritte, die sich entfernten. Erst als sie fast nicht mehr zu hören waren, hörte ich ein Ausatmen und der Druck an meinen Kopf verschwand.

Jetzt hatte ich meine Hoffnung auf Hilfe gerade weggeschickt. Er könnte alles mit mir machen und niemand würde mich retten.

Martinus POV

Irgendwas stimmte nicht.

Ich hatte ihr gesagt, dass ich noch kurz etwas für sie holen wollte, also wieso sollte sie sich dann umziehen?

Dann hat sie noch so lange gebraucht, zu antworten und ihre Stimme klang so seltsam verängstigt. Das waren alles keine gute Zeichen, ich hatte die Vermutung, dass jemand mit ihr im Raum war.

Mist, wieso hatte ich es nicht geschafft mit ihr das Verhalten bei Entführungen durchzugehen? Sie würde dann einen speziellen Code kennen, denn sie sagen müsste und ich würde sofort bescheid wissen.

Ach ja, wir hatten ja den Streit... Aber zum Glück habe ich heute beim Essen erfahren, dass Leanne Sprudelwasser hasst. Jetzt hatte sie aber zugestimmt, dass ich ihr welches hole.

Das war eigentlich ein sicheres Zeichen, sofern die Information über das Wasser stimmte. Also entweder das, oder ich würde gleich Leanne beim Umziehen sehen wenn ich die Tür eintrete.

Aber besser einen peinlichen Moment riskieren, als ihr Leben.

Also ging ich ein paar Schritte weg von ihrem Zimmer. Es wäre besser, wenn der Entführer sich sicher fühlte und nicht unter Druck war, sonst könnte er Leanne weh tun.

Ein paar Meter weg von der Tür legte ich den Blumenstrauß hin, denn ich für sie geholt hatte und schlich zurück.

Ich versuchte an der Tür zu lauschen, aber von innen kamen keine Geräusche, die ich zuordnen könnte. Ich rief mir noch mal in den Kopf, wie Leanne's Zimmer aufgebaut war: Ein großes Bett an der linken Wand, ein Schrank neben der Tür, hinten die Tür zum Badezimmer.

Gegenüber der Eingangstür sind zwei Fenster, die sind wichtig, da der Kidnapper vielleicht versuchen wird dort zu fliehen. Das Zimmer ist zwar im ersten Stock, aber es gibt einen Balkon und solche Menschen machen manchmal unberechenbare Dinge. Es ist besser, auf alle Möglichkeiten vorbereitet zu sein.

Ich zog die Pistole aus meinem Holster und atmete einmal tief durch. Ich hatte nicht erwartet, direkt am ersten Tag schon so etwas machen zu müssen.

Dann ging alles ganz schnell.

Ich warf mich gegen die Tür, sie löste sich aus den Ankern und ich stürmte ins Zimmer. Sofort erfasste ich die Situation. Ich sah die vermummte Gestalt neben Leanne, sie hatte eine Pistole und war etwa 1,75 bis 1,80 groß. Definitiv männlich, das Alter konnte ich nicht abschätzen, weil er sich ein Tuch vor das Gesicht gebunden hat.

Aber sobald ich im Zimmer war, reagierte auch er und griff sich Leanne. Er zog sie vor sich und hielt ihr seine Knarre an den Kopf. Sie schrie auf. Ich musste jetzt vorsichtig vorgehen und ihn beruhigen, damit ich Leanne's Leben schützen konnte.

"Versuch keine Spielchen, ich werde jetzt das Mädchen nehmen und aus dem Fenster klettern. Du wirst uns nicht verfolgen, sonst ist die Kleine tot."

Ich erstarrte. Diese Stimme... Nein, das ist nicht möglich.

Ich sah der Person in die Augen. Es waren seine Augen. Diese Augen hatte ich das letzte Mal an dem Tag gesehen, als meine Welt auseinander fiel. Plötzlich kamen alle Erinnerungen zurück, die ich bis dahin unterdrückt hatte.

Ein Schuss, Schreie und Polizeisirenen. Das Piepen der Krankenhaus-Geräte. Die Polizisten, die mich befragten.

"Marcus?"

Er zuckte zusammen als ich es sagte. Nein...das muss ein Traum sein.

"Es tut mir leid Bruder, dass wir uns so wiedersehen, aber ich gehe jetzt und nehme sie mit."

Mit diesen Worten ging er ein paar Schritte rückwärts zum Fenster und zwang sie runterzuklettern. Dann sprang er raus und führte Leanne weg.

Und ich stand nur da und hinderte ihn nicht daran.

Beauty and the Badboy {M&M FF}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt